Dortmund. Testwochen für Dortmunder Betriebe: Nicht nur ökologische und ökonomische Argumente sprechen für E-Cargo-Bikes zum Lasten-Transport, so Experten.
Diese Ameise ist gigantisch. Sie wiegt 70 Kilo. Und kann locker weitere 160 transportieren – ein Vielfaches ihres Körpergewichts, wie es sich für eine ordentliche Ameise gehört. Doch das „A-N.T. Cargo 3“ ist natürlich keine richtige Ameise, auch wenn ihr Name nicht zufällig so klingt wie der des Tiers im Englischen. Es ist ein Hightech-Lastenfahrrad, ein „e-Heavy-Duty-Bike. Seit vergangener Woche und noch bis Oktober bietet „CargoBike Dortmund“ es Betrieben vor Ort zum Test an. Betrieben, die ans Umsatteln denken, vom Bulli aufs Bike sozusagen.
2014 gründeten Industrie- und Handelskammer Dortmund (IHK) sowie die Wirtschaftsförderung der Stadt die Initiative „CargoBike“. Erklärtes Ziel: Den Lieferverkehr, da wo es möglich und sinnvoll ist, zum Umstieg aufs Lastenfahrrad zu bewegen, und die Entwicklung der dafür benötigten Räder (Cargo Bikes) zu fördern. Die Testwochen finden zum ersten Mal statt. „Die Bereitschaft zum Umsteigen ist jetzt da“, erklärt Stefan Peltzer von der IHK. Jeweils eine Woche lang dürfen Interessierte sich ein Lastenrad ausleihen, neben der „Ameise“ steht ein kleineres, kompakteres Modell („Long John“, Zuladung maximal 80 Kilo) zur Auswahl. Die Warteliste fülle sich bereits, sagt Wirtschaftsförderer Ralf Finger. Handwerker seien interessiert und Friedhofsgärtner, Start-ups, Paketdienste, Getränkehändler...
10.000 Euro teuer und rechtlich gesehen ein Pedelec
Die erste am Start war die Firma Klöpper Elektrotechnik in Wambel. Seit einer Woche setzt sie für den innerbetrieblichen Lieferverkehr (zum Werk gehören fünf große Fertigungs- und eine Montagehalle) sowie für Material- und Werkzeugtransporte zu einer acht Kilometer entfernten Baustelle am Phoenixsee aufs Rad. „Testpilot“ Udo Göser, auch privat ein passionierter Radler, ist soweit zufrieden: „Beschleunigt ganz ordentlich“, findet der Mann, der normalerweise im Lager arbeitet – und fahre sich eigentlich umso besser, je stärker es beladen sei. Muskelkater hatte er noch keinen, nur das Lenken war anfangs etwas ungewohnt. Sich einfach in die Kurve zu legen wie beim eigenem Trekkingrad funktioniert bei einem mit drei Rädern nicht. Inzwischen freut er sich auf jede Fahrt zum Umspannwerk am See. Feuerlöscher, ein knappes Dutzend massiver Umlenkrollen und jede Menge „Schlups“ (Lastenband) hat er gerade geladen, seine „Ameise“ könnte weit mehr verpacken.
Rechtlich gesehen ist das 10.000 Euro teure Lastenrad ein „Pedelec“, es darf also da fahren, wo andere, normale Fahrräder auch fahren dürfen. Karl Magnus Petri von Klöpper: „Auf dem Weg zu unserer Baustelle etwa ist oft viel Verkehr. Mit dem Rad sind wir da schneller.“ Der Ingenieur selbst hat die „Ameise“ vor einer Woche bei der IHK abgeholt und nach Wambel gefahren. „Man ist damit schon ein echter Hingucker“ stellte er rasch fest. Ein Blinker, findet er, wäre noch schön. „Machbar“, sagt Michael Halfpap vom Hersteller „A-N.T. “ „Wenn Sie wollen, kriegen Sie sogar ein Dach.“
„Cargo-Bikes sind günstiger und effizienter als Autos oder Lastwagen“
Petri wird seinem Chef die Anschaffung eines Lastenfahrrads empfehlen – um langfristig einen der fünf Bullis, mit denen jetzt noch viele Dinge transportiert werden, abzuschaffen. Neben dem wirtschaftlichen überzeugte ihn vor allem „das Umwelt-Argument“: Fahrräder sind leise, stoßen keine Schadstoffe aus und belasten als Leichtgewichte Brücken und Straßen deutlich weniger als Laster – die oft nicht einmal voll beladen unterwegs seien. „Das ist Verschwendung von Ressourcen“, sagt er. Doch natürlich sind Räder in Anschaffung und Unterhalt auch weit günstiger als Auto oder Laster. Nicht nur, weil die Anschaffung eines Cargo-Bikes zur gewerblichen Nutzung sowohl vom Bund wie vom Land üppig gefördert wird. „CargoBike Dortmund“ hat die Kostenersparnis (für ein einfacheres Lastenrad) einmal ausgerechnet: Bei einer täglichen Fahrleistung von 50 Kilometern und einer Nutzungsdauer von fünf Jahren betragen demnach die Gesamtkosten pro Jahr für ein Auto rund 3500 Euro – und 762 fürs E-Cargo-Bike. Aber, so sagen die Dortmunder Experten: Cargo Bikes sind auch effizienter in der Auslieferung, gerade in Großstädten: Denn die Bikes radeln am Stau einfach vorbei, über Wege womöglich, die Lkw gar nicht nutzen können. Sie bringen die Last direkt zur Haustür des Empfängers, und das ohne dass ein genervter Fahrer lange nach einem Parkplatz suchen muss. „Innerstädtisch sind Sie schon heute im Ruhrgebiet mit dem Rad genauso schnell wie mit dem Auto“, sagt Stefan Peltzer. „Und mit dem RS1 vielleicht bald auch über die Stadtgrenze hinaus.“
„Betriebe müssen betriebswirtschaftlich denken“
Betriebe müssten betriebswirtschaftlich denken, sagt Ralf Finger. Für ihn aber spricht auch ein weiterer Punkt fürs Umsatteln, er nennt ihn „die soziale Komponente“: Lastenfahrradfahrer benötigen keinen Führerschein. Auszubildende könnten es steuern – aber auch gering qualifizierte Menschen, die heute nur noch schwer den Einstieg in den Arbeitsmarkt finden. Noch sei es nicht wirklich spruchreif, verrät er, „aber wir arbeiten schon an einem Projekt zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen mittels Cargo Bike.“
Weitere Infos zu den Lastenradtestwochen auf der Webseite von CargoBike Dortmund (www.cargobike-dortmund.com) oder direkt bei der IHK. Ansprechpartnerin dort ist Janina Röttger (Tel.: 0231 5417-377). Bund und Land fördern die Anschaffung von Lastenrädern (in Städten mit NO -Grenzwertübeschreitung). Mehr dazu unter: www.lastenfahrrad-zentrum.de. Allein der Bund, so Michael Halfpap von „A-N.T.) bezuschusse das A-N.T. Cargo 3 mit 2.500 Euro.