Viersen/Düsseldorf. Die Landesschülervertretung freut sich über die Verschiebung der Abi-Prüfungen. „Dennoch sollten die Prüfungen freiwillig sein“, heißt es.

Aufatmen in der Landesschülervertretung (LSV): Mit der Verschiebung der Abitur-Prüfungen auf Mai sei eine ihrer Kernforderungen erfüllt worden, sagt Sophie Halley aus Viersen. Die 18-Jährige gehört zum Vorstand der Landesschülervertretung. Gemeinsam mit ihren Mitstreitern hatte sie seit einigen Tagen dafür eingesetzt, die zentralen Abschlussprüfungen zu verlegen.

Eine Kernforderung berücksichtige der von Bildungsministerin Gebauer vorgestellte Beschluss aber nicht: „Die Abiturprüfungen sollten freiwillig sein. Manche sind auf diese Verbesserung ihres Abischnitts nicht angewiesen und könnten darauf verzichten“, sagt Halley. Dadurch würde auch das Ansteckungsrisiko verringert, da weniger Schüler die Prüfungen gleichzeitig schrieben.

„Ein Geschichts-LK muss noch 30 Jahre nachholen: Wie soll das funktionieren?“

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Dass die Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen nun mehr Vorbereitungszeit bekommen, sei die einzig richtige Entscheidung, lobt Halley. Viele Leistungskurse seien mit ihrem Stoff noch nicht durch. Die seien teils gewaltig, sagt die Abiturientin: „Ein Geschichts-LK muss noch 30 Jahre nachholen: Wie soll das ohne ausreichend Materialien und Lehrer als Ansprechpartner funktionieren?“ Mindestens noch zwei Wochen Unterricht vor den zentralen Prüfungen war daher eine Kernforderung der LSV.

An eine normale Abiturvorbereitung ist gerade kaum zu denken: Schülerin Sophie Halley aus Viersen.
An eine normale Abiturvorbereitung ist gerade kaum zu denken: Schülerin Sophie Halley aus Viersen. © dpa | David Young

Die kurze Freude über die verlängerten Osterferien sei bei ihr schnell Panik gewichen, erklärt Halley: „Einige Themen haben wir noch gar nicht behandelt. Hinzu kommt, dass die Lehrer ihre Schüler sehr unterschiedlich mit Unterrichtsmaterial versorgen.“ Eine Lehrkraft lehne digitale Technik ab und habe daher einige Arbeitszettel per Post verschickt. Andere Lehrer bemühten sich nach Kräften: Sie verschickten täglich Mails mit Vorbereitungsstoff, stünden darüber hinaus in diversen Chats als Ansprechpartner zur Verfügung: „Einige Schüler haben das Glück, an den richtigen Lehrer und Kurs geraten zu sein“, sagt Sophie Halley. Die Abitur-Vorbereitung dürfe aber keine Glückssache sein, bekräftigt Halley.

Digitale Infrastruktur an den Schulen ist für E-Learning nicht ausgelegt

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Hinzu komme die mangelnde digitale Infrastruktur. „2,4 Millionen Schüler sind gerade alle auf E-Learning angewiesen. Dafür gibt es zu wenige Anbieter, die die Lehrer auch offiziell nutzen können“, kritisiert Halley. So habe das NRW-Schulministerium Lehrer aus Datenschutzgründen gewarnt, mit Schülern via Whatsapp zu kommunizieren. „Dabei sind wir gerade jetzt auf schnelle und flexible Lösungen angewiesen“, sagt Sophie Halley.

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Auch an ihrem Gymnasium gebe es zu wenige technische Hilfsmittel, gibt Halley ein Beispiel: „Wir haben nur zwei mobile Beamer, an einem fehlt das HDMI-Kabel.“ Immerhin da, so hofft Halley, bewirke die Corona-Krise etwas Positives: „Dadurch wird jetzt hoffentlich allen klar, dass die digitale Infrastruktur der Schulen dringend verbessert werden muss.“

Verunsicherung der Schüler in der Corona-Krise ist groß

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Die Verunsicherung in der Schülerschaft sei groß, sagt Sophie Halley: „Bin ich durch mit meinem Stoff? Das ist viel zu viel Druck grad, der sich auf uns entlädt.“ An eine normale Vorbereitung – etwa in Lerngruppen – sei nicht zu denken. Sich drücken, trösten, umarmen – in dieser für Abiturienten so angespannten Zeit ohne persönliche Kontakte auszukommen, sei hart, gesteht die 18-Jährige ein: „Das Timing der Corona-Krise ist richtig schlecht. Natürlich ist es unfair, man fühlt sich machtlos und alleingelassen. Wenn wir das Abitur bestehen, dürfen wir uns nicht umarmen, es vielleicht nicht einmal feiern. Das macht mich traurig.“