Düsseldorf. Die Taxifahrer sind auf dem Baum, denn der Bundesverkehrsminister will den Markt für Uber öffnen. Doch was kann der Fahrdienst wirklich?

Ein Klick und man ist umzingelt von Uber-Autos. Wie die Haie umzirkeln sie einen, doch man nimmt sie erst wahr, wenn ihre Heckflossen auf dem Telefon-Bildschirm auftauchen. Auf einer Karte sehen wir sechs Auto-Symbole, die sich durch Düsseldorf bewegen – eine von nur vier deutschen Städten, in denen der umstrittene Mobilitätsdienst Uber wieder Fuß fassen will. UndBundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) assistiert, will „den Markt liberalisieren“ bis 2021, was die Taxifahrer aufbringt: Denn Uber könnte ihnen diesmal ernsthaft Konkurrenz machen. Oder ist es schon heute eine? Wir fahren den Vergleich.

Lassen wir uns doch zur Uber-Zentrale bringen, vom zentralen Stadtteil Flingern bis zur Königsallee sind es 3,1 Kilometer. In drei Minuten, sagt die Telefon-App, sei ein Uber bei uns, 8,28 Euro soll die Fahrt kosten – der Preis ist fix, plötzliche Staus sind das Risiko des Anbieters. Zum Vergleich ein Blick auf die App „MyTaxi“: Huch, so viele gelbe Auto-Symbole! Wie die Bienen ... 1300 Taxis fahren in Düsseldorf, wie viele Ubers es sind, sagt das Unternehmen nicht; Taxifahrer schätzen: rund 50.

Uber schickt einen Hybridflitzer

Die Uber-App zeigt uns sechs Fahrzeuge in unserer Nähe.
Die Uber-App zeigt uns sechs Fahrzeuge in unserer Nähe. © Lars Heidrich

„Rachid ist bald da, und zwar in einem Toyota Auris Touring Sports“, teilt die Uber-App mit. Und tatsächlich fährt Rachid mit kleiner Verspätung nach sechs Minuten vor, schick der weiße Hybridflitzer, nagelneu und komfortabel ausgestattet. Vor drei Wochen erst hat ein Freund ihn zu Uber gebracht. „Ich bin total glücklich“, sagt Rachid mit leicht rheinischem Zungenschlag. „Ich muss keine Kunden suchen wie ein Taxifahrer und ich habe nichts mit Bargeld zu tun.“ Bezahlt wird per App – was mit „MyTaxi“ genauso funktioniert. Einzig die Taxifahrer „machen Stress“, berichtet unser Fahrer. „Die kennen ja inzwischen unsere Autos. Aber wenn ich angemacht werde, rufe ich sofort die Polizei.“

Neben der Kö steht der Glaspalast GAP 15, Designermöbel in der Lobby, kein Schild weist zu dem Büro von Uber in der zweiten Etage. Aber es gibt auch nicht viel zu sehen, außer zwei telefonierenden Männern in zwei zweckmäßig netten Räumen. Die Adresse ist groß, aber Über fängt klein von neuem an. Den ersten Angriff auf den Taxi-Markt hatte ein Gericht im Mai 2015 nach nur wenigen Monaten gestoppt. Die Fahrer waren ohne Lizenz unterwegs und die Kampfpreise subventioniert, das Angebot war wettbewerbswidrig. „Das alte Modell funktioniert in Deutschland nicht“, sagt Uber-Sprecher Tobias Fröhlich. „Heute halten wir uns konsequent an alle Regeln. Unser Ansatz ist sehr kooperativ. Wir reden mit allen relevanten Partnern in den Städten.“

Von seinem Büro in Düsseldorf aus wirbt Uber um Fahrer. Aber das US-Unternehmen stellt nicht selbst an, es führt die Angeworbenen seinen Partnern zu. Dies sind „Mietwagenunternehmen“, die oft schon länger Chauffeur- oder Shuttledienste angeboten haben und nun mit Hilfe der Vermittlung von Uber auf den Taxi-Markt zielen. Uber bietet aber auch seine Hilfe an, wenn jemand selbst Mietwagenunternehmer werden will. „Richtige Ein-Mann-Betriebe gibt es aber nur extrem selten“, sagt Uber Sprecher Tobias Fröhlich am Telefon. Das sei nicht wirtschaftlich. „Oft fangen die Partner mit zwei oder drei Autos und Angestellten an.“

„Es gilt der Mindestlohn“

Rachid zum Beispiel ist bei „SafeDriver Ennoo“ angestellt. Wie alle Uber-Fahrer hat er einen Personenbeförderungsschein, seine Ausbildung unterscheidet sich von der eines Taxifahrers nur darin, dass er keine Ortskundeprüfung ablegen musste. Wie viel die Fahrer verdienen, sei unterschiedlich, sagt Fröhlich. „Für alle Angestellten gilt der Mindestlohn“. Aber die Partner fänden kaum jemanden, der dafür fährt.“ SafeDriver Ennoo zahlt den Fahrern nach eigener Auskunft bis zu 12,25 Euro die Stunde plus Trinkgeld, was etwa 200 Euro im Monat ausmachen kann.

