Recklinghausen. . Noch sind E-Tretroller nicht zugelassen, Anbieter drängen aber bereits auf den Markt – auch im Ruhrgebiet. Warum Scooter so viel Spaß machen.

Den rechten Fuß aufs Trittbrett, mit dem linken einmal Schwung holen, mit dem Daumen den Gashebel am Lenker nach vorne schieben und los geht die Fahrt: Mit einem kaum wahrnehmbaren Summen beschleunigt der Tretroller innerhalb von nur wenigen Metern auf knapp 20 Kilometer pro Stunde. Obwohl der Weg asphaltiert und die Strecke gerade ist, fühlt sich das ganz schön flott an. Aber schon nach einer kurzen Strecke macht die Fahrt mit dem elektrisch angetriebenen Gefährt wirklich Spaß.

Alice Schlautmann hat das E-Scooter-Startup „e-Jola“ gegründet und hofft auf die Zulassung der Roller.
Alice Schlautmann hat das E-Scooter-Startup „e-Jola“ gegründet und hofft auf die Zulassung der Roller. © Lars Heidrich

Kein Wunder, dass Tretroller-Fans auch im Revier ungeduldig darauf warten, ob der Bundesrat den Scootern den Weg auf die Straßen freimacht. Eine von ihnen ist Alice Schlautmann. Zusammen mit ihrem Mann Christian Immick setzt sie große Hoffnungen in die Elektrokleinstfahrzeuge: „Jeder kann damit fahren. Wer es einmal probiert hat, will es wieder machen“, sagt Schlautmann. Anfang des Jahres gründeten die beiden deshalb ihr eigenes Start-Up „e-Jola“. Aus ihrer Garage in Recklinghausen verkaufen sie verschiedene Varianten der E-Roller über das Internet. Weil das Geschäft so gut anrollt, eröffnen sie im Juni einen Laden in Oer-Erkenschwick.

Lange Schlange bei der Zulassungsbehörde

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„Anfang Juni werden die ersten E-Scooter auf die Straßen kommen“, ist auch Lars Zemke, Vorsitzender des Bundesverbands für Elektrokleinstfahrzeuge, überzeugt. Ein Optimismus, den seinen Beobachtungen nach auch die Hersteller teilen. Schon jetzt sei die Schlange vor dem Kraftfahrtbundesamt, das den Rollern die für den Straßenverkehr notwendige Betriebserlaubnis erteilen muss, lang. Dabei wird der Bundesrat erst am 17. Mai darüber abstimmen, ob die Fahrzeuge auf Straßen und Radwege dürfen. Der Gehweg wird für sie tabu sein, wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer am Dienstag mitteilte. „Das begrüßen wir sehr“, sagt Zemke. Auch, weil ein „Ja“ der Politiker damit wahrscheinlicher werde.

Die Zahl der Anbieter wächst

Goflash ist nicht allein auf dem Feld der E-Scooter. „Die Anbieter Bird und Lime bekamen Hunderte Millionen Dollar Wachstumskapital, wurden mit Milliarden bewertet und expandierten aggressiv, auch nach Europa“, heißt es im Manager Magazin. In Deutschland erhielt Ende Oktober Tier Mobility 25 Millionen Euro für sein Vorhaben, E-Tretroller zu verleihen.

Fragen wirft auch das Leihmodell auf: Sind die Roller haltbar genug, um ihren Anschaffungspreis wieder hereinzurollen? Auch Vandalismus und Diebstahl spielen eine Rolle. Gadowski sagte dem Manager Magazin, dass er besonders robuste Roller auf die Straße bringen wolle.

Nicht nur Hersteller und Händler warten auf eine Entscheidung. Sharing-Anbieter wollen ebenfalls den deutschen Markt mit ihren Rollern erobern. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit weiteren Städten hoffentlich ganz bald auch in Deutschland“, sagt eine Sprecherin von Bird. Das Unternehmen bietet Tretroller zum Teilen bereits in Großstädten wie Paris, Brüssel und Wien an. Für welche deutschen Städte Bird Expansionspläne hat, wird zwar nicht verraten, offenbar plant die erste Revierstadt aber bereits, Roller auf die Straßen zu bringen. Duisburg sei aktuell mit zwei Anbietern im Gespräch, teilt eine Sprecherin auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Im benachbarten Düsseldorf gibt es schon konkretere Pläne: Bis zu 3000 E-Scooter könnten dort bald im Stadtgebiet zum Ausleihen bereitstehen.

Strenge Regeln für Sharing-Anbieter gefordert

„Ab 500.000 Einwohnern werden Städte für Anbieter interessant“, schätzt Zemke. Das Ruhrgebiet eigne sich als Ballungsraum jedoch ebenso, um Sharing-Konzepte umzusetzen. Dabei sei es wichtig, strenge Rahmenbedingungen zu schaffen. Etwa Abstellplätze festzulegen. Nur so können verhindert werden, dass Roller überall in der Stadt achtlos am Straßenrand liegengelassen werden, wie es in anderen europäischen Metropolen immer wieder zu sehen ist.

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Angst vor Konkurrenz durch Sharing-Anbieter haben Alice Schlautmann und ihr Mann nicht. „Wir haben verschiedene Zielgruppen. Pendler werden auf Dauer eher kaufen, Touristen lieber leihen“, sagt sie. Außerdem könnten Anfänger vor der Anschaffung eines etwa 700 Euro teuren Rollers mit einem Leihfahrzeug testen, ob ihnen das Gefährt liege. Vor spontanen Probefahrten warnt Zemke allerdings: „Man sollte nicht morgens um halb sieben auf dem Weg zum Büro das erste Mal üben.“ Um sicher auf der Straße unterwegs zu sein, brauche es etwas Routine. Außerdem sollte immer mit Helm gefahren werden, auch wenn eine Helmpflicht zunächst nicht vorgesehen ist.

Holprige Fahrt auf unebener Fahrbahn

Geländetauglich ist der Roller mit den kleinen Rädern nur bedingt.
Geländetauglich ist der Roller mit den kleinen Rädern nur bedingt. © Lars Heidrich

Ein plötzlich auftauchendes Schlagloch oder etwas Schotter können Roller und Fahrer schon ganz ordentlich aus dem Gleichgewicht bringen. Gerade bei höheren Geschwindigkeiten und auf holprigem Untergrund ruckelt der Scooter nämlich merklich. Und auch der Bremsweg ist nicht zu unterschätzen, wie ein kurzer Test mit quietschenden Reifen beweist. Gut, dass der linke Fuß reflexartig auf dem Boden mitgebremst hat...

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