Düsseldorf. Wer aus der Türkei zurück nach Deutschland kommt, muss in Quarantäne. Ob sich alle daran halten, ist allerdings schwierig zu kontrollieren

Ankara, Antalya, Istanbul, Izmir oder Kayseri. Der Flugverkehr zwischen NRW und der Türkei nimmt wieder zu. Allein der Flughafen Düsseldorf spricht von 140 Abflügen pro Woche. Wie die obligatorische Quarantäne der Reisenden nach ihrer Rückkehr nach Deutschland kontrolliert werden soll, wissen viele Städte im Revier allerdings bisher nicht.

Bisher keine Pauschalreisen in die Türkei

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Es geht weniger um klassische Urlauber. Pauschalreisen in die Türkei gibt es derzeit nämlich bei keinem großen Reiseveranstalter. Schließlich gilt für das drittbeliebteste Urlaubsland der Deutschen immer noch eine Reisewarnung. „Das schreckt viele Deutsche ab“, sagt Ufuk Özbudak vom Ufuk-Travelcenter in Dortmund. Seine Landsleute dagegen geben ihre Zurückhaltung auf. „Sie wollen sich die Reise zur Familie nicht nehmen lassen“, weiß der 35-Jährige.

So werden in zwei, drei Wochen Zehntausende Türken aus ihrer alten in ihre neue Heimat zurückkehren. Laut Coronaeinreiseverordnung müssten sie dann in eine 14-tägige Quarantäne – es sei denn, sie können einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Das alles zu kontrollieren wird nicht einfach.

Bundespolizei kontrolliert nur Berechtigung zur Einreise

Zumindest an den Flughäfen wird es gar nicht erst versucht. Dort achtet die Bundespolizei nur darauf, ob die Ankommenden grundsätzlich berechtigt sind einzureisen. Das sind sie, vereinfacht gesagt, wenn sie Deutsche sind oder ihren Wohnsitz zwischen Kiel und Konstanz haben. Sicherheitshalber bekommen sie am Flughafen noch ein Flugblatt mit Quarantäne-Infos – das war es. „Zu kontrollieren, ob die Betroffenen sich tatsächlich in Quarantäne begeben, ist nicht Aufgabe der Bundespolizei“, sagt Anne Rohde, Sprecherin der Behörde am Flughafen in Düsseldorf.

In der Corona-Einreiseverordnung steht, dass die Betroffenen für die Zeit der Absonderung der „Beobachtung durch das zuständige Gesundheitsamt“ unterliegen. Wie das funktionieren soll, steht dort allerdings nicht. „Wir wissen ja gar nicht, wer aus Risikogebieten zurückgekehrt ist“, sagt Volker Wiebels, Sprecher der Stadt Mülheim. „Wie sollen wir diese Menschen finden?“

Fluggesellschaften müssen Daten auf Anforderung weitergeben

Mit Hilfe der Fluggesellschaften, bei denen die Türkeireisenden gebucht haben, sagt das Gesundheitsministerium NRW auf Anfrage dieser Zeitung. Die Gesellschaften müssten, so das Ministerium, auf Anforderung des „ für den Zielflughafen zuständigen Gesundheitsamtes für bestimmte Beförderungen Daten zur Identität, Kontaktdaten sowie Daten zur Reiseroute erheben, verarbeiten“ und unverzüglich an dieses Amt übermitteln.

Turkish Airlines (THY) hat nach mehr als zwei Monaten Pause wegen der Corona-Krise ihren internationalen Flugverkehr wieder aufgenommen.
Turkish Airlines (THY) hat nach mehr als zwei Monaten Pause wegen der Corona-Krise ihren internationalen Flugverkehr wieder aufgenommen. © dpa | "Evert Elzinga"

Wer diese Daten anschließend sortiert und an die über 50 Gesundheitsämter im Land weiterleitet, die für die einzelnen Städte und Kommunen zuständig sind, wissen viele Amtsleiter bisher nicht. Die Regelung scheint in den Ruhrgebietsstädten dann unterschiedlich gut zu funktionieren. Die Stadt Essen habe solche Daten vorliegen, bestätigt Stadtsprecherin Silke Lenz. „Wir haben keine Listen“, sagt dagegen Wiebels. Die Stadt Mülheim hat sich deshalb an den Städtetag und das Innenministerium gewandt, um eine „praktikable Lösung“ zu bekommen. Eine Antwort auf die Anfrage gibt es laut Wiebels bisher nicht. So setzt man derzeit auf die Freiwilligkeit der Betroffenen sich zu melden. Das macht die Stadt Gelsenkirchen mangels Daten auch und hat sogar eine spezielle Hotline eingerichtet, die Betroffene anrufen können.

Vielen Behörden fehlen die Kapazitäten

Offiziell ist in den meisten Reviermetropolen von Stichproben bei Türkei-Rückkehrern die Rede. „Wenn wir Namen haben, machen wir das“, sagt ein Gesundheitsamtsleiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Für umfassende Kontrollen, setzt er hinzu, „fehlen uns die Kapazitäten“.

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Schlägt man als Betroffener die Quarantäne-Anordnung in den Wind, kann es allerdings harte Strafen geben, wenn man wider Erwarten doch erwischt wird – weil man etwa bei der Rückverfolgung einer Infektionskette ins Visier der Behörden geraten ist.

Corona-Test ist auch nach Rückkehr in Deutschland möglich

Reisebüro-Betreiber wie Ufuk Özbudak raten dann auch zu einem Corona-Test vor Ort in der Türkei. Den gebe es für umgerechnet 20 Euro an jedem großen Flughafen, hat Özbudak gehört. „Macht man den, hat man Ruhe.“ Oder ein anderes Problem. „Wenn der Test positiv ist, müssen Sie natürlich noch mal zwei Wochen in der Türkei bleiben.“ Dort droht nach einem Bericht des „Spiegel“ in solchen Fällen eine Zwangsbehandlung mit dem umstrittenen Malaria-Medikaments Hydroxychloroquin.

Man könne, stellt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums klar, den Test selbstverständlich auch nach der Einreise in Deutschland machen. Bis das Ergebnis da sei, müsse man dann aber trotzdem in Quarantäne.