Griechenland. Trotz nächtlichem Regen kämpft Griechenland weiter mit schweren Waldbränden. Feuerwehren aus NRW unterstützen seit Dienstag die Behörden vor Ort.
Die Sonne prallt am frühen Morgen auf das Zeltdach. Bis die beiden T-Shirts, ein schwarzes und ein weißes, trocken sind, wird es wohl nicht mehr lange dauern. „Nachts kann es durchaus etwas kühler werden“, sagt Lutz Schumacher von der Bonner Feuerwehr. In der Nacht zu Donnerstag fielen sogar ein paar Tropfen vom Himmel. „Am Tag heizt es sich jedoch wieder auf.“ Das Feuer wütet weiter auf der griechischen Halbinsel Peloponnes.
Nach 2000 Kilometern und mehr als 48 Stunden Fahrt haben die 57 Einsatzkräfte der Feuerwehren Bonn, Leverkusen und Königswinter am Dienstagmittag die Hafenstadt Patras erreicht. Eine Woche lang hilft die auf Vegetationsbrände spezialisierte Einheit im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens den griechischen Behörden im Kampf gegen die Flammen. Vier Helferinnen und Helfer des Deutschen Roten Kreuzes und der Malteser unterstützen das Team.
Und so schläft in den sorgfältig nebeneinander aufgereihten Zelten am Donnerstagmorgen niemand mehr. Seit 7 Uhr sind die Rettungskräfte wieder im Einsatz: „Wir haben den Auftrag, einen Ort zu schützen“, berichtet Lutz Schumacher. Von befestigten Wegen und Straßen aus halte die Truppe die Flammen zurück. „Das Wasser“, so der Feuerwehrsprecher, „stammt aus Tanklastern und kleinen Bächen“. Um Menschen und Häuser vor dem Feuer zu bewahren, kämen auch Motorsägen zum Einsatz. „Wir fällen Bäume und schlagen Schneisen, damit sich das Feuer nicht weiter ausbreiten kann.“
Peloponnes: Feuer breitet sind binnen Sekunden aus
Doch immer wechselnde Winde machten die Brandbekämpfung schwierig. Meist am Mittag drehe der Wind, für die Einsatzkräfte könne es schnell gefährlich werden, sagt Frank Frenser vom Führungsdienst der Bonner Feuerwehr. „Wir müssen immer darauf achten, dass wir einen Rückzugsweg, ein Hintertürchen haben.“
Wie dynamisch sich die Lage entwickeln kann, haben die Feuerwehrleute bei ihrem ersten Einsatz am Mittwoch erlebt: Innerhalb von Sekunden hätten die umliegenden Bäume Feuer gefangen, erzählt Lutz Schumacher. „Die Flammen schlugen über die Straße, wo unsere Fahrzeuge standen.“ Die Rettungskräfte mussten sich zurückziehen, „es war zu riskant“. Nicht einfach für die vielen ehrenamtlichen Feuerwehrmänner und -frauen: „Wenn man helfen will, die Lage aber einfach zu gefährlich ist“, so Schumacher, „ist das auch eine psychische Belastung“.
„Es ist wirklich kräftezehrend“, sagt auch Frank Frenser, der am Donnerstagmorgen mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort per Video-Chat gesprochen hat. Die lange Anfahrt, Temperaturen über 30 Grad und die Hitze der „riesigen Feuerwalzen“: „Wir müssen aufpassen, dass wir die Kräfte nicht verheizen“, sagt er – „im wahrsten Sinne des Wortes“. Am Donnerstag ist daher „Team B“ im Einsatz. „Wir haben die Gruppe aufgeteilt“, so Frenser. Die Feuerwehrleute bräuchten ihre Regenerationsphasen, müssten duschen, essen, schlafen, um wieder zu Kräften zu kommen.
Feuerwehren aus NRW bilden deutschlandweit erstes Waldbrandmodul
Die Feuerwehren Bonn, Leverkusen und Königswinter bilden das deutschlandweit erste sogenannte Waldbrandmodul. Die auf die Bekämpfung von Vegetationsbränden spezialisierte Einheit kann innerhalb der Europäische Union (EU) kurzfristig für Hilfseinsätze angefordert werden. „Die Einsatzanforderung haben wir am späten Freitagabend erhalten“, sagt Lutz Schumacher. Am Sonntagmorgen machte sich der Konvoi mit insgesamt 19 Fahrzeugen auf den Weg Richtung Süden.
Die Helferinnen und Helfer übernachteten in Österreich in der Landesfeuerwehrschule Tirol. Von dort fuhren sie in die italienische Hafenstadt Ancona und setzten auf einer Fähre auf die griechische Halbinsel Peloponnes über. 23 Stunden dauerte die Überfahrt. „Das ist die längste Anreise, die wir je hatten“, sagt Schumacher. Der Einsatz in Griechenland sei der erste der 2019 gebildeten Einheit.
„Wir sind aber gut vorbereitet“, so der Sprecher der Bonner Feuerwehr. Die Feuerwehrleute hätten leichtere Helme, auch die Schutzkleidung sei wegen der großen Hitze dünner. Mit speziellen Haken könnten die Rettungskräfte den Boden aufkratzen, um Glutnester zu löschen. „Derartiges Werkzeug ist bei einem Heckenbrand in Deutschland eher unüblich.“
Die Truppe sei außerdem autark: „Neben Zelten und Verpflegung haben wir einen Anhänger mit Toiletten dabei und zwei Lkw voller Trinkwasser“, sagt Schumacher. So hätten die örtlichen Behörden keinerlei Ressourcen, um sich auch um die internationalen Helferinnen und Helfer zu kümmern. Rettungskräfte aus mehr als 20 Staaten sind mittlerweile auf der Halbinsel Peloponnes und der Insel Euböa im Einsatz, den derzeit größten Feuerfronten in Griechenland. Zahlreiche Staaten haben Löschflugzeuge und -hubschrauber geschickt. Durch die Feuer sind in Griechenland bereits drei Menschen gestorben, hunderte verloren ihr Zuhause.
Griechenland: Regen sorgt in der Nacht für etwas Entspannung
Doch es besteht Hoffnung: Regen hat in der Nacht zu Donnerstag in den Waldbrandgebieten für etwas Entspannung gesorgt. Menschen empfingen die ersten Tropfen mit einem Hupkonzert. Die Gefahr sei aber noch nicht vorbei, warnt die örtliche Feuerwehr. In vielen Fällen brenne es noch im Unterholz. Neue Brände könnten ausbrechen. Auf der Halbinsel Peloponnes sei es rund um das Bergdorf Gortynia in der Region Arkadien, in der auch die deutschen Rettungskräfte im Einsatz sind, besonders schlimm. Weil sich die Flammen durch schwer zugängliches Gelände fräßen, sei der derzeit größte Brand auf der Halbinsel besonders schwer zu löschen.
„Wir haben wirklich Respekt vor dieser Aufgabe“, betont Lutz Schumacher immer wieder. Die Anspannung sei auch den Teamleitern vor Ort ins Gesicht geschrieben. Aber: „Wir sind Feuerwehrleute und können Gefahren einschätzen“, sagt Schumacher. „Wir sind aber auch froh, wenn alle Kolleginnen und Kollegen wieder wohlbehalten zuhause sind.“