Essen. Gemeinsam sollen sie Millionen erbeutet haben. Doch vor Gericht gibt es keine Einigkeit mehr. Die Angeklagten belasten sich gegenseitig.

Von früherer Gemeinsamkeit und Harmonie ist keine Rede mehr. Vor dem Essener Landgericht legen mehrere Angeklagte am Mittwoch im Prozess um die Millionenbeute zwar Geständnisse ab. Zwei der Angeklagten belasten sich aber gegenseitig, werfen dem jeweils anderen Lügen vor.

Dabei harmonierten sie früher so gut. Da ist der Recklinghäuser Asier S. (25), der als Kopf der mutmaßlichen Bande von sieben Angeklagten gilt. Die Anklage wirft ihnen insgesamt 14 Straftaten vor mit einer Beute in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro.

Entscheidende Tipps für die Geldtransporte

Und da ist sein in Recklinghausen nur eine Straße entfernt wohnender Nachbar Ahmad A., der früh bei der Polizei ausgepackt und die anderen belastet hatte. Als früherer Mitarbeiter in der Security-Branche war der 45-Jährige der Mann, der entscheidend bei den lukrativen Taten mit Geldtransportern mitwirkte. Nach eigenen Angaben hatte er Asier S. Nachschlüssel für einen Geldautomaten in Werne (254.000 Euro) und einen gut gefüllten Geldtransporter in Dortmund (521.372,51 Euro) geliefert. Ohne jede Gewalttat wechselte das Geld seinen Besitzer.

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Auch der größte Coup geht auf seine Insiderkenntnisse zurück. Er schilderte Asier S. den genauen Ablauf beim Abholen der Tageseinnahmen in der Zentrale der Supermarktkette K+K im westfälischen Gronau. Asier S. musste nur noch einen VW-Bus zum täuschend echten Geldtransporter umlackieren lassen, um so gegen Quittung 1,8 Millionen Euro zu kassieren.

Tippgeber will leer ausgegangen sein

Reumütig hatte Ahmad A. sich nach seiner Festnahme gegeben. Er gestand seinen Anteil an diesen drei Taten. Leider habe er sich damals auf Asier S. eingelassen. Profitiert habe er keineswegs. Den versprochenen Beuteanteil habe er nie bekommen.

Das ließ Asier S. sich am Mittwoch nicht gefallen. Bislang hatte er geschwiegen, am Mittwoch legte er über seinen Anwalt Henner Apfel ein Geständnis zu einem Teil der Anklage ab. Darin präsentierte er sich aber keineswegs als Kopf einer Bande. Vielmehr sei er ein unbedarfter junger Mann gewesen, der vor drei Jahren von Ahmad A. angeworben worden sei. Der habe nämlich jemanden gesucht, "der bereit sei, in Sachen Geldtransporte was zu machen".

Asier S. belastet seinen Mitangeklagten

Leer ausgegangen sei Ahmad A. keineswegs, ließ Asier S. seinen Anwalt erzählen. Tatsächlich habe er jeweils einen beträchtlichen Teil erhalten. Den Geldautomaten in Werne habe A. auch selbst geleert, sei eben nicht nur der Mann im Hintergrund gewesen.

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Dies alles berichte er keineswegs, um seinen eigenen Tatanteil klein zu reden. Er wolle aber klarstellen, dass A. entgegen seiner eigenen Aussage sehr wohl "vor Ort und ganz wesentlich beteiligt war".

Nachfragen erlaubt der Hauptangeklagte nicht

Ahmad A. zeigte sich von diesen Vorwürfen geschockt. Sein Verteidiger Hans Reinhardt versuchte zwar, Asier S.' Glaubwürdigkeit zu erschüttern, doch er kam gar nicht dazu. "Nachfragen sind nicht gestattet", hatte dessen Anwalt Apfel abgewehrt.

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Ahmad A. konnte dann doch wieder sprechen. "Das ist nicht wahr. Die Vorwürfe gegen mich sind die Reaktion auf meine Aussage." Tatsächlich sei er von Asier S. angeworben worden. Er habe sich von der Aussicht auf viel Geld anlocken lassen: "Ich war schwach. Und dumm."

Ganz komplett war das Geständnis von Asier S. nicht. Dass er eine Juwelierin in Mönchengladbach brutal ausgeraubt haben soll, dazu sagte er im Grunde nichts. Auch zu möglichen Komplizen kam kein Wort. Und die vielen geplanten Überfälle, die die Anklage ihm vorwirft, hätten nie ausgeführt werden sollen. Diese Ideen habe er schon vor seiner Festnahme verworfen gehabt.