Dortmund. Eine solch aufwendige Bombenentschärfung hat es im Ruhrgebiet bislang nicht gegeben: Warum am 12. Januar das Leben in Dortmund still steht.

Man habe, sagt der Dortmunder Baudezernent Arnulf Rybicki bei einer Pressekonferenz im Rathaus , bei Routinekontrollen wegen demnächst anstehender Baumaßnahmen drei „Blindgängerverdachtspunkte“ in der Dortmunder Innenstadt gefunden. Anders gesagt: Möglicherweise liegen dort Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg, die nicht zündeten.

„Das hat dann“, sagt der Dezernent mit einem Understatement, das man sonst nur aus Großbritannien kennt, „zu einigen Aktivitäten geführt“. Die sollen am 12. Januar 2020 darin münden, dass die Bomben mitten in der City entschärft werden. Bis zu 14.000 Leute müssen dafür ihre Wohnungen verlassen. Aber das ist nicht das Problem. „Wir hatten“, erinnert sich Beate Siekmann, Ordnungsamtsleiterin der Stadt, „schon größere Evakuierungen.“

Drei Seniorenheime und die beiden größten Krankenhäuser müssen evakuiert werden


30.000 Menschen in Hörde vor gut fünf Jahren, sogar 40.000 im Stadtteil Hombruch ein Jahr zuvor. So kompliziert wie die vom kommenden Januar waren beide Fälle nicht. Denn im Bereich, der geräumt werden muss, liegen nicht nur drei Seniorenheime, sondern mit Städtischen Kliniken und dem St. Johannes-Hospital auch die beiden größten Krankenhäuser der Stadt. Siekmann hat herumgefragt bei anderen Ordnungsämtern, „aber so etwas gab es noch nicht“.


Nun wird es kommen, am zweiten Wochenende im Januar. „Ein Wunschtermin der Kliniken“, sagt Rybicki. Weil die Belegschaft dann wieder voll an Bord, sich aber die Zahl der planbaren Patienten so lange niedrig halten lässt. Wobei noch genügend unplanbare Fälle bleiben. Vor allem auf den Intensiv-Stationen. Es werde Patienten geben, macht sich Rybicki nichts vor, bei denen werde man abwägen müssen. „Was ist gefährlicher für sie? Der Transport in ein anderes Krankenhaus oder die Verlegung nur in einen anderen Teil der Klinik.“ Wo sie dann von Freiwilligen betreut werden. Es gebe Signale, dass sich dafür genügend Personal finden lassen werde, sagt der Dezernent.

14.000 Menschen müssen für einen Tag die Sperrzone verlassen


Es sei aber ja auch extrem selten, dass bei so einer Entschärfung etwas passiere. Von rund 400 Patienten, die in andere Häuser verlegt werden, gehen die Verantwortlichen aus. Beginnen wollen sie damit bereits zwei Tage zuvor und weil dafür rund um die Kliniken Hunderte Krankenwagen im Einsatz sind, müssen die Straßen frei sein. Also gibt es Halteverbot vom 10. Januar, 6 Uhr an. Und Beate Siekmann lässt keinen Zweifel daran, dass sie von Mitarbeitern des Ordnungsamtes streng kontrolliert werden.


Die Bewohner der Seniorenheime sollen am Samstag, 11. Januar evakuiert und in anderen Einrichtungen untergebracht werden, der Rest der Bevölkerung muss bis Sonntag, 8 Uhr die Wohnungen in der Sperrzone verlassen. Wer nicht bei Freunden oder Bekannten unterkommen kann, ist in der Betreuungsstelle in der Gesamtschule Scharnhorst herzlich willkommen. Dort warten zahlreiche Helfer.

Insgesamt, sagt Oliver Nestler von der Feuerwehr Dortmund, die den Einsatz koordiniert, seien 1000 Einsatzkräfte der Behörden im Einsatz. Nach der Evakuierung der Bewohner Wenig wird das Leben in der Innenstadt stillstehen. Straßen und Bürgersteige sind gesperrt, U-Bahn-Stationen geschlossen. Und weil der Bahnhof in der Evakuierungszone liegt, ist auch der Zugverkehr beeinträchtigt, bis hin zum kurzzeitigen Erliegen.

Sogar der Luftraum über Dortmund wird für die Zeit der Entschärfung gesperrt


Sogar der Luftraum über Dortmund wird – wie üblich in solchen Fällen – für die Zeit der eigentlichen Entschärfung gesperrt. Wie teuer die Evakuierung genau sein wird, will Rybicki bisher nicht verraten. Im Rathaus aber ist der Begriff Millionen zu hören. Unklar ist derzeit auch noch, wer die Kosten trägt und wie sie möglicherweise zwischen Stadt, Land und Besitzern der Grundstücke aufgeteilt werden. Man sei in Gesprächen heißt es.

Ist der gefährdete Bereich dann frei am Morgen des 12. Januar, werden drei Teams zeitgleich mit der Entschärfung beginnen. Sie werden sich vortasten, werden immer tiefer gehen, bis sie erreichen, was sie für eine Bombe halten. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist? Klaus Berkemeier von der Bezirksregierung bleibt zurückhaltend, weil jeder Fall einzigartig ist. Rein statistisch betrage die Wahrscheinlichkeit nach den bisher bereits durchgeführten Maßnahmen (Luftbildauswertung, spezielle Bohrungen im Umfeld) 60 bis 70 Prozent. „Es kann allerdings auch nur ein alter Heizkörper sein“, räumt Rybicki ein. Was nichts ändert. „Sicherheit“, sagt der Dezernent, „geht nun einmal vor.“ Für weitere Informationen hat die Stadt eine Website eingerichtet.