Essen. Die meisten Erdbeerfelder sind frei zugänglich. Manche nutzen das aus und stehlen die roten Früchte: in kleinen oder in sehr großen Mengen.
Eines Nachts vor etwa fünf Jahren klingelte bei Christiane In der Beeck-Bolten das Telefon. Der Nachbar rief an. Er hatte beobachtet, dass sich auf ihrem Feld dunkle Gestalten zu Schaffen machten. „Etwa 20 Leute müssen das gewesen sein“, sagt Christiane In der Beeck-Bolten. „Da wurde im großen Stil geklaut.“ Das Diebesgut: nicht etwa teure Gerätschaften oder Nutzfahrzeuge, nein, Erdbeeren. Und diese Nacht war kein Einzelfall.
Etwa 70 Prozent ihres Einkommens erwirtschaftet der Mülheimer Familienbetrieb In der Beeck durch das Erdbeergeschäft. Verkauft sie im eigenen Hofladen, an Verkaufsständen oder bietet sie zum Selbstpflücken auf den Erdbeerfeldern nahe ihres „Dümptener Bauernhofes“ an. „Was da alles nach den Öffnungszeiten oder nachts passiert, kann man nur schwer einschätzen“, sagt Betreiberin In der Beeck-Bolten.
Ernten ohne zu bezahlen und aggressives Verhalten
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Sabrina Beumer von Beumers Hof in Duisburg hat Ähnliches zu berichten: „Das haben wir jedes Jahr mal wieder, dass uns was vom Feld weggeklaut wird.“ Manchmal sind es Einzelpersonen, die zum Selbstpflücken kommen und dann wieder verschwinden, ohne zu bezahlen. Manchmal sind es ganze Gruppen, die neben den eingestellten Erntehelfern auffallen, weil sie sich seltsam verhalten. „Es ist uns auch schon passiert, dass sie uns gegenüber aggressiv wurden, als wir sie zur Rede gestellt haben“, erzählt Beumer. „Das regt mich unheimlich auf. Ich gehe ja auch nicht zu anderen in den Garten und nehme mir da einen Kohlkopf mit.“ Jedoch: Ein Stück weit müsse man das einfach hinnehmen.
Muss man? „Offiziell kann und sollte man da natürlich immer Anzeige erstatten“, sagt Christoph Wickhorst, Pressesprecher der Polizei Essen. Die Staatsanwaltschaft werde dann entscheiden, ob sie den Fall verfolgt oder nicht, ob der Betrag des Verlustes eine Verfolgung rechtfertigt. Bei gezieltem Diebstahl in großem Stil, so wie er Mitte Mai im rheinlandpfälzischen Lambsheim stattgefunden hat, sei das aber sinnvoll und notwendig.
„Es darf gern genascht werden“
Gegen Naschen hingegen habe niemand etwas, sind sich die Landwirtinnen In der Beeck-Bolten und Beumer einig. Das müsse von den freiwilligen Selbstpflückern, die während der Öffnungszeiten kommen, auch nicht extra bezahlt werden. Nach den Öffnungszeiten ist auf dem Hof von Sabrina Beumer eine Vertrauenskasse aufgestellt. „Bei schönem Wetter kommen manchmal noch abends um halb zehn Leute hier vorbei und stecken etwas hinein für ihre gepflückten Erdbeeren.“ Manchmal sei das weniger als der reguläre Betrag, manchmal aber auch mehr. „Das gleicht sich dann schon aus“, sagt Beumer.