Castrop-Rauxel. In Castrop-Rauxel haben Künstler aus der Musik des Ruhrgebiets ein Musical gemacht. „Radio Ruhrpott“ verbindet Hits der Region zu Mitsing-Show.

Das Ruhrgebiet im Radio, wie könnte seine Sendung anders heißen: „Der Sound von hier“ kommt aber gar nicht aus dem Äther, sondern von der Bühne. In Castrop-Rauxel spielen Künstler aus dem Revier seit Mai ein Musical mit Musik made im Ruhrgebiet. Es heißt deshalb auch „Ruhrical“. „Boah“, schrieb jemand an die Publikums-Pinnwand: „Voll das Pot(t)pourri!“

Und tatsächlich geht „Radio Ruhrpott“ auf Frequenz 103,7 los mit einem, der schöner knödelt als das Original: „Tief im Westen!“ Marc Stahlberg singt Grönemeyer, er kann aber auch Müller-Westernhagen und Helge Schneider – was schon die halbe Bandbreite der Ruhrgebietsmusik ausmacht. Kommen hinzu: „Extrabreit“ („Flieger“) und Nena („99 Luftballons“, beide aus Hagen), Jürgen Marcus („Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“), der in Herne das Licht der Welt erblickte, die Bochumer Combo „Geier Sturzflug“ (Bruttosozialprodukt“), die Band „Ideal“ („Blaue Augen") mit Sängerin Humpe, in Herdecke aufgewachsen… Man muss den Soundtrack des Ruhrgebiets gar nicht erst schreiben, er ist schon da.

Falco, Quick und Hape Kerkeling: Allesamt Ruhrpott-Poeten

Nappo Bernatzki am Saxophon und die Tänzer auf der Bühne.
Nappo Bernatzki am Saxophon und die Tänzer auf der Bühne. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Oder hätten Sie gewusst, dass mit Konrad Elfers der deutsche Komponist von „Pippi Langstrumpf“ aus Essen stammt? Dass Falco einst dieses Lied gemacht hat, das so gut ins Revier passte: „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“? Hätten Sie noch gedacht an Benny Quick, ebenfalls aus Essen, mit seiner „Motorbiene“ (1962)? Aber sicher haben Sie Hape Kerkeling aus Recklinghausen auf dem Schirm: „Das ganze Leben ist ein Quiz“.

Der Abend in Castrop-Rauxel irgendwie auch. Was das Publikum da nicht alles (wieder-)entdeckt und mitsingt und feiert! Was die Profi-Band nicht alles zu neuem Leben erweckt, man nehme nur das beatgeboxte Steigerlied. Es ist eine Reise in die Vergangenheit, präsentiert von einem, den die Generation Kassettenrekorder auch noch kennt: Radiomoderator Sam Maldock, natürlich ist das Mal Sondock selig mit all’ seinen Schrullen, gespielt von Musiklehrer Potlako Mokgadi, der in Dortmund groß geworden ist.

Hausmeister Erwin Machulke spielt auch mit

So wie er stammen alle auf der Bühne aus dem Ruhrgebiet. „Uns prägen“, sagt Manager Michael Kloßek, „die typischen Eigenschaften: aufeinander verlassen, füreinander da sein, authentisch sein.“ Die Idee, daraus ein Musical zu machen, „kenne ich schon immer“, sagt der gebürtige Gelsenkirchener Kloßek, 56, in diesem Jahr hat er es endlich getan. Gemeinsam mit Regisseur und Autor Bernd Böhne (Kamen), bekannt als Hausmeister Erwin Machulke, der seinem eigenen Musical auch sprachlich den nötigen „Sound von hier“ gibt.

Sam Maldock alias Mal Sondock: Der Radiomoderator wird von Potlako Mokgadi gespielt.
Sam Maldock alias Mal Sondock: Der Radiomoderator wird von Potlako Mokgadi gespielt. © Funke Foto Services | Ralf Rottmann

In die Radio-Rahmenhandlung hat Böhne natürlich auch eine Liebesgeschichte geschrieben, sie handelt von der Kohle, die ja nun auch schon Geschichte ist. Vom Kumpel Ritchie (Markus Psotta) und seiner Petra (Romi Maria Goelich) unter dem „Mond von Wanne-Eickel“ und deren Vater, Reviersteiger Ernst von Bodelschwingh, der natürlich gegen die Beziehung ist.

Kein Mindesthaltbarkeitsdatum für Musik

Es treten des weiteren auf: Machulke mit den schiefen Zähnen, der Schrebergartenverein „Schöner Fleck“ und der Musikmanager Dieter Pokorny, bestimmt zu verwechseln mit dem vornamensgleichen Viva-Gründer Gorny.

So will „Radio Ruhrpott“ ein „fester Bestandteil des kulturellen Programms in NRW“ werden, ein Musical, für das es sich lohnt, ins Ruhrgebiet zu reisen, wie ein Zuschauer lobend hinterließ. Schon haben es mehr als 10.000 Besucher gesehen. „Ein Mindesthaltbarkeitsdatum“, verspricht Macher Kloßek, „gibt es nicht.“ Das Radio läuft.

„Zwei Prisen Schnulze, drei Suppenkellen Bergbau-Romantik“, schrieb ein Kritiker zur Premiere, er nannte das Ergebnis „Brühe“, obwohl es ihm gefiel – aber ein Eintopf ist es schon, und die schmecken zuhause ja bekanntlich am besten.

>>INFO: TICKETS UND TERMINE

„Radio Ruhrpott“, das Ruhrical, geht ins neue Jahr: Die ersten Termine für 2020 stehen bereits fest. Gespielt wird Freitag, Samstag und Sonntag, 10. bis 12. Januar, jeweils um 20 Uhr in der Stadthalle Castrop-Rauxel (Theater im Eventforum). Weitere Aufführungen: 15. und 16. Februar 2020.

Karten gibt es ab 29,90 Euro unter radioruhrpott.de.