Ruhrgebiet. Nach den jüngsten Corona-Lockerungen wird es zu Pfingsten an vielen Stellen wieder voll. Verstöße sieht man kaum, aber ein anderes Problem.

Am Sonntagvormittag bleibt das Bermuda-Dreieck erstmal länger liegen. Längst nicht alle Kneipen sind offen, die normalerweise jetzt Frühstück anbieten würden. Der Müll vom Vorabend ist weggeräumt, naja, mal so, mal so; und die coronabedingten Hinweisschilder sind wieder zu lesen: „Keine freie Platzwahl. Melde dich am Tresen.“

Am Vorabend war es hier im Kneipenviertel von Bochum erstmals wieder voll; voll unter den Einschränkungen, dass die Gastwirte ja Tische hatten wegnehmen und Stühle auseinander rücken müssen. Der Abend schmeckte nach Befreiung, auf dem zentralen Platz spielten zwei Musiker, und vor ihnen tanzten spontan einige Zuschauerinnen – auf Abstand.

„Dann habe ich das Gefühl, ich spiele vor Publikum, das wäre cool“

„Freiheit, Frieden und Selbstbestimmung für alle Menschen“, hat sich eine auf ihr T-Shirt geschrieben; doch die Aufforderung des Sängers an die Kortumstraße, die Leute sollten näher rücken („Dann habe ich das Gefühl, ich spiele vor Publikum, das wäre cool“), der folgt dann doch niemand. Keine dicht gedrängte Zuschauermenge entsteht, auch wenn er als nächstes spielt: „What you’re waiting for?“Aber das muss Zufall sein.

Und so ist es am Wochenende nach den jüngsten Lockerungen ein zentrales Bild, das sich immer wiederholt, am Samstag in den großen Einkaufsstraßen, am Sonntag an Parks und in Seen: Es ist inzwischen wieder so voll, dass man stellenweise auch hakenschlagend und halbkreislaufend den Mindestabstand unterschreitet. Unterschreiten muss. Oder weggehen. Und Masken tragen draußen nur wenige. Müssen sie ja auch nicht.

An manchen Ausflugszielen geraten sich die Leute zwangsweise in den Nahraum

Der BELIEBTE Freizeit- und Motoradtreff Grafenmühle in Bottrop lockt am Sonntag viele Besucher an.
Der BELIEBTE Freizeit- und Motoradtreff Grafenmühle in Bottrop lockt am Sonntag viele Besucher an. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Wohlgemerkt: Bewusste Verstöße sieht man praktisch nicht, die werden ja auch immer schwerer, eine Gruppe von mehr als zehn Leuten muss man erst mal sein. Aber am Sonntag im Landschaftspark Duisburg-Nord, wo dann alle Parkplätze belegt sind, könnte der Park gern etwas größer sein, damit jedes Besuchergrüppchen immer 1,50 Meter Leerraum um sich hätte.

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Und auch am Kemnader See kommen sich Radfahrer und Fußgänger, Skater und Läufer und Spaziergänger zwangsweise in den Nahraum. Am Motorradtreff Grafenmühle in Bottrop suchen ihn die Motorradfahrer sogar, wie es aussieht. Gegenbeispiel: Am Herner Gysenberg, wo es nicht ganz so voll ist, halten die meisten Leute schon auf Abstand.

Zu viele Zuschauer bei Kunstaktion: Ordnungsamt räumt Platz in Mülheim

Eine Rundfrage der Nachrichtenagentur dpa in nordrhein-westfälischen Städten ergibt daher auch zunächst keine größeren Vorkommnisse. Der Stadt Köln sind demnach „keine Verstöße bekannt“, und ein Polizeisprecher in Essen nennt die Lage „ruhig“. Ähnlich äußern sich Bochum, Bonn und Münster. In Mülheim räumt das Ordnungsamt zwar einen Platz, auf dem sich zu viele Menschen eingefunden haben, um einer Kunstaktion zuzuschauen – aber ein richtiger Verstoß ist das ja auch nicht.

Ruhiger Verkehr am Samstagnachmittag auf der Autobahn 3, die das Ruhrgebiet mit den Niederlanden verbindet.
Ruhiger Verkehr am Samstagnachmittag auf der Autobahn 3, die das Ruhrgebiet mit den Niederlanden verbindet. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

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Dass viele Leute noch vorsichtig bleiben, wo sie die Wahl haben, beweist auch die Wiedereröffnung zweier Bäder in Bottrop: Die Besucherzahl ist weit unter der (niedrigen) neuen Obergrenze. „So können wir auf jeden Fall die Hygiene- und Abstandsregeln einhalten“, scherzt ein Badleiter.

Auch die berüchtigten Pfingststaus bleiben bisher aus, und wenn, dann verursachen Baustellen sie wie auf der A42 in Duisburg. Und die Autobahnen nach Holland, die 3 oder die 57, sind für ein Pfingstwochenende geradezu absurd leer. Viele Wohnwagen, die da rollen, fahren vorher ab und steuern Campingplätze am Niederrhein an.