Essen/Duisburg/Oberhausen. Lange vor dem 11.11. müssen die Narren im Revier mit ihren Karnevalsplanungen beginnen. Aber kann überhaupt gefeiert werden?
Alaaf und Helau in Corona-Zeiten: Noch sind es einige Monate bis zum 11.11., aber bei den Karnevalisten im Ruhrgebiet werden die Sorgenfalten immer größer. „Wer feiern will, muss sich schon jetzt vorbereiten“, weiß Michael Jansen, Präsident des Hauptausschuss Duisburger Karneval. Feiern wollen sie alle, aber niemand weiß, auf was er sich vorbereiten soll. Nur in einem sind die Narren im Revier sich einig: Wenn es eine fünfte Jahreszeit geben wird, dann wird sie völlig anders als üblich.
Laschet: Straßenkarneval, das passt nicht in die Zeit
„Die Session findet statt“, sagt Volker Saßen, 1. Vorsitzender des Festkomitee Essener Karneval. „Vom 11. November bis Aschermittwoch. Aber ich kann nicht sagen, wie sie aussehen wird.“ Höchstens, wie sie nicht aussehen wird. Große Sitzungen in proppevollen Hallen wird es nicht geben. Nicht in Essen, nicht in Oberhausen, nicht in Duisburg. Nirgendwo in Deutschland, erst recht nicht in NRW.
Draußen, Straßenkarneval, Infektionsübertragungszeit, Alkohol, Enge – das passt nicht in diese Zeit“, hat Ministerpräsident Armin Laschet schon Ende Juni verkündet. Was der Bund Deutscher Karneval (BDK) erwartungsgemäß so nicht stehen lassen will. Solche Aussagen, sagt BDK-Präsident Klaus-Ludwig Fess, schafften nur Verunsicherung und seien kontraproduktiv „für alle Planungen in einer Zeit, für die die Corona-Lage noch gar nicht absehbar ist“. Die Entwicklung der Corona-Pandemie sei regional so unterschiedlich, dass jeder Karnevalsverein vor Ort selbst entscheiden müsse, wie er auf die Lage reagiere, sagt Fess. Deshalb sei auch die närrische Session 2020/21 noch nicht abmoderiert.
Nur planen, was sich kurzfristig absetzen lässt
Das sehen die Vereine im Revier ähnlich, sind aber ein wenig ratlos. „Wir können kaum planen, weil wir die Rahmenbedingungen nicht kennen“, sagt Klaus Klösing, Geschäftsführer des Hauptausschusses Groß-Oberhausener Karneval. Das hat bereits erste Konsequenzen. So wird es in Oberhausen in der kommenden Session weder Stadtprinzen noch Kinderprinzenpaar und Dreigestirn geben. Und damit auch keine Kürungen im großen Rahmen. „Wir planen nur noch Veranstaltungen, die sich zur Not auch kurzfristig ohne größere Verluste absagen lassen“, kündigt Klösing an.
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Das sind nicht viele. Auch wenn die Dimension des Karnevals im Revier eine andere ist als in den Hochburgen Köln und Düsseldorf, „wird hier einiges an Geld bewegt“, weiß Volker Saßen. Das kann dann schnell teuer werden. „Wenn ich in eine Halle statt der geplanten 1500 Leute am Ende nur 300 hineinlassen darf, bin ich schnell fünfstellig in den Miesen.“
„Im schlimmsten Fall treffen wir uns vor Gericht“
Viele kleine Karnevalsgesellschaften haben deshalb auch schon die Session abgesagt. Manche bis zum Jahresende, andere sogar komplett. „Das Risiko, dass Veranstaltungen aufgrund von Auflagen nicht stattfinden können, ist zum heutigen Tag nicht absehbar“, bedauern etwa die Essener „Ritter des Frohsinns.
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Völlig unklar ist nämlich, wie Hallenvermieter und engagierte Künstler reagieren, mit denen Verträge meist lange vor dem Corona-Ausbruch abgeschlossen wurden. „Wir wissen nicht, was da auf uns zukommt“, sagt Saßen. „Im schlimmsten Fall treffen wir uns vor Gericht.“
„Sehen, was erlaubt ist und Alternativen entwickeln“
Michael Jansen glaubt nicht, dass es soweit kommt. „Es kann ja nur gemeinsam gehen.“ Erste Gespräche mit Bands und Sängern sowie Hallenbetreibern seien gut gelaufen. „Die wollen ja alle mit uns auch in den kommenden Jahren wieder ins Geschäft kommen. Das geht ja nicht, wenn es uns nicht mehr gibt.“
In Duisburg hat es auch noch keine Absage von Veranstaltungen gegeben. „Wir werden sehen, was erlaubt ist und Alternativen entwickeln“, kündigt Jansen an. So wie beim Besuch von Altenheimen. Drei Karnevals-Wagen sollen dafür zu rollenden Bühnen umgebaut werden, um gemeinsam zu feiern „Die Senioren in den Einrichtungen und wir davor“, beschreibt es der Karnevalspräsident.
Ansonsten gilt das Motto „flexibel sein und machen, was geht“. Im Sitzungs-, erst recht im Straßenkarneval. Kleinere Feiern etwa mit närrischem Mundschutz oder Umzüge, bei denen Wagen bei einzelnen Stationen nacheinander Halt machten. „Nichts wird sein, wie gewohnt“, ahnt Jansen, will aber „Flagge zeigen“. „Die Leute dürfen uns nicht vergessen.“ Zumal ja nicht ausgeschlossen sei, dass Corona „uns länger begleitet“. Selbst dann, auch da sind sich die Jecken einig, werde man sich an alle Verordnungen halten, keine Risiken eingehen. „Karneval ja“, sagt Jansen, „aber nicht um jeden Preis.“