Mönchengladbach. Nach dem Tod einer 13-Jährigen auf einer Klassenfahrt in London wird gegen vier Lehrer ermittelt mit dem Verdacht der fahrlässigen Tötung.
Gut vier Monate nach dem Tod einer 13-jährigen Schülerin auf einer Schulfahrt ermittelt die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach immer noch gegen vier Beschuldigte. Gegen die „Aufsichtspflichtigen“ besteht der Tatverdacht der fahrlässigen Tötung, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte.
Die vier Beschuldigten seien als Aufsichtspersonen bei der Fahrt nach London dabei gewesen. Nach Schilderungen von Mitschülern sollen Lehrer trotz wiederholter Hinweise, dass es dem zuckerkranken Mädchen gesundheitlich schlecht gehe, nicht nach der 13-Jährigen geschaut haben.
Klaus Voßmeyer, Anwalt der Familie, hatte nach einem Gespräch mit dem Vater im August Anzeige erstattet. „Sonst“, sagte er auf Nachfrage, „wäre da nichts mehr passiert, die Staatsanwaltschaft wusste ja nichts“. Die Schule sei „völlig passiv geblieben“ und habe auch keinen Kontakt mit der Familie gesucht. „Da gab es bis heute keine Nachricht“, sagt Voßmeyer. Das Mädchen sei am letzten Schultag beerdigt worden. Die Mutter rede mit niemandem mehr.
Mitschüler schilderten ein dramatisches Geschehen
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Schüler und Lehrer seien vernommen worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Jan Steils. Mitschüler hatten laut früheren Angaben des Anwalts der Familie, Klaus Voßmeyer, ein dramatisches Geschehen geschildert. Das sei Grundlage für die Anzeige des Vaters bei der Staatsanwaltschaft gewesen: Demnach soll sich die 13-Jährige bereits am Ankunftstag nach dem Essen immer wieder übergeben haben.
Die Kinder hätten vergeblich versucht, einen Lehrer ausfindig zu machen. Auch nach Hinweises der Kinder am nächsten Morgen habe kein Lehrer nach der Schülerin geschaut. Als das Kind bei der Abreise am nächsten Tag zu schwach war, sich aufzurichten, wurde nach früheren Angaben des Anwalts ein Rettungswagen gerufen. Die 13-Jährige habe ein Handy mitgehabt, sei aber zu schwach gewesen, um zu telefonieren, sagte Voßmeyer. Ein Handyverbot, das das Mädchen womöglich davon abgehalten hätte, seine Eltern zu kontaktieren, habe es laut Staatsanwalt Steils nicht gegeben. Am Tag darauf, am 30. Juni, starb das Mädchen im Krankenhaus.
War Diabetes-Erkrankung der Schülerin Ursache ihres Todes?
Die aus England angeforderten medizinischen Unterlagen würden jetzt ausgewertet, sagte Steils. Dann werde entschieden, ob „weitere Maßnahmen“ notwendig seien. Möglicherweise könne der bisher noch nicht befragte Vater noch etwas zur Erkrankung seiner Tochter sagen.
Bislang sei nicht geklärt, ob die Diabetes-Erkrankung der Schülerin Ursache oder Mitursache für den Tod der Schülerin gewesen sei, teilte die Bezirksregierung Düsseldorf als Schulaufsicht mit. Laut Staatsanwaltschaft sei sicher, „dass die Diabetes-Erkrankung bei der Anmeldung des Mädchens an der Schule zur fünften Klasse angegeben worden ist“, sagte ein Behördensprecher am Donnerstag auf Nachfrage. „Auch die Lehrer, die das Mädchen unterrichtet haben, wurden von der Erkrankung in Kenntnis gesetzt“, sagte Steils am Freitag. Im Rahmen der Klassenfahrt sei das Thema bei den betreuenden Personen aber nicht nochmal explizit angesprochen worden.
Wussten die mitgefahrenen Lehrer von der Diabetes-Erkrankung?
Insgesamt waren auf der Schulfahrt etwa 70 Schüler der Jahrgangsstufen acht bis zwölf dabei, hieß es bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach. Sie wurden von vier Personen begleitet. Die Staatsanwaltschaft selbst machte keine Angaben dazu, ob die beschuldigten Aufsichtspersonen Lehrer sind. Die Bezirksregierung Düsseldorf jedoch bestätigte, dass es sich um vier Lehrer handelt.
Die Schulleiterin der Gesamtschule, auf der das Mädchen war, nahm in einer Stellungnahme aus dem September die Lehrkräfte in Schutz: „Die KollegInnen, die die Schülerinnen und Schüler nach London begleitet haben, sind höchst gewissenhaft und zuverlässig, und ich habe als Schulleiterin das vollste Vertrauen in sie.“
Nach Angaben der Bezirksregierung sind die vier Lehrer bis dato nach wie vor „im Dienst“. Die Behörde werde das Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten. (mit dpa/dae)