Essen. Offenbar im Drogenwahn soll ein Essener brutal seine Freundin aus Castrop-Rauxel misshandelt haben. Jetzt steht er vor Gericht.

Drei Tage lang soll der 34 Jahre alte Essener Abdullah Y. seine Freundin aus Castrop-Rauxel brutal misshandelt und dabei mehrfach an den Rand des Todes gebracht haben. Das wirft ihm am Donnerstag die Anklage vor. Die Delikte passen zu einem Täter im Drogenwahn. Der Angeklagte, so ergaben die Ermittlungen, konsumiert seit Jahren Kokain und Crystal Meth.

Am 3. Juli vergangenen Jahres war es erst drei Tage her, dass eine Essener Amtsrichterin ihn in anderer Sache aus der Untersuchungshaft entlassen hatte. Aber er nutzte die Zeit in Freiheit offenbar nicht, um ein besserer Mensch zu werden. So verabredete er sich für den Abend des 3. Juli mit seiner Freundin aus Castrop-Rauxel in einer Spielhalle im Essener Stadtteil Karnap. Erst spielten sie an den Automaten, dann gingen sie in den Raucherbereich.

Anklage spricht von On-Off-Beziehung

Es kam zum Streit. Es war nicht der erste. Die Angeklagte spricht von einer On-Off-Beziehung des Paares. Zuvor hatte die Castrop-Rauxelerin ihn schon einmal wegen häuslicher Gewalt angezeigt. Dennoch war sie wieder mit ihm zusammen.

Wer der Anklage am Donnerstag zugehört hat, wird sich fragen, was der Grund für die erneut erwachte Liebe war. Denn während des Streites soll Abdullah Y. ihr angedroht haben, ihr einen Stein an den Kopf zu werfen. Anschließend habe er sie in den Schwitzkasten genommen. Sie wehrte sich mit Pfefferspray, bekam aber selbst eine Ladung davon ins Gesicht, heißt es weiter. Schließlich habe er Geld gefordert und von ihr 50 Euro bekommen.

"Mit voller Wucht" Kopf gegen die Wand geschlagen

Irgendwann soll er ihr mit einem Messer gedroht und sie unter den Augen der Spielhallenaufsicht nach draußen gezerrt haben. Kurz vor dem Ausgang der Spielhalle soll er sie an den Haaren gepackt und ihren Kopf "mit voller Wucht" gegen die Wand geschlagen haben. Danach seien sie in seine Wohnung an der Altenessener Straße gegangen.

Dort soll er sich wieder beruhigt haben. Es kam mehrfach zum Sex, laut Anklage einvernehmlich. Gemeinsam sollen sie Drogen konsumiert haben. Sein Rauschgift sei neben Kokain auch Chrystal Meth gewesen.

Mit dem Fleischmesser ins Bein gestochen

Die Ruhephase des Angeklagten soll nur bis zum Abend des 5. Juli angehalten haben. Aggressiv sei er geworden, weil er wieder Stoff benötigte. Mehrfach habe er die Freundin aus Frust getreten, ihr mit einem Besenstil vor Brust und Kopf geschlagen haben. Vorläufiger Höhepunkt der Gewalt: Mit einem Fleischmesser habe er ihr ins Bein gestochen. Die Wunde blutete zwar stark, zum Glück war aber kein großes Blutgefäß verletzt worden.

Dann soll er plötzlich die fixe Idee entwickelt haben, sie verberge an ihrem Körper eine Wanze, mit der er abgehört werde. Mit einem Messer soll er in ihrem Mund herumgestochert haben, weil er die Wanze unter einem Zahn vermutet habe. Dann habe er geglaubt, sie liege in ihren Haaren. In der Anklage heißt es weiter, er habe ihr Feuerzeugbenzin über den Kopf geschüttet und mit dem Anzünden ihrer Haare gedroht, um die Wanze so zu vernichten.

Nachbar drohte mit der Polizei

Irgendwann soll sie so laut geschrien haben, dass ein Nachbar klopfte und mit der Polizei drohte. Erst da habe Abdullah Y. sie verschont.

Auch das dauerte nicht lange. Plötzlich soll er vermutet haben, dass sie seinem Bruder aus dessen Wohnung 20.000 Euro und Drogen geklaut habe. Diesen Stoff hätte er sich holen und dafür zu ihrer Wohnung in Castrop-Rauxel fahren wollen. Als Fahrer rief er seinen Vater an, der mit dem Bruder des Angeklagten erschien. Beide müssen sich in dem Prozess gegen Abdullah Y. wegen Beihilfe verantworten.

Mit dem Besenstil zugeschlagen

Bevor sie ins Auto stiegen, soll der Hauptangeklagte auf dem Altenessener Mallinckrodtplatz noch mehrfach auf seine Freundin mit dem Besenstil eingeschlagen haben. Zwei Nachbarn riefen die Polizei, doch vor deren Eintreffen fuhren laut Anklage die drei mit der Frau nach Castrop-Rauxel. Dort soll es erneut zu brutaler Gewalt gekommen sein, weil die Frau immer wieder verneint haben soll, in ihrer Wohnung Drogen versteckt zu haben.

Mit Schlägen und Tritten soll Abdullah Y. ihr die Rippen gebrochen und mit einem Minigolfschläger auf ihren Kopf eingeschlagen haben. Schließlich beendeten Nachbarn den Gewaltausbruch und riefen die Polizei. Der Angeklagte soll geflüchtet sein, seine Freundin sich hinter einem Zaun versteckt haben, bis die Polizei kam. Eine Woche blieb sie im Krankenhaus.

Auf die Aussage der Frau kommt es an

Vor der XXV. Essener Strafkammer wird es darauf ankommen, ob die Frau bei ihrer belastenden Aussage bleiben wird. In der Vergangenheit hatte sie ja häufiger zu ihm zurückgefunden. Immerhin schloss sie sich dem Verfahren gegen Abdullah Y. kurzfristig als Nebenklägerin an.

Der Angeklagte muss sich nicht nur für den mutmaßlichen Gewaltexzess verantworten. Außerdem soll er am 30. Juni in einer Dönerbude in der Essener City versucht haben, 20 Euro aus der Ladenkasse zu rauben. Anschließend soll er sich gegen seine Festnahme durch die Polizei gewehrt haben. Am Donnerstag wurde nur die Anklage vorgelesen, die Kammer hat insgesamt sechs Verhandlungstage angesetzt.