Essen. . Brennende E-Autos, warnen Experten, stellen Feuerwehren vor neue Probleme. Doch vor allem im Ruhrgebiet haben die Retter einige Vorteile.
Die Zahl ist noch klein, aber sie wächst. Mehr als 35.000 Elektroautos sind 2018 in Deutschland zugelassen worden. Sollte eines von ihnen durch einen technischen Effekt oder einen Unfall Feuer fangen, warnen Experten, sei es kaum zu löschen. „Schwierig sei das“, bestätigen die großen Feuerwehren im Revier, aber dennoch machbar. Vor allem im Ruhrgebiet.
Natürlich kennt Christian Schwarze, Vorsitzender des Fachausschusses Technik der Deutschen Feuerwehren, die Geschichten, die kursieren über brennende E-Autos. Von den Kameraden in Steinhagen, die erst Quarzsand im Baumarkt holen mussten, weil ihr Wasservorrat nicht ausreichte. Oder davon, dass sich der Akku aufgrund innerer Beschädigungen auch Tage nach dem Unfall noch entzünden kann. Weshalb E-Unfallautos nur im Freien gelagert werden dürfen, nachdem ein Fachmann die elektrischen Komponenten deaktiviert und untersucht hat. Es sei denn, die Feuerwehr hat das Wrack – wie in Reutlingen geschehen – in einer mit Wasser gefüllte Mulde versenkt, um sicher zu sein, dass das Feuer nicht wieder aufflammt.
Es sind bislang nur Einzelfälle
„Das sind allerdings“, sagt der Leitende Branddirektor, „bisher Einzelfälle.“ Aber natürlich, sagt Schwarze auch, sei die Arbeit der Feuerwehr nicht einfacher geworden durch die neue Antriebsart, „Früher mussten wir wissen, wo ist die Batterie des Autos, heute fragen wir uns, wie viele Batterien hat der Wagen überhaupt.“ Martin Weber, Leiter der Abteilung Technik bei der Feuerwehr Bochum, kennt solche Probleme. „Zum Glück können wir auf Rettungsdatenblätter zurückgreifen“, sagt er. Kurz das Kennzeichen des Autos ins Tablet eingegeben, dann spuckt eine Datenbank aus, auf was zu achten ist, wenn so ein Modell in einen Unfall verwickelt ist. Wo man am besten die Rettungsschere ansetzt oder ob der Wagen durch Benzin, Gas oder Strom angetrieben wird.
Das Problem bei E-Autos: Eine brennende Batterie-Zelle heizt ihre Nachbarzellen auf, bis diese ebenfalls anfangen zu brennen. „Thermisches Durchgehen“ (Thermal runaway) nennen Fachleute das und haben meist die gleiche Lösung, um es zu unterbinden. „Viel Wasser“, sagt Schwarze. Tesla etwa empfiehlt 11.000 Liter für seine Fahrzeuge. „Klingt einfach“, sagt André Lüddecke, Sprecher der Dortmunder Feuerwehr. „Es gibt aber abgesehen von Flughafen-Feuerwehren kaum eine Stadt, die so ein Fahrzeug besitzt. Unser größtes fasst 5000 Liter.“
Beunruhigt ist Lüddecke deshalb allerdings ebenso wenig, wie sein Bochumer Kollege Weber. „Die Wehren“, sagt er, „helfen sich ja gegenseitig.“ Und Weber ergänzt: „Fast nirgendwo in Deutschland ist das Netz an Berufsfeuerwehren so dicht wie im Ruhrgebiet.“ Was eine allein nicht schafft, ist für zwei oder drei meist kein Problem. „Zudem können wir ja auch pendeln mit unseren Löschwagen“, sagt Weber.
Hydranten sind im Revier fast überall erreichbar
Hinzu kommt laut Lüddecke noch ein weiterer Vorteil. Durch die urbane Struktur der Region gibt es fast immer Zugang zu einem der vielen Hydranten. „Da ist die Wassermenge nahezu unendlich“, weiß der Sprecher aus Dortmund. Selbst die eigentlich hydrantenlosen Autobahnen laufen oft parallel zu alten Bundesstraßen oder sogar durch Stadtgebiete. „Aus bis zu 3,5 Kilometern Entfernung können wir Wasser aus Hydranten heranführen. Bisher war das wegen eines brennenden E-Autos allerdings nicht nötig.“
Denn bisher hat im Ruhrgebiet überhaupt noch kein E-Auto gebrannt. Auch bundesweit existiert keine Statistik wie viele Elektro-Autos in Rauch aufgehen. Laut ADAC ist die Brandgefahr bei Fahrzeugen mit Elektromotor nicht höher, als die bei Autos mit Verbrennungsmotor. Technische Defekte seien selten die Ursache, so ein Sprecher, „nur bei gravierenden Materialfehlern“. Auch gegen die Auswirkungen von Unfällen seien Elektroautos gut gesichert, wie Crash-Tests gezeigt hätten.
Christian Schwarze hält das Problem dann auch für „überschaubar“. „Es gibt“, sagt er, „1000 andere Dinge, die mir als Feuerwehrmann derzeit mehr Sorgen machen.“ Die Feuerwehren hätten es bisher immer geschafft, sich auf neue Technologien einzustellen. Ganz ausschließen aber, dass das Problem mal größer wird, kann Schwarze natürlich nicht. Dafür ist er zu lange dabei, hat zu viele „obskure Sachen erlebt“, die eigentlich nicht hätten passieren dürfen. So wie die meisten Feuerwehrmänner. Deshalb halten sie es wie James Bond. „Sie werden, sagt Schwarze, „niemals einen Feuerwehrmann finden, der nie sagt.“
>> Info: Titan hilft bedingt
Feuerwehr, ADAC und Dekra sind sich einig: Dass Autos bei Unfällen in Brand geraten, ist äußerst selten. Eher sind technische Defekte die Brandursache.
Der Autohersteller Tesla hat nach Bränden reagiert und schützt die Batterien seit 2013 durch einen Titanpanzer. Der hilft, aber nicht in allen Fällen.