Dortmund. Das neue „Montanium“ in Dortmund simuliert Bergbau, so gut es geht: Es ist dunkel, es ist laut, und es vibriert sogar an den richtigen Stellen.

Erst der Warnton, rotes Licht blinkt in der Dunkelheit. Dann hört man, wie die Wasserdüsen anlaufen, die den Kohlenstaub binden, und den Panzerförderer. Dann den Lärm des Kohlenhobels, der die Kohle aus dem Flöz schält. Der schälende Hobel ist eine Lichtprojektion, aber die Geräusche sind echt: Das neue „Montanium“ in Dortmund ist wohl das beste Untertage, das man derzeit über Tage kriegen kann.

Auf dem Gelände der verspielten Zeche Zollern, auf dem sich Jugendstil, Historismus und Backsteingotik miteinander vergnügen, steht ein neues, schlichtes, schwarzes Gebäude, davon ist fast jedes Teil alt und echt. Die Hülle und die Inhalte sind zusammengesetzt aus den Lehrbergwerken der Zechen Westerholt in Herten und Auguste Victoria in Marl, und entstanden ist so ein Stück Strecke und Streb, dass Aspekte des Bergbaus so gut nachmacht, wie es geht.

Und der Klang ist der Klang von Prosper Haniel

Kinder können am sechs Stationen experimentieren, hier zum Beispiel mit stabilen und weniger stabilen Ausbauformen.
Kinder können am sechs Stationen experimentieren, hier zum Beispiel mit stabilen und weniger stabilen Ausbauformen. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Und das bis in die Details: Besucher müssen einen Helm aufsetzen, denn man kann sich wirklich übel stoßen im Dreivierteldunkel hier. Heimchen zirpen wie unten, und die allgegenwärtigen Plakate zu Arbeitssicherheit fehlen auch nicht: „Sichere die Stempel gegen Umfallen auch beim 1000sten Mal.“ Es riecht nach Maschinenöl, die Lüftung dröhnt, und aller Klang kommt von Prosper Haniel aus Bottrop: Auf der letzten Steinkohlezeche des Ruhrgebiets haben sie kurz vor Schluss die Geräusche aufgenommen für alle Projektionen.

Eigentlich hatte das Montanium schon im Februar eröffnet, machte aber schnell wieder zu: wegen Corona. Jetzt kann man es wieder betreten, in kleinen, geführten Gruppen, für etwa eine Stunde. „Tauchen Sie in die anspruchsvolle Arbeitswelt des Bergmanns ein“, so wirbt der Träger des Industriemuseums Zeche Zollern, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL): „Erleben Sie, was es bedeutet, den Kräften der Natur zu trotzen.“

Die Anlage soll auch junge Menschen an Technik heranführen

Dabei soll das Montanium die Leute gar nicht beeindrucken, das tut es ganz nebenbei, es vibriert sogar, wenn der Hobel hobelt. Sondern eigentlich geht es darum, junge Menschen mit der Leistungsschau des Bergbaus zu Naturwissenschaft und Technik zu führen.

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Sie sollen „die Faszination erfahren, die davon ausgeht“, sagt Bärbel Bergerhoff-Wodopia aus dem Vorstand der RAG-Stiftung, die die Anlage mit finanziert hat. Besucher können an Stationen kleine Experimente machen mit Gewicht, Kraft und Hydraulik und beispielsweise erleben, dass Metall ein Gewicht aushält, bei dem das Holz längst zerbrochen ist.

„Wir brauchen genau solche Angebote, die alle Sinne ansprechen“

Und so sagt Barbara Rüschhoff-Parzinger, die LWL-Kulturdezernentin: „Wenn wir Industriekultur für junge Menschen interessant machen wollen, brauchen wir genau solche Angebote, die alle Sinne ansprechen.“ Sogar die Temperaturen stimmten Mitte August hier drin: 33 Grad. Vor der Hacke is heiß.

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Grubenstempel, Ausbaugespann, Hydraulikschild. Nikolai Ingenerf, der wissenschaftliche Volontär und Führer heute, rutscht gerne in die Gegenwart: „Das sind alles Systeme, wie sie auch heute noch eingesetzt werden“, sagt er dann etwa. Kunststück: Der 32-Jährige schreibt gerade seine Doktorarbeit an der Ruhr-Universität in Bochum über Automatisierung im Bergbau, da ist er hier genau an der richtigen Stelle gelandet.

Anlage soll erweitert werden um eine virtuelle Grubenbahn-Fahrt

Nikolai Ingenerf ist einer von vielleicht einem dutzend Kollegen, die durch das Montanium führen können.
Nikolai Ingenerf ist einer von vielleicht einem dutzend Kollegen, die durch das Montanium führen können. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Und am Ende hocken alle unter dem Hydraulikschild und hören, wie hinter ihnen das Gebirge einstürzt (Gestein in den Hohlraum stürzt, der durch den Abbau der Kohle entstanden ist). Aber auch das ist natürlich wieder nur so ein Effekt, ist der Klang von Prosper.

Das Montanium soll in den nächsten Jahren noch ausgebaut werden, dann bekommt es eine bergbauliche Werkstatt (mit dem tieferen pädagogischen Sinn: Was machen wir mit Sachen, die nicht mehr funktionieren?). In einem dritten Bereich geht es um Mobilität unter Tage, dort werden die Leute in eine virtuelle Grubenbahn gesetzt. Die echte fährt auf Zeche Zollern zwar über Tage, „aber das ist nicht dasselbe“, sagt Ingenerf. Stimmt. Das ist sozusagen ein Unterschied wie Tag und Nacht.

>>>>>Preise und Informationen

Montanium im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund. Offene Führungen für höchstens fünf Leute täglich um 13 und um 16 Uhr, vor allem an Wochenenden sind sie sehr schnell besetzt. Eintritt fünf Euro für das Museum plus zwei Euro für das Montanium. Es wird empfohlen, Kinder erst mitzubringen, wenn sie mindestens sechs Jahre alt sind. Gruppenführungen sind auch zu anderen Zeiten möglich und kosten zusätzlich 40 Euro. Sonderprogramme für Schulklassen. Glückauf!