Trier/Ruhrgebiet. Mitglieder eines Familienclans sollen Schleusungen mit Erfolgsgarantie angeboten haben. Ein Schwerpunkt der Groß-Razzia lag im Ruhrgebiet.
Bei Razzien in vier Bundesländern - darunter NRW - hat die Polizei einen mutmaßlichen Schleuserclan einer libanesischen Familie zerschlagen. Als „Kopf der Bande“ verhafteten die Beamten am Donnerstag einen 54 Jahre alten Libanesen und ein weiteres Mitglied der Familie im Alter von 24 Jahren in Bitburg in der Eifel, teilte der Leitende Trierer Oberstaatsanwalt, Peter Fritzen, mit. Insgesamt werden acht Personen beschuldigt, seit Mitte 2018 syrische Flüchtlinge aus dem Libanon mit gefälschten Visa nach Deutschland und in die Niederlande geschleust zu haben.
„Das ist ein großer Schlag gegen die Schleuserkriminalität“, sagte Fritzen. Er gehe davon aus, dass „die Strukturen der Gruppierung“ nun zerschlagen seien und „dass wir den weiteren Schleusungen der Familien ein Ende gesetzt haben“. Im Fokus der Ermittlungen stehen 26 Schleusungen. Zehn davon gelangen nicht, weil die Bundespolizei diese in Zusammenarbeit mit Verbindungsbeamten in Beirut, Moskau, Kairo und Teheran verhindern konnte.
Schleuser nutzten Routen aus dem Libanon
Insgesamt wurden am Donnerstag 29 Objekte in Rheinland-Pfalz (16), Nordrhein-Westfalen (10), Berlin (2) und dem Saarland (1) durchsucht. Mehr als 360 Bundespolizisten, knapp 30 Beamte des Polizeipräsidiums Trier sowie sechs Trierer Staatsanwälte seien im Einsatz gewesen. Wegen „erhöhter Gefährdung“ waren bei der Verhaftung auch Spezialkräfte der GSG 9 dabei. Auch Fiedler sprach von einem „erfolgreicher Schlag gegen die Clankriminalität“.
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Die Syrer sollen nach Frankfurt, Düsseldorf und München sowie nach Amsterdam ausgeflogen worden sein. Versprochen worden sei eine „garantierte“ Schleusung, für die pro Person zwischen 4000 und 15 000 Euro pro Person kassiert worden seien. Sowohl bei der Ausreise als auch bei der Einreise in Europa seien die geschleusten Personen „arbeitsteilig“ von Schleusern begleitet worden, sagte Fritzen. In Deutschland stellten die Syrer dann Asylanträge.
Vier der Beschuldigten gehörten zu der libanesische Familien. Gegen alle liefen Ermittlungen wegen „gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern“. Die Höchststrafe für dieses Delikt liegt bei zehn Jahren Haft. Nach zwei Personen werde mit Haftbefehl gefahndet. Oberstaatsanwalt Eric Samel sagte, die Familie lebe seit rund 15 Jahren in Deutschland. Andere Mitglieder der Familie lebten im Ausland, auch im Libanon.
Durchsuchungen in Bochum, Dortmund und Essen
„Diese Form der organisierten Clankriminalität höhlt den Rechts- und Sozialstaat aus, aber diese Gruppe ab heute nicht mehr“, erklärte der Präsident des Bundespolizeipräsidiums, Dieter Romann. Orte der Durchsuchungen seien Bitburg, Trier, Berlin, Saarbrücken, Bonn, Gütersloh, Essen, Dortmund und Bochum gewesen. In Nordrhein-Westfalen seien vor allem Wohnungen von geschleusten Personen durchsucht worden, sagte Fritzen. Im Saarland war die Adresse eines Beschuldigten Ziel.
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Gegen fünf andere Personen werde wegen möglicher weiterer Straftaten, vor allem Eigentumsdelikten, ermittelt. Dabei gehe es vor allem um Einbruchs- und Ladendiebstähle im Raum Bitburg. Dies seien „Zufallserkenntnisse“ aus den Ermittlungen gewesen, sagte Fritzen.
Gegen einen Verwaltungsmitarbeiter und ein Mitglied der libanesischen Familie laufe zudem ein Verfahren wegen Bestechung und Bestechlichkeit. Der Verwaltungsmitarbeiter soll Geld „für eine Diensthandlung“ angeboten bekommen haben. Außerdem stehe ein Polizeibeamter im Verdacht, auf Bitten eines Libanesen Halteranfragen von Kraftfahrzeugen vorgenommen zu haben und damit Privatgeheimnisse verletzt zu haben. (dpa)