Essen. Das Pädiatrische Forschungsnetzwerk erforscht seltene Kinderkrankheiten. Denn immer noch werden Medikamente vor allem für Erwachsene entwickelt.
Der zweijährige Lennart rennt durch die Flure der Ambulanz am Universitätsklinikum Essen. Vor einer mit Fischbildern beklebten Tür bleibt er stehen, zeigt auf die Tiere und strahlt über seine vom Laufen geröteten Wangen. Dass der Junge nun wieder so munter durch die Gegend flitzt, war bis vor kurzem noch nicht vorstellbar: Im Herbst letzten Jahres wollte er plötzlich nicht mehr rennen, wirkte schlapp und war blass. Als seine Mutter mit ihm zum Arzt ging, war die Diagnose ein Schock: Denn es war keine Grippe, sondern Krebs.
Acht lange Monate ist der Junge auf der Kinderstation. Dort bekommt er eine Chemo-Therapie, um gegen die Leukämie zu kämpfen. Inzwischen ist er zwar entlassen, wird aber weiterhin ambulant behandelt. Denn als geheilt gilt er noch nicht. Aber immerhin darf jetzt wieder in den Kindergarten, kann zuhause mit seinem Bruder toben und eben das tun, was ein Junge in dem Alter gerne macht.
Pädiatrische Forschungszentrum in Essen erforscht Krebs
Dass es Lennart heute wieder deutlich besser geht, dazu hat auch das Pädiatrische Forschungszentrum in Essen zu beigetragen. Die gemeinnützige Institution erforscht Krebs sowie andere seltene, bösartige Kindererkrankungen und versucht so, die Situation der kleinen Patienten zu verbessern. „Noch in den 70er-Jahren waren kindliche Tumorerkrankungen unheilbar. Kinder sind daran gestorben“, sagt Geschäftsführerin Katharina Waack-Buchholz.
Inzwischen seien die Heilungschancen zwar drastisch gestiegen, allerdings seien Kinder als Patienten für die Pharmaindustrie weiterhin wenig lukrativ. „Medikamente werden erst mal grundsätzlich für Erwachsene entwickelt“ sagt Waack-Buchholz. Denn die Zahl der neu erkrankten Kinder falle dafür im Jahr zu gering aus.
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„Doch gerade diese besonders schützenswerte Patientengruppe hat ein Recht darauf, eine moderne Therapie zu bekommen“, findet Waack-Buchholz. Daher setzt sich die Akademische Forschung dafür ein, dass erkrankte Kinder richtig versorgt werden. Aus so einer Arbeitsgruppe ist auch das Pädiatrische Forschungsnetzwerk 2017 hervorgegangen. „Nichtsdestotrotz gibt es immer noch viele Kinder, die an ihrer Krebserkrankung sterben“, sagt die Geschäftsführerin des Forschungsnetzwerks. Deshalb arbeitet sie zusammen mit ihren Mitarbeitern verstärkt an sogenannten „Therapieoptimierung-Studien“.
Über Therapien bei Kindern ist noch wenig bekannt
Forschungsnetzwerk organisiert Spenden-Gala
Das meiste Geld bekommt die gemeinnützige Organisation aus Forschungsanträgen. Bei nicht hart wissenschaftlichen Projekten sind sie aber auf Spenden angewiesen.
Am 6. Juli findet daher auf Zeche Zollverein in Essen eine Charity-Gala des Pädiatrischen Forschungsnetzwerkes statt. An dem Abend sollen Spenden gesammelt werden, um kleinere Projekte zu finanzieren.
Dazu zählen psychosoziale Projekte, die u.a. Sportfreizeiten für kranke Kinder organisieren oder Infrastruktur-Projekte, die ermöglichen, dass kranke Kinder zuhause versorgt werden können.
Denn wann immer ein Kind in Deutschland an Krebs erkrankt, wird es im Rahmen einer solchen Studie behandelt. Diese werden von Ärzten zusammen mit dem Pädiatrischen Forschungsnetzwerk entwickelt, um Behandlung, Überlebenswahrscheinlichkeit und Lebensqualität der schwer kranken Kinder zu verbessern. Denn, so Waack-Buchholz, man wisse bei Kindern nicht viel über die Wirksamkeit der Therapien.
So würden etwa Medikamente bei Kindern das erste Mal systematisch getestet. Andere Studien überprüfen aber auch die Kombination, Dosierung oder die Wirksamkeit bestehender Arzneimittel: „Wir haben eines, das seit 20 Jahren gegeben wird. Aber kein Mensch weiß, ob es wirklich hilft. Wir schauen jetzt zum ersten Mal systematisch, ob es wirkt und welche Nebenwirkung es gibt.“
Das mit den neuen Studien könne manchmal aber auch „extrem frustrierend“ sein, sagt Waack-Buchholz, „weil niemand vor Beginn sagen kann, ob die Studie besser oder schlechter als die alte Therapiemaßnahme ist.“ So gebe es immer wieder Situationen, in denen eine Idee nicht aufgeht, obwohl vorher vorher alles für die neue Studie gesprochen habe. Trotzdem sei es natürlich extrem wichtig, nicht aufzugeben – damit auch andere wieder so fröhlich toben können wie Lennart.