Dorsten. Einem Dorstener droht aufgrund seiner Courage ein Strafverfahren wegen Körperverletzung. Er hielt ein klauendes Kind fest. Ist das verboten?

Mariusz Kolodziejczyk wollte etwas Gutes tun – nun droht ihm dafür ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung. Der Dorstener hat im September zwei achtjährige Jungen dabei beobachtet, wie sie Spielzeug aus einer Rossmann-Filiale in Dorsten-Holsterhausen klauten. Das erzählt er in einem Gespräch mit der Dorstener Zeitung (Bezahlartikel). Sofort rannte Kolodziejczyk ihnen hinterher, erwischte eines der Kinder am Kragen und brachte es zurück in die Filiale.

Seine edle Absicht könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Nachdem eine Mitarbeiterin die Polizei verständigt hat, wurde das strafunmündige Kind seinen Eltern übergeben. Diese erstatteten anschließend Anzeige gegen Kolodziejczyk, wie Ramona Hörst, Sprecherin der zuständigen Polizei in Recklinghausen, bestätigt. „Wenn ein Verdacht entsteht, müssen wir die Anzeige aufnehmen“, erklärt sie.

Strafanzeige stößt auf Unverständnis

Der Grund für die Anzeige: Er habe das Kind nicht nur am Kragen gepackt, sondern auch seinen hinteren Hals festgehalten. Dabei habe sich das Kind verletzt. Das stößt bei Kolodziejczyk auf Unverständnis. „Man kann doch nicht dulden, dass Kinder klauen und ungestraft davon kommen“, sagte er der Dorstener Zeitung. Und dennoch: Er würde es nicht noch einmal tun.

Was erlaubt ist – und was nicht

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Doch was dürfen Erwachsene unternehmen, wenn sie strafunmündige Kinder beim Klauen erwischen? „Jeder Mensch hat grundsätzlich das Recht, auf frischer Tat ertappte Täter bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten“, erklärt Stephan Robert Hillebrand vom Amtsgericht in Dorsten. Aber: „Das gilt nur, wenn es sich um eine Straftat handelt.“ Bei Strafunmündigen, also Kindern, die jünger als 14 Jahre sind, gilt diese Straftat jedoch nicht. „Sollte man ein Kind dennoch festhalten, macht man sich gegebenenfalls der Freiheitsberaubung schuldig“, erklärt Hillebrand.

„Man sollte auf jeden Fall die Polizei informieren und sich als Zeuge zur Verfügung stellen“, ergänzt Polizeisprecherin Hörst. „Es wäre schade, wenn Menschen aufgrund solcher Fälle überhaupt nicht mehr handeln.“

Fall geht an das Jugendamt

Für die Kinder hat die Klau-Aktion dennoch ein Nachspiel. „Auch für die Kinder gibt es ein offizielles Ermittlungsverfahren, aber nicht im Beschuldigtenstatus“, erklärt Hörst. „Es ist nicht so, dass da gar nichts passiert.“ Aus einem dokumentierten Fall werden zum Beispiel Berichte für das Jugendamt gefertigt.