Ruhrgebiet. . In der Deutschland-Studie des ZDF schnitt das Revier desaströs ab. An Familientatlas und Seniorenatlas wollen die Städte nun nicht teilnehmen.

Das Ruhrgebiet möchte auf den Landkarten des ZDF nicht mehr vorkommen, nachdem die Region bei einer Studie zur Lebensqualität 2018 schlecht abgeschnitten hatte. Die Oberbürgermeister und Landräte wollen dem öffentlich-rechtlichen Sender eine Absage erteilen zu einer Umfrage für zwei neue Ranglisten, den „Familienatlas“ und den „Seniorenatlas“.

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Die Morgensonne über dem Schellenberger Wald mit Blick auf den Baldeneysee am Samstag den 10.14.2017. Vom Jagdhaus Schellenberg aus fotografiert Foto: Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Services
Von Thomas Mader, Peter Szymaniak, Inge Ansahl,

In dem Boykottschreiben, das unserer Redaktion als Entwurf vorliegt, heißt es: „Die teils heftigen Debatten der zurückliegenden Monate nach Veröffentlichung der ,Deutschland-Studie’ haben uns nicht nur keine neuen Erkenntnisse geliefert; sie haben uns hier in der Region auch nicht weiter gebracht ... Wir sind nicht der Überzeugung, dass wir uns an einer Studie beteiligen sollten, deren negatives Ergebnis ... absehbar und teilweise systematisch begründet ist.“

Sonderregion mit Sonderstatus?

Die Stadtoberhäupter führen Beispiele an, die in der Vorgängerrangliste vom Mai 2018 ungerecht gewesen seien: Bei der Hausarztversorgung war das Ruhrgebiet bis Anfang 2018 eine „Sonderregion“: Aufgrund der hohen Städtedichte sollte ein Hausarzt mehr Patienten versorgen als in Räumen, wo die Wege weiter sind. Diese Vorgaben der Region anzulasten, halten die Stadtchefs für fragwürdig. Die Hausarztdichte soll bis 2028 steigen bis zum Bundesschnitt.

Im Bereich „Freizeit und Natur“ belegte Hagen, die waldreichste Großstadt in NRW, nur Platz 321 von 401. „Das ist so nicht vermittelbar“, heißt es in dem Entwurf. „Welchen sinnvollen Bezug die einfließenden Indikatoren Wahlbeteiligung und Ganztagsbetreuungsquote für Kinder haben, ist schlicht nicht zu erkennen.“

Durchweg hintere Plätze

Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski.
Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski. © Martin Möller

In der ZDF-Deutschland-Studie, für die das Umfrage-Institut Prognos alle 401 Städte und Kreise bundesweit verglich, belegten die Revierstädte durchweg hintere Plätze. Oberhausen: 398. Duis­burg: 399. Herne: 400. Gelsenkirchen: 401. Nur der Ennepe-Ruhr-Kreis kam über 350. Die Statistiker hatten 53 Indikatoren zu Arbeit und Wohnen, Gesundheit, Sicherheit, Freizeit und Natur verglichen.

Noch ist der Brief nicht abgesendet. Das ZDF wollte darum am Freitag keine Stellung nehmen. Einer, der unterschrieben hat, ist Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD). Seine Stadt hatte 2018 am schlechtesten abgeschnitten. „Wir haben uns das angeschaut: Da haben wir gar keine andere Chance, als schon wieder auf den letzten Plätzen zu landen“, sagt Baranowski. „Wir wissen von der hohen Langzeitarbeitslosigkeit. Aber ich frage mich noch immer, welchen Einfluss das auf die Lebensqualität hat.“ Wenn Prognos und das ZDF das anders sehen, sollten sie ihre Studien machen – „aber dann ohne uns.“