Essen/Oberhausen. Bei Beerdigungen gelten derzeit straffe Regeln, die Trauernde, Pfarrer und Bestatter belasten. Immer seien diese Regeln aber nicht einzuhalten.

Einen geliebten Menschen zu verlieren, gehört wohl zu den schwierigsten Aufgaben des Lebens. In Zeiten des Coronavirus allerdings wird Trauernden noch mehr abverlangt. Für Beerdigungen gelten straffe Regelungen und Beschränkungen. Diese allerdings können von Friedhof zu Friedhof variieren. "Es gibt viele erschütternde Szenen", sagt Stefan Koppelmann, Pressesprecher des evangelischen Kirchenkreises Essen. Für Trauernde, Bestatter und Geistliche ist es eine belastende Situation.

Beerdigungen in Zeiten des Coronavirus

Essen hat für die städtischen Friedhöfe festgelegt: Beerdigungen finden zwar weiter statt, aber nur unter freiem Himmel - Trauerhallen bleiben geschlossen. Die Teilnahme ist nur dem Ehegatten, Lebenspartner, oder -gefährten, Verwandten ersten Grades und Geschwistern gestattet. Beim Gang zur Grabstelle soll auf den Mindestabstand - ein bis zwei Meter - geachtet werden, von Umarmungen und Händedruck soll abgesehen werden. "Zudem darf die Zahl von 15 Personen nicht überschritten werden", sagt Koppelmann. Die Corona-Schutzverordnung sagt aus, dass Bestattungen im engsten Familienkreis stattfinden dürfen, wenn Mindestabstand und Hygiene-Vorkehrungen eingehalten werden.

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So schwer es im Alltag auch sein mag: Laut Koppelmann halten sich alle evangelischen Kirchengemeinden an diese Verfügung. "Für viele Freunde oder auch Nachbarn, die gerne mit zum Grab gehen würden, ist es eine wirklich harte Zeit", erklärt er. Vor kurzer Zeit sei ein Kind verstorben. "Die Schulklasse konnte sich auf der Trauerfeier nicht verabschieden", sagt Koppelmann.

"Trete immer mehr als Ordner auf"

Die Schwierigkeiten würden schon beim Trauergespräch anfangen, sagt Christoph Wichmann, Pfarrer der St. Pankratius Gemeinde in Oberhausen. Eigentlich sei es ein sehr persönliches Gespräch. "Jetzt wird geraten, das telefonisch zu machen", sagt er. In Oberhausen gelte eine ähnliche Vorschrift wie in Essen. Hier seien bei einer Beerdigung maximal zehn Leute zugelassen. "Ich trete immer mehr als ein Ordner auf", sagt Wichmann.

Das Bistum Essen macht derzeit keine Vorschriften, die sich auf die Personenzahl bei den Beerdigungen beziehen. Ulrich Lota, Pressesprecher des Bistums, sieht in der Beerdigung eine Extremsituation. "Und da kann ich nicht immer eins zu eins gesetzliche Vorschriften einhalten", erklärt er.

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Predigt und Ansprache können aktuell nur sehr kurz ausfallen. Der Rückhalt, den Freunde und weitere Familienangehörige den Trauernden bieten können, entfällt zum großen Teil. Auch "der traditionelle Beerdigungskaffee findet nicht statt", sagt Pfarrer Wichmann.

Corona in NRW: Kurze Bestattungsfristen

So würden derzeit einige Familien überlegen, die Urne des Verstorbenen länger aufzubewahren. "Das ist bei einem Sarg natürlich nicht möglich", sagt Wichmann.

In NRW gelten in Zeiten des Coronavirus kurze Bestattungsfristen. "Verstorbene müssen binnen 36 Stunden in die Leichenhalle überführt werden", erklärt Christian Jäger, Sprecher des Bestatterverbandes NRW. Binnen weiteren zehn Tage müsse dann die Kremation - also die Feuerbestattung- oder die Beisetzung erfolgen.

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Aktuell gibt es die Weisung, "dass Abschiednahmen am offenen Sarg nicht mehr vorgenommen werden sollen", erklärt Jäger. Das erlassene Kontaktverbot mache die Trauerarbeit der Bestatter unheimlich schwierig. "Es ist eine belastende Situation", sagt Jäger.

Corona-Schutzutensilien werden knapp

Allerdings nicht nur die Trauerarbeit gestaltet sich zunehmend schwierig, auch der Alltag der Bestatter hat sich in Zeiten des Coronavirus verändert. "Unsere Betriebe müssen schauen, dass sie möglichst lange funktionsfähig bleiben", sagt Jäger. So würden einige Unternehmen im Zwei-Schichten-Modell arbeiten, um auf mögliche Coronavirus-Infektionen reagieren zu können.

Denn auch für die Bestatter werden die Schutzutensilien knapp. Der Markt für Produkte wie Atemmasken, Desinfektionsmittel oder Handschuhe "ist völlig leer", sagt Jäger. Und obwohl der Bestatter das "letzte Glied in der Infektionskette ist", gilt der Beruf nicht als Teil der kritischen Infrastruktur. Also gibt es in diesem Bereich keine Hilfe des Landes NRW. "Der Erlass Leitlinie zur Bestimmung des Personals kritischer Infrastrukturen regelt ausschließlich den Zugang zur Notbetreuung in Schulen und Kindertageseinrichtungen", erklärt Heiko Haffmans vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Derzeit gebe es im Ministerium keine Überlegungen, den Beruf des Bestatters in den Kreis der Schlüsselpersonen aufzunehmen.

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"Wir wünschen uns, dass diese Krise schnell vorbei ist", erklärt Jäger. Und diesen Wunsch hat er wohl auch mit vielen Trauernden aktuell gemein. Trotz der aktuell schwierigen Situation auf den Friedhöfen sei die Enttäuschung über die derzeitigen Vorschriften hoch, "aber der Widerstand sehr gering", sagt Pfarrer Wichmann. Und auch Stefan Koppelmann aus Essen sagt: "Die Angehörigen haben in der Regel jedes Verständnis."