Hier steigen auch Popstars wie Ed Sheeran gerne ab: Die Villa am Ruhrufer in Mülheim hat nur zwölf Zimmer – lockt aber mit Fünf-Sterne-Luxus.

Die Spitze der Champagnerflasche ragt aus dem Kühler mit den Eisklötzchen heraus, der Moet & Chandon soll auch in zwei Stunden noch kalt ins Glas fließen. Davor, auf dem schwarzen Holzsideboard, locken ein paar Erdbeeren im Schokoladenmantel auf einem schmalen Tellerchen drapiert, Äpfel, Bananen und Trauben scheinen im Früchtekorb eher für ein Stillleben als für die Selbstbedienung arrangiert: Alles eben Dinge, mit denen man Gäste eines Fünfsterne Superior-Hotels bei Laune hält.

Hotelmanager Toni Maida vom Hotel Villa am Ruhrufer führt das Haus vor.
Hotelmanager Toni Maida vom Hotel Villa am Ruhrufer führt das Haus vor. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Wir haben für die venezianische Suite heute noch eine Anreise“, erklärt Toni Maida, Manager der Villa am Ruhrufer in Mülheim. Der Blick über die Straße auf die Ruhr erinnert nicht zwangsläufig an den Canal Grande, aber großflächige Schwarz-weiß-Impressionen aus Venedig zieren zum Trost immerhin die Wände.

350 Euro mitten im Dezember muss man wohl als Schnäppchen begreifen, in Messezeiten kratzt der Preis für die 30 Quadratmeter großen Suiten mit ihren Viereinhalb-Quadratmeter-Boxspringbetten auch schon mal an der 600-Euro-Marke, Frühstück für zwei 50 Euro extra.

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Abschreckend wirken die Zimmerraten offenbar nicht: „Wir sind übers Jahr zu rund achtzig Prozent ausgelastet“, sagt Maida, ein eloquenter Mann mit Bärtchen Ende 30, mit entspanntem Selbstbewusstsein. Umgerechnet heißt das: Neun oder zehn der insgesamt zwölf Zimmer sind belegt.

Fünf Millionen Euro hat der Umbau gekostet

Rund fünf Jahre hat ein Mülheimer Unternehmerpaar die 130 Jahre alte Jugendstilvilla in Mülheims feinster Gegend auf Luxusherberge getrimmt, knapp fünf Millionen Euro für Umbau und eine moderne Möblierung investiert, die in dunklen Tönen mit ein paar Farbtupfern dezenten Schick ausstrahlt und nicht protzig daherkommt, eher leger als piekfein wirkt. Hinter der schmucken Villa mit sechs Suiten duckt sich ein kleinerer Neubau mit sechs Zimmern, die Gebäude sind unterirdisch miteinander verbunden.

Toni Maida in der „venezianischen Suite“.
Toni Maida in der „venezianischen Suite“. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Nur 14 Mitarbeiter sind insgesamt im Einsatz, aber natürlich servieren die auch nachts um drei ein warmes Essen, wenn’s der Gast denn wünscht. Zu den Kriterien eines Hauses, dem der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband fünf Sterne zuerkennt, gehört eben genau das. „Superior“ gibt es für ein paar Verrenkungen extra im Service. „Bei uns gibt es keine Probleme, nur Lösungen“, sagt Maida dazu, und man ist nicht ganz sicher, ob er gerade einen Werbeprospekt vorliest oder das tatsächlich selbst so formuliert.

Wie auch immer: Seit der Eröffnung 2011 hält das Haus in den Augen seiner Bewerter und wohl auch der Kunden seinen Standard. Anonyme Tester prüfen regelmäßig. „Mindestens einmal im Jahr“, weiß Maida. Ein paar verärgerte Gäste findet man in den einschlägigen Foren indes durchaus: Bei den Preisen ist natürlich das Recht verbrieft, auch kleinere Versäumnisse wie eine nicht perfekt funktionierende Sauna, groß finden zu dürfen.

