Köln. In Köln wurden am Mittwoch 2300 neue Polizisten und Polizistinnen vereidigt. Manche Eltern schwankten dabei zwischen Stolz und Sorge.
Sie kommen von allen Seiten und haben die Pferdestaffel und die Suchhunde mitgebracht. Wasserwerfer sind aufgefahren, Hubschrauber gelandet, Sondereinsatzkommandos legen ihre Ausrüstung an. Und Tausende Polizisten und Polizistinnen sind vor der Kölner Lanxess-Arena aufgezogen. „Razzia“, vermutet ein älterer Herr bei seinem Morgenspaziergang und zwei Teenager glauben: „Bestimmt wieder eine Großdemo.“ Beides falsch: In der großen Veranstaltungshalle werden an diesem verregneten Morgen 2300 Kommissaranwärter vereidigt. Und die Kollegen nutzen die Gelegenheit, um den Familien des Nachwuchses mal zu zeigen, was sie so alles zu bieten haben.
Eltern zwischen Stolz und Sorge
Drinnen spielt das Landesmusikorchester der Polizei Nordrhein-Westfalen ein James-Bond-Medley, während sich die Ränge schnell füllen. Eltern, Geschwister, Großeltern und Freunde – so viele sind gekommen, dass es am Ende gut 10.000 Menschen sind, die bei diesem feierlichen Augenblick dabei sein wollen. „Ich muss bestimmt weinen“, ahnt eine Mutter und kann gar nicht so recht sagen, warum. „Natürlich bin ich stolz auf meine Tochter, aber selbstverständlich mache ich mir auch Sorgen um mein Kind. Ist ja nicht ganz ungefährlich, dieser Beruf.“
Grundsätzlich nicht, an diesem Tag schon. Zu den Dudelsack-Klängen von „Highland Cathedral“ ziehen die jungen Männer und Frauen – nach Herkunftsstädten geordnet – von allen Seiten ein. Da ist Dortmund, ein Stück weiter hinten kommt Duisburg, und Gelsenkirchen sitzt schon. Suchende Blicke gehen von unten ins weite Rund, aber kaum jemand kann seine Familie entdecken. Von oben ist es einfacher. „Timo“, schallt es vom Oberrang, „huhu“. Aber Timo hört nicht. Vielleicht will er auch nicht hören.
Programm von Polizisten für Polizisten
Dann gibt es ein buntes Programm. Von Polizisten für Polizisten. Die einen können singen, die anderen tolle Sachen mit dem Motorrad machen. Die Stimmung ist entspannt, auf den Rängen herrscht gute Laune. Das macht es einfach für NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Sie würden, erinnert er die Anwärter in seiner kurzen Rede, bei ihrer Vereidigung versprechen, Leib und Leben für andere einzusetzen. „Das sagt sich so einfach“, findet Laschet. Aber Menschen, die es an Wertschätzung für Polizisten fehlen ließen, „sollen es sich mal einen Tag vorstellen, was es bedeutet, einen solchen Dienst zu leisten.“ Von den Rängen kommt Applaus.
Den kriegt auch NRW-Innenminister Herbert Reul. Polizist zu sein „ist kein Job, es ist ein Auftrag“, sagt er. Allerdings kein einfacher. Ewig dauernde Großeinsätze, schwierige Ermittlungen, tragische Unfälle, „es wird Tage geben, da werden sie an ihre Grenzen stoßen“, gibt er den jungen Männern und Frauen mit auf den Weg. „Und sie werden auch Fehler machen“, sagt Reul weiter. Aber mit solchen Fehlern müsse man transparent umgehen. „Transparenz ist der Schlüssel zur Glaubwürdigkeit, und nur mit Glaubwürdigkeit gewinnt man Vertrauen“, mahnt Reul. Dazu gehöre es auch, Fehler anderer zu benennen und sich nicht hinter einer „falschen Kameradschaft“ zu verstecken, fordert er anschließend, und unausgesprochen schwebt in diesem Moment natürlich das Wort Lügde durch das weite Rund der Arena.
Am Ende fliegen die Mützen
Nach gut zwei Stunden ist dann der große Moment gekommen. Die Mützen aufgesetzt, die rechte Hand erhoben, werden die Neuen von Martin Lotz, Leitender Polizeidirektor und in der Domstadt Chef der Direktion Gefahrenabwehr, vereidigt. „Willkommen im Team“, sagt Lotz anschließend. Und spätestens da kullern im Publikum hier und da ein paar Tränen.
Ganz am Ende und angelehnt an Abschussfeiern amerikanischer Universitäten fliegen dann die Mützen. „Drei, zwei, eins – los“, heißt es von der Bühne und schon segeln im Parkett die Kopfbedeckungen durch die Luft, um kurz danach schnell wieder eingesammelt zu werden. „Jetzt wissen sie auch, warum es so wichtig ist, seine Dienstkleidung mit Namen zu versehen“, sagt die Beamtin, die das Kommando gegeben hat.
Ausbildung geht noch fast zwei Jahre weiter
Draußen gibt es anschließend Glückwünsche von Freunden und Bekannten. Fotos werden geschossen, erste kurze Videos der vergangenen Stunden gezeigt. „Schöne Feier“, sagen fast alle und wollen an diesem Tag nicht daran denken, das es auch andere Tage geben wird für sie und ihre Kinder. Und wer dann fragt, was die jungen Frauen und Männer in den Polizeiberuf gezogen hat, der bekommt Antworten wie „krisensicher“, „gute Kameradschaft“ oder „Gerechtigkeitssinn“ zu hören.
Gut zweieinhalb Jahre wird die Ausbildung nun weitergehen. Polizeischule, Wach- und Wechseldienst, Hundertschaft – „ich bin gespannt“, sagt Malte (19). Und sein Nebenmann gibt zu: „Wie hart dieser Job manchmal sein kann, können wir uns wahrscheinlich noch gar nicht so richtig vorstellen.“ Das hat auch ein junger Beamter, der seine Ausbildung gerade abgeschlossen hat, den Neuen mit auf den Weg gegeben. „Eine Uniform zu tragen“, hat er erkannt, „ist etwas völlig anderes, als eine Uniform auszufüllen.“
>> Info: Die Ausbildung zum Polizisten
Seit 2017 stellt die Landesregierung jedes Jahr 2300 Polizeianwärterinnen und -anwärter ein. Ab Herbst 2019 werden es sogar 2500 sein.
Sie absolvieren ein duales Bachelor-Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV).
Die Ausbildung dauert drei Jahre. Neben der Theorie werden die Studenten auch in Polizeibehörden eingesetzt.
Dabei gehen die neuen Kommissarinnen und Kommissare für ein Jahr in den Streifendienst, teilweise auch in eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei.
Wer sich für den Polizeiberuf interessiert, findet weitere Informationen unter www.genau-mein-fall.de.