Haltern. . Die Hitze bleibt, die Waldbrandgefahr wächst. So sorgen die Männer auf den Feuerwachtürmen im Ruhrgebiet für Sicherheit.
Mitte der Woche ist es gerade noch einmal gut gegangen. „Nachmittags habe ich plötzlich eine Rauchfahne gesehen“, sagt Feuerwächter Siegfried Körner und weist mit Hand auf die Wälder unter ihm. Sofort alarmiert er Harald Klingebiel, den Revierförster des Regionalverbandes Ruhrgebiet (RVR) für die Haard, und die Feuerwehr. Mit der Patsche ist der eine gekommen, 1000 Liter Wasser haben die anderen verspritzt. Dann war es aus, das Feuer. „Das hätte schlimmer enden können“, sagt Klingebiel.
„Die Kiefer tut alles, damit es brennt“
Das kann es leider immer noch. Auf der Haard bei Haltern, wo der RVR sein größtes zusammenhängendes Waldgebiet im Ruhrgebiet hat, aber auch in allen anderen Wäldern. Denn der Sommer hat ja gerade erst angefangen. Gefährlich wird es vor allem dort, wo Kiefern wachsen. „Die Kiefer tut alles, damit es brennt“, sagt der Fort-Experte und geht in die Knie. Dort liegt, was die Kiefern abgeworfen haben in den letzten Jahren. Krumme Nadeln und Äste, Borke und Zapfen bedecken luftig und locker gelagert den Boden. „Brennt wie Zunder“, weiß Klingebiel.
Natürlich ist auch die Kiefer nicht resistent gegen Feuer. Aber wenn die Flammen Platz geschaffen haben im Wald, dann ist sie als erste wieder da, weil ihr Samen leicht und weit fliegt. Und wo das Feuer wütete, wächst sie nun um so besser, weil sie nicht mehr im Schatten anderer Baumarten steht.
Nur selbst zündeln, das kann die Kiefer nicht. Das erledigen andere für sie. Manchmal Blitze, meistens aber der Mensch. 95 Prozent aller Brände seien nicht natürlich, ärgert sich Klingebiel. Weggeworfene Zigaretten, Glasflaschen, Grillkohle, Lagerfeuer in Waldnähe oder parkende Autos auf trockenem Gras – „manche Leute denken einfach nicht nach“. Doch selbst die, die versichern, ganz vorsichtig zu sein, wissen oft nicht um die Gefahr. „Sie müssen gar keine Kippe wegwerfen“, erklärt der Förster, „schon wenn der Wind nur ein winziges Stück der gerade erst entzündeten Zigarette wegweht, kann das ein Feuer auslösen.“
Natürlich gibt es warnende Schilder und mahnende Worte. Es gibt sogar Gesetze. „Aber daran stören sich manche Leute nicht“, bedauert Klingebiel. Auch deshalb hat der RVR schon vor vielen Jahren Feuerwachtürme aufgestellt und Personal dafür eingestellt. „Saisonkräfte“, sagt der Förster. „Meistens Studenten oder Rentner.“
170 Stufen bis zur Spitze des Wachturms
Siegried Körner ist einer von ihnen. Am Morgen hat der Marler Friseurmeister im Ruhestand sich Kaffee in die Thermoskanne geschüttet, seine „Bütterkes“ geschmiert, die Kühltasche gepackt, die Zeitung unter den Arm geklemmt und ist in den Wald gefahren. Für den Feuerwachturm Rennberg ist er eingeteilt, dort wo die Haard rund 160 Meter hoch ist. 170 Stufen klettert der 72-Jährige und ist noch einmal knapp 40 Meter höher.
Rauchverbot bis Oktober
Vom 1. März bis zum 31. Oktober herrscht Rauchverbot im Wald.
Grillen oder offenes Feuer sind dort und 100 Meter vom Waldrand entfernt nicht erlaubt.
Nehmen Sie Glas und Scherben mit aus dem Wald. Der Brennglaseffekt kann Waldbrände auslösen.
Oben auf dem Stahlturm kann sich in einen nur wenige Quadratmeter großen Verschlag setzen. Ein Tisch, zwei Stühle, kleines Regal, Radio, grünes Tastentelefon aus den 80er-Jahren und neun Fenster. „Beste Rundumsicht“, sagt Körner, ist aber während seiner acht Stunden-Schicht meist draußen auf der Plattform und lässt den Blick durch sein Fernglas über die Wälder schweifen. „Ich bin einfach gerne an der frischen Luft.“ Geld gibt es dafür selbstverständlich auch – knapp 11 Euro die Stunde.
Sicht von Dortmund bis nach Düsseldorf
Lang ist der Tag, langweilig ist er nicht. Auch weil zwischendurch immer mal Leute vorbeischauen. Wanderer, Spaziergänger, Fahrradfahrer. Denn ist er Himmel klar, kann man von Dortmund bis nach Düsseldorf sehen. „Manchmal ist richtig was los hier.“ Körner freut sich über Besuch, lässt sich aber nicht ablenken. „Ich habe ja eine Aufgabe.“ Nicht jede Sekunde muss er durch den Feldstecher schauen, ausgedehnte Pausen aber sind nicht vorgesehen. „Es kann ja immer etwas passieren.“
Tut es das, greift der Feuerwächter zu einer Peileinrichtung an der Decke seiner Dreieckskabine, schaut auf eine Karte und ruft Förster und Feuerwehr an, sobald er bestimmt hat, wo es qualmt. „Wenn wir schnell vor Ort sind, können wir den Brand meistens noch in den Griff bekommen“, sagt Klingebiel. Hat sich das Feuer aber erst einmal bis in die Baumkronen gefressen, „dann wird es problematisch“.
Ist es auf der Haard bisher noch nicht geworden. Auch im extrem trockenen Sommer von 2018 ist wenig passiert. „Da habe ich auch jeden Tag eine Kerze in der Kirche angezündet“, scherzt der Förster. Soweit ist es in diesem Jahr noch nicht. Deshalb begnügt sich Klingebiel auch mit dem Wunsch nach Feuchtigkeit von oben. Kein einzelner Schauer, nicht nur ein kurzes Gewitter, sondern richtigen Regen. Für den Wald. Denn für den, sagt der Experte, „ist jeder Tag ohne Regen ein schlechter Tag“.