Dortmund. Die Grundschule ist gestartet - mit jeder Menge neuer Regeln. Doch am nächsten Montag ist alles schon wieder anders, so will es die Politik.

„Hi Anton, Du darfst schon rein und dich hinter Marc auf die orangene Linie stellen.“
So also beginnt die Schule wieder für die Viertklässler im Revier hier an der Petri-Grundschule am Dortmunder Klinikum: mit allerlei neuen Regeln. Farbige Klebestreifen markieren die Wege, nicht nur beim Einlass, auch zu den Desinfektionsspendern und um Abstand vor Treppen zu schaffen. Die Klassen sind auseinandergerissen, aus zwei mach fünf, um die Abstände im Klassenraum zu wahren. Die Klassenkameraden müssen auf Distanz bleiben, auch in der Pause, die jede Gruppe von maximal 16 Schülern zeitversetzt hat. Auch gilt die Regel „Meins ist meins“. Stifte und Radiergummissollen nicht mehr verliehen werden, Butterbrot und Trunk werden nicht geteilt. Für den neunjährigen Anton ist vor allem ein sozialer Neustart.

„Kinder nehmen zum Glück, das was ist“, sagt seine Mutter Sandra Klempert (42). „Die Distanzregeln und die Masken hat er ja schon in den letzten Wochen kennengelernt. Anton hat sich schon sehr gefreut auf die Schule.“ Und die habe im Bereich des Machbaren alles gut organisiert. Bei der Gruppengröße, sagt die Bankkauffrau, „sehe ich den Schulstart sehr entspannt.“ Verärgert ist sie auf Politik. „Dass das Schulministerium sagt ,Ihr könnt allein entscheiden’ und dann müssen die Lehrer gucken wie sie klarkommen - das ist schon brutal.“

Alle tragen freiwillig Maske

Nächte ohne Schlaf gibt Schulleiter Juan Carlos Böck (38) freimütig zu. Er und sein Kollegium mussten sich die Regeln selbst zusammensuchen aus zahllosen Mails, aus Medienberichten, aus Erfahrungsberichten anderer Schulen. Haben sie alles richtig gemacht? Am Donnerstagmorgen steht Böck an der Schranke, begrüßt alle Kinder mit Namen und sagt Sätze wie: „Eltern müssen leider draußen bleiben. Du darfst dich hinter Ali stellen.“ Er kennt die Rolle des Einweisers von Einschulungen. „Alle Kinder hatten eine Maske auf, obwohl das nicht Pflicht ist.“ Zumindest auf dem Hof und in den Gängen.

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Die Unsicherheit lastet auf seinen Schultern, keiner trägt sie mit dem Schulleiter. Und die Regeln von oben wechseln täglich. Gerade hieß es noch, dass nur die Viertklässler beschult werden sollen. Aber am Mittwochnachmittag, nur wenige Stunden vor dem Start, schwenkte Armin Laschet erneut um und setzt ab dem Montag nun auf ein „rollierendes System“, bei dem die Jahrgänge eins bis vier sich tageweise abwechseln - für alle zugleich ist ja kein Platz da bei den geforderten Abständen. Was zur Folge hat, dass die Schüler nun jede Woche an einem anderen Tag (und manchmal an zwei Tagen) Schule haben. „Nicht sinnvoll“, findet das die Mutter Sandra Klempert. Sie ist zwar flexibel im Homeoffice, aber vielen anderen, findet sie, hätte Verlässlichkeit mehr geholfen. Und bei Geschwisterkindern wird alles noch komplizierter!

Ihr Weg ist vorgezeichnet

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Ruhig und entspannt betreten die Kinder auf vorgezeichneten Wegen die Schule, stellen sich am Desinfektionsspender an, drücken ihn mit dem Ellbogen, wie es ihnen die Lehrerin im Stile einer Notfallbelehrung im Flugzeug gezeigt hat. Im Klassenraum setzen sie sich ruhig auf ihre Plätze. Dann sprechen sie über ihre Erlebnisse in der Corona-Zeit, um gleich ihre Zettel herauszuholen, auf denen sie zuhause ihre Übungen abgehakt haben. Natürlich sind die nicht komplett, die Lücken bei jedem anders. Der Unterricht ist in diesen Zeiten vor allem Individualbetreuung, erklärt Schulleiter Böck. „Was konnte Mama nicht erklären? Wo muss man die Kinder anschieben?“