Essen/Dortmund. Ab Samstag dürfen die Kinos in NRW wieder öffnen. Aber die Branche ist skeptisch. Hygiene-Auflagen sind hoch und neue Filme gibt es auch nicht.
Die Entscheidung kam am Mittwochabend. Lang erwartet aber am Ende doch kurz vor knapp. Von Pfingstsamstag an dürfen die Kinos in NRW wieder öffnen. Doch nicht nur das enge Zeitfenster hat viele Kinobetreiber geärgert. Die Auflagen der Regierung sind hoch, teilweise sind sie noch gar nicht richtig erklärt. Jubel ist aus der Branche dann auch kaum zu hören.
Wer öffnen will, muss gewährleisten, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Besuchern gewährleistet ist und es ein Zutrittskonzept gibt. Er muss die persönlichen Daten der Zuschauer aufnehmen und ganz viel desinfizieren in Foyer und Sälen. Und wenn mehr als ein Viertel der Kapazität eines Saals genutzt werden soll oder mehr als 100 Zuschauer im Kino sitzen, ist ein „besonderes Hygiene- und Infektionsschutzkonzept“ nötig. Dieses muss dann den jeweiligen Kommunen vorgelegt werden. Sie sind es auch, die die Vorgaben machen sollen.
„Wir stehen in den Startlöchern“
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Die Lichtburg in Essen will, wenn irgendwie möglich, am Samstag dennoch öffnen. „Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Betreiberin Marianne Menze, Geschäftsführerin der Essener Filmkunsttheater GmbH. Man habe in den vergangenen Wochen und Monaten so viel Unterstützung in Form von Gutscheinen und Spenden erhalten, „dass wir nun auf jeden Fall wieder den Betrieb aufnehmen. Das sind wir den Leuten schuldig“. Und ein Hygienekonzept habe man längst erarbeitet.
Aber Menze macht sich nichts vor, weiß, dass es wohl ein Neustart mit Schwierigkeiten werden wird. Große Sorge bereitet den Betreibern die Kapazitätsbegrenzung. Technisch, heißt es beim Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF) sei es zwar kein Problem die Buchungs- und Vorverkaufs-Software so umzustellen, dass rund um jeden gebuchten Platz mehrere Plätze frei gehalten werden. „Aber es kann sein“, sagt Christine Berg vom HDF Vorstand, „dass eine Wiedereröffnung bei so stark reduzierten Kapazitäten wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.“ Das sieht Menze ähnlich. 250 statt 1000 zahlende Zuschauer, für viele Kinos könnte sich das nicht lohnen.“
Nicht alle Lichtspielhäuser starten sofort
Das „Roxy“ in Dortmund lässt es deshalb auch erst einmal langsam angehen. „Wir werden am Samstag noch nicht dabei sein“, sagt Betreiber Sascha Kirchhoff und peilt eine Wiedereröffnung „Mitte Juni“ an. Bis dahin will er prüfen, ob das entwickelte Hygiene-Konzept funktioniert und ausreichend ist „Die letzten Juni Wochen machen wir dann so eine Art Testbetrieb, schauen wie es läuft unter den neuen Bedingungen. Und im Juli wollen wie dann wieder richtig loslegen.“
Wobei „richtig loslegen“ nicht so einfach ist. Vor allem für die großen Multiplex-Kinos mit ihren vielen Sälen, die in den nächsten Tagen auch wieder öffnen wollen. Denn fast alle Starttermine für die großen Blockbuster wurden von den Verleihern verschoben. James Bond etwa hat nun – wenn alles gut läuft – statt im April erst ab 12. November „Keine Zeit zu sterben“, Tom Cruise hebt in „Top Gun 2“ statt im Juli nun erst einen Tag vor Weihnachten ab und Vin Diesel und Co treten in „Fast & Furious 9“ sogar erst im Mai 2021 aufs Gaspedal – ein Jahr später als geplant.
Mit Klassikern durch den Sommer
„Es gibt kaum neue Filme“, bestätigt Menze und glaubt nicht, dass die Starttermine wieder vorgezogen werden. Das glaubt Christine Berg ebenfalls nicht: „Kein Filmverleiher wird einen größeren Film starten, bevor nicht wieder eine nahezu bundesweit flächendeckende Auswertung des Films gewährleistet ist. Neue Filme benötigen eine Präsenz in allen Bundesländern.“ Und internationale Filmverleiher werden sich nicht einmal mit ganz Deutschland zufrieden geben, sondern warten, bis sie ihre Kassenschlager nahezu weltweit wieder in die Kinos bringen können.
Die Lichtburg will dann auch zunächst so starten, wie sie aufgehört hat: mit den „Känguru-Chroniken“. Im Sommer sollen dann Klassiker laufen. „Apocalypse Now“ zum Beispiel oder Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“. „Filme, die die Leute lange nicht mehr oder noch nie im Kino gesehen haben.“ Abgerundet wird das Angebot durch Dokumentarfilme und klassisches Art House-Kino. Ähnlich will auch das Roxy durch kommenden Monate kommen. „Aber“, ahnt Betreiber Kirchhoff, „man wird uns im Sommer nicht die Bude einrennen.“ Überhaupt blickt der 40-Jährige besorgt in die Zukunft. „Ich glaube, dass für viele Kinos die harte Zeit jetzt erst losgeht.“