Essen. Die Corona-Regeln brachten den “Schlagergott vom Kohlenpott“ vor Gericht. Doch zum Schluss gab's einen Freispruch für den Essener Wirt.
Auch ein "Schlagergott" ist nicht ganz frei von irdischen Regeln, und so landete der Essener René Pascal, der selbsternannte "Schlagergott vom Kohlenpott", am Freitag vor dem Essener Amtsgericht. Einen Verstoß gegen die Corona-Regeln in seiner Kult-Kneipe "Drehscheibe" hatte die Stadt Essen ihm vorgeworfen und für diese Ordnungswidrigkeit 2000 Euro Bußgeld verlangt. Um es vorwegzunehmen: am Ende sprach Richter Martin Kemper ihn frei.
Manch einer spricht ihm zwar den Promi-Status ab, zumindest im Ruhrgebiet hat er unterhalb der Kategorien A, B oder C eine gewisse Bekanntheit. Ob's an seinen Liedern wie "Lady Blue", "Teufel Luise" oder "Wochenende in der Kneipe" liegt? Oder doch an seinem exzentrischen Aussehen, das er schon im Fernsehen präsentieren durfte? Im Essener Szeneviertel Rüttenscheid hat jedenfalls seine Kneipe "Drehscheibe" mit ihren mittelalten Gästen einen gewissen Kultstatus.
Kontrolle des Ordnungsamtes
Am 16. Oktober 2020, die Gaststätten hatten damals geöffnet, war er jedenfalls bei einem Kontrollgang des Essener Ordnungsamtes aufgefallen. Dessen Mitarbeiter hatten in der Kneipenmeile überprüft, ob sich auch alle an die Auflagen zum Schutz vor Corona hielten. Zum Schluss standen sie vor seiner Gaststätte, hörten laute Musik schon auf dem Gehweg.
Ein 47 Jahre alter Mitarbeiter der Behörde erinnert sich vor Gericht: "Das Lokal war voll, der DJ saß da, und vier Personen tanzten. Niemand trug eine Maske." Eine der Tanzenden sei sofort zu ihrem Tisch gelaufen und habe ihren Mund- und Nasenschutz übergezogen.
Stimmung in der Kneipe gegen die Behörde
Mit der Durchsetzung behördlicher Maßnahmen gab es dann nach seinen Angaben gewaltige Schwierigkeiten im auf den ersten Blick bürgerlichen Milieu: "Die Stimmung drinnen war gegen uns." Das Verhältnis sprach gegen sie: 26 Gäste gegen eine Handvoll Behördenmitarbeiter.
Sie seien dann nach draußen gegangen, um Verstärkung anzufordern. Mittlerweile sei auch Renè Pascal gekommen, dazu weitere Gäste. "Wir wurden von vier Leuten beschimpft, darunter dem Ex-Manager von ihm", erzählt der 47-Jährige weiter. Einer hätte ihnen gesagt, "in einer anderen Kneipe hätte man euch schon längst auf die Schnauze gehauen. Andere riefen: ,Ihr Viecher.'"
Ordnungsamt zog wieder ab
Der Versuch, die Polizei zur Hilfe zu holen, sei gescheitert: "Die war in Einsätzen gebunden." So zog das Ordnungsamt wieder ab, auf die Feststellung der Personalien aller Gäste verzichtete es.
So blieb eine gewisse Beweisnot. Denn Renè Pascal und sein Verteidiger Pottmeyer beteuerten, es habe keine Regelverstöße gegeben, und von einer aggressiven Stimmung gegen die Behördenvertreter könne keine Rede sein. Richter Martin Kemper interessierte das nicht weiter. Ihm kam es darauf an, ob der Wirt die Verstöße in diesem Moment auch wahrgenommen habe. Dazu könnten die Vertreter der Behörde aber nichts sagen, stellte er fest. Und die Zahl von 26 Gästen sei die erlaubte Höchstgrenze gewesen. Deshalb: Freispruch.
Weiteres Verfahren droht
Der "Schlagergott" Renè Pascal, der vor Gericht nur mit seinem bürgerlichen Namen Hans Dieter Wolter angesprochen wurde, reagierte zufrieden, aber nicht euphorisch. Demnächst hat er wohl noch ein Verfahren wegen einer angeblich illegalen Feier in seiner Kneipe während des Lockdowns.
Bleibt dem Reporter zum Schluss außerhalb des Saales noch die Frage nach dem Alter des Freigesprochenen. "Das will ich nicht sagen", antwortet der "Schlagergott" ein wenig gepresst. Kurz danach kommt doch eine hilfsbereite Antwort: "Das kann man im Internet finden: 65." Na bitte. Später doch noch im Internet gesucht. Mal steht da 68 Jahre alt, mal 70.