Zwei Golfplätze gehören den Hotelbesitzern

„Wir sind das kleinste Fünfsterne-Hotel Europas mit zwei eigenen Golfplätzen“, erzählt Maida beim Bummel durchs Haus, und weil man möglicherweise erst einmal stutzt und sich fragt, wie viele Hotelchefs überhaupt zwei Golfplätze besitzen, merkt man sich wohl besser, dass es kaum allzu viele kleinere Luxusadressen in Europa geben dürfte. Tatsächlich gehören den Besitzern der Kosaido Golfclub in Düsseldorf und der Club Raffelberg in Mülheim – wer abschlagen will, den bringt der Chauffeur des Hauses selbstverständlich hin.

Freistehende Wanne und übergroße Betten: Ein Blick in den Schlafbereich einer Suite.
Freistehende Wanne und übergroße Betten: Ein Blick in den Schlafbereich einer Suite. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Golfspieler aus der Schweiz, den Niederlanden oder gar den USA gehören ohnehin zur Klientel. Die besteht überwiegend aus betuchten Geschäftsleuten, die nach Maidas Beobachtung besonders die Ruhe schätzen, die ihnen ein so kleines Nobelhaus bieten kann.

Dass die Mitgliedschaft im exquisiten Kreis der „Small Luxury Hotels of the World“ die Geschäfte für die Villa am Ruhrufer vereinfacht, lässt sich nicht leugnen: Damit landet man im weltweiten Vertrieb. Denn, ohne Mülheim nahezutreten: Es ist möglicherweise nicht die Stadt, über die der New Yorker zuerst nachdenkt, wenn er nach Europa reist.

Michael Bublé und Ed Sheeran waren begeistert

Rezeptionist Moritz Thelen hat das Gästebuch auffällig unauffällig ins Sichtfeld des Besuchers geschoben, und ja, Weltstar Michael Bublé war mit Familie zu Gast und hat schwer Leserliches hineingekrakelt (oder waren’s die Kinder?). Popstar Ed Sheeran war begeistert vom Spa-Bereich samt Innen-Pool im Souterrain, zwei Rammstein-Rocker erholten sich hier vom Bühnengedröhne, „Game of Thrones“-Mime Tom

Michael Bublé bei seinem Auftritt in Oberhausen – er übernachtete in der Villa am Ruhrufer.
Michael Bublé bei seinem Auftritt in Oberhausen – er übernachtete in der Villa am Ruhrufer. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Wlaschiha schaltete in der Villa mal ab, und Herbert Grönemeyer hinterließ einen Werbespruch, für den er gewiss einen Rabatt hätte aushandeln können: „Komm zur Ruhr und dann auf jeden Fall hierher“.

Wer sich Anekdoten von Exzessen gerade bei Künstlern wünscht, geht nicht nur leer aus, weil die Diskretion das verbietet, sondern weil offenbar in all den Jahren nichts Dramatisches passiert ist. Thelen, der vom Rezeptionsbüro aus seit Anbeginn an alles erlebt hat, zieht kurz verständnislos die Augenbrauen zusammen und sagt: „Wir sind hier in Mülheim.“

Champagner-Rechnung über 143.000 Euro

Maida, der früher für die italienische Luxuskette Rocco Forte arbeitete, erinnert sich immerhin an einen Gast, der eine Champagner-Rechnung von 143.000 Euro kommentarlos mit seiner Kreditkarte beglich: „Der hatte die Badewanne damit gefüllt.“ Das ist von den Gästen, die gleich in die venezianische Suite ziehen, wohl nicht zu erwarten. Obwohl man bei der freistehenden Badewanne auf genügend dumme Gedanken kommen könnte.

INFO: Luxushotels sind Mangelware im Ruhrgebiet

Luxushotels sind ein Mangel im Ruhrgebiet, Axel Biermann, Geschäftsführer von Ruhr Tourismus, hat oft genug beklagt, „dass wir diese Gäste alle nach Düsseldorf verlieren“.

Eine Alternative in der Kategorie zum Mülheimer Boutique-Hotel ist Schloss Hugenpoet mit 36 Zimmern in Essen.

Grundsätzlich gilt nach Einschätzung von Immobilienentwicklern allerdings: Würden Hotelunternehmen den Markt entsprechend einschätzen, gäbe es gewiss einige Spitzenhäuser mehr rund um die Ruhr.

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