Bochum. Und ewig lockt die Lok. Während andere Musical schließen, ist der Starlight Express in Bochum wie der VW-Käfer. Er läuft und läuft. Aber warum?
„Gehen wir in den Saal“, sagt Burkhard Koch zur Begrüßung. Der Geschäftsführer des Starlight Express sitzt immer noch gerne da, wo die menschlichen Züge rollen. „Ja“, sagt er unterwegs, er sei schon überrascht gewesen von der Ankündigung, dass das Metronom-Theater in Oberhausen geschlossen, das Colosseum in Essen verkauft werden soll. „Und auch traurig.“
Er hat ja in beiden mal gearbeitet. Er hat eigentlich so ziemlich überall gearbeitet, wo in Deutschland ein großes Musical aufgeführt wurde. Wenn er nicht gerade Geschäftsführer der Tourismus & Marketing Oberhausen war. „Das waren Theater, die die Unterhaltungskultur im Ruhrgebiet geprägt haben“, findet er und spricht von „Puzzle-Stücken“, die der Region künftig fehlen werden. Anders als der Starlight Express, zu dem Koch im März vergangenen Jahres als Geschäftsführer zurückgekehrt ist. „Es geht uns gut“, versichert er.
„Wir brechen mit allen Theaterkonventionen“
Natürlich hat er sich gefragt, warum der Sternenzug auf der Schiene bleibt, während die anderen Lichter in der einst „Broadway an der Ruhr“, genannten Musicallandschaft ausgehen. Er hat sich das auch schon früher gefragt. Zeit genug war ja. Schließlich läuft die Show in Bochum mittlerweile seit mehr als 31 Jahren. „Ein Phänomen“, sagen viele.
Koch sagt das auch, aber er kann sogar erklären, was er damit meint. „Wir brechen mit allen Theaterkonventionen.“ Keine Bühne im klassischen Sinn, dafür das Publikum so nah an der Show wie sonst nirgendwo und der Star ist das Ensemble, nicht ein einzelner Künstler. Noch wichtiger aber: „Das Musical passt ins Ruhrgebiet.“ Koch nimmt die „Alte Dampflok“ als Beispiel. Nicht immer auf Hochglanz poliert, etwas in die Jahre gekommen, sich aber immer treu geblieben. „So etwas mögen die Menschen hier.“
50 Prozent der Besucher kommen nicht aus NRW
Die Menschen woanders offenbar auch. „Schließlich kommen 50 Prozent der Besucher nicht aus NRW,. sondern aus dem Rest Deutschlands, Holland, Belgien oder neuerdings immer öfter auch aus Polen. Und einige von ihnen bleiben offenbar auch länger in der Region. Er höre immer wieder von Musical-Gästen, die auch ins Bergbau-Museum oder Planetarium gingen, gerne auch mal im Signal-Iduna-Park oder der Schalke-Arena vorbeischauten. Koch verweist auf die Übernachtungszahlen in Bochum: „Mehr als 600.000 pro Jahr.“ Vor der ersten Abfahrt des Sternenzuges seien es gerade einmal 100.000 gewesen.
Ein Teil des Erfolges, glaubt der gebürtige Herdecker, liege aber auch an dem Theater selbst, das speziell für die Rollschuh-Show gebaut wurde und deshalb perfekt angepasst wurde an die Bedürfnisse des Musical. „Das ist weltweit einzigartig.“
„Man muss auch mal etwas wagen, etwas ausprobieren.“
Und es hat den Nebeneffekt, dass der Starlight Express nur vor Ort fahren, nie auf Tour gehen kann. „Wer uns sehen will, muss nach Bochum kommen.“ Viele machen das sogar öfter. Gut ein Drittel der Besucher, sind nicht zum ersten Mal da. „Obwohl es einen enormen Wettbewerb im Ruhrgebiet gibt.“
Mehr als 17 Millionen Besucher
Der Starlight Express läuft in Bochum seit dem 12. Juni 1988. Das Musical hält den Rekord für die längste Spielzeit eines Musicals an einem Ort. Im Frühjahr wurde die 17-Millionen-Besucher-Marke durchbrochen.
Zum 30. Jubiläum im vergangenen Jahr wurde die Show überarbeitet und das 1600 Zuschauer fassende Theater selbst für 4,5 Millionen Euro generalüberholt.
Zu diesem, ist der Geschäftsführer überzeugt, werden auch wieder Musicals beitragen. Langlaufende Shows wie Starlight-Express oder König der Löwen in Hamburg würden seltener, glaubt er. „Aber geben wird es die immer.“ Daneben rechnet er öfter mit Produktionen, die für ein paar Wochen oder Monate in einem Theater zu sehen sind – und auch mal ungewöhnliche Shows vom Londoner Westend oder dem Broadway in New York ins Ruhrgebiet bringen. „Man muss auch mal etwas wagen, etwas ausprobieren.“
Über 400000 Zuschauer für 2019 erwartet
Ohne dabei das Bewährte zu vernachlässigen. Natürlich habe man den Starlight-Express im Laufe der Jahre immer wieder modernisiert, dem Zeitgeist angepasst. Aber immer nur ganz vorsichtig. „Die eigentliche Geschichte ist immer gleich geblieben.“ Muss sie auch, findet Starlight-Sprecherin Friederike Gerwe: „Die Besucher kommen ja mit ganz bestimmten Erwartungen.“
Über 400.000 Gäste werden es allein 2019 sein. Bei Starlight geht man davon aus, dass das noch länger so bleibt. „Sehen Sie“, sagt Koch und zeigt auf die Bühne. Dort wird gerade an einer neuen Steuerung für die große Brücke gearbeitet, über die die Züge rasen. Wird nicht billig, wird aber gemacht. „Wir investieren in die Zukunft.“