Taxifahrer Abderrahim Shahid: „Die fahren doch alle mit Navi.“
Taxifahrer Abderrahim Shahid: „Die fahren doch alle mit Navi.“ © Lars Heidrich

Wir haben vor der Fahrt mit Rachid auch auf die App der Konkurrenz geschaut. Mit 10 bis 13 Euro war der Fahrpreis bei „MyTaxi“ angegeben, einem Vermittlungsdienst von Daimler, der bald mit den Car-Sharing-Diensten Car2Go und DriveNow zur neuen Marke „Free Now“ fusionieren wird. Aber endgültig legt den Preis erst das Taxameter fest, nach den von den Lokalpolitikern vorgegebenen stadtweit gültigen Sätzen, die in Düsseldorf höher liegen als in Paris oder London. Für die Rückfahrt nutzen wir jedoch nicht die App, da ein Taxi gleich vor der Tür steht. 16,20 Euro wird die Fahrt kosten, doch wir geraten in einen Stau, unser Risiko; unser Fahrer Abderrahim Shahid schätzt, dass es ohne Verzögerung 13 Euro gewesen wären.

Uber ist also günstiger, meist um ein gutes Drittel, in diesem Fall deutlich mehr. Wie machen die das?

„Indem unsere Vermittlungstechnologie die Auslastung verbessert“, sagt Uber-Sprecher Tobias Fröhlich. Die läge bei etwa 50 Prozent. Laut einer Studie in Berlin sind Taxis nur gut ein Viertel der Zeit besetzt.

Zweifel an der Geschichte

Dennis Klusmeier von der Taxi-Innung Düsseldorf hat versucht nachzurechnen, „aber wir kommen nicht dahinter“. Er mutmaßt, dass Kleinunternehmer Wartung und Reparaturen nicht auskömmlich kalkulierten und den Mindestlohn nicht einhalten würden. Auch verweist Klusmeier darauf, dass Uber bislang Verluste einfährt und somit indirekt jede Fahrt bezuschusse. Der Verlust betrug im zweiten Quartal 2018 immerhin 659 Millionen Dollar bei einem Umsatz von 2,7 Milliarden. Uber plant einen Börsengang in den nächsten Monaten.

„Die sind einfach billiger als wir“, sagt unser Taxifahrer Abderrahim Shahid. Er blickt gelassen auf die Konkurrenz. Der 70-Jährige hat früher in der Gastronomie gearbeitet, fährt nun zwei Tage die Woche für den Mindestlohn von 9,20 Euro plus Trinkgeld. „Aber der Taxibetreiber leidet. Oder er wird leiden.“ Wir machen noch eine weitere Testfahrt, diesmal zur Zentrale der Taxi-Innung, ein zweigeschossiges Ensemble mit Werkstatt und Halle rund um einen Hof, hinter einer Tankstelle. Doch dieser Vergleich scheitert. Für die Rückfahrt ist hier kein Uber verfügbar.

>> Info: Das plant Scheuer

Vor allem die Rückkehrpflicht für Mietwagen steht zur Diskussion, da Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sie aufheben will. Mietwagen mit Chauffeur müssen nach jedem Auftrag in ihre Zentrale zurückkehren, sie dürfen keine Gäste vom Straßenrand aufsammeln – es sei denn es geht zuvor ein neuer Auftrag ein.

Allerdings darf der Auftrag auch nicht direkt an den Chauffeur gehen, worum auch schon juristisch gefochten wurde. Uber reagierte, indem es die Aufträge zunächst an die Zentrale schickt, die gibt sie weiter an den Fahrer. Die Taxi-Innung Düsseldorf bereitet laut ihrem Chef Dennis Klusmeier eine Klage vor, da Uber angeblich die Rückkehrpflicht systematisch verletze.

Scheuer will aber auch mehr Kontrollen einführen und die digitale Vermittlung von Fahrtenals genehmigungspflichtige Beförderungsleistung einstufen. Uber-Sprecher Tobias Fröhlich. „Wir begrüßen, dass Bewegung in den Reformprozess kommt, denn Deutschland muss ein Vorreiter für die Mobilität der Zukunft sein.“

Auch das Poolingverbot für Mietwagen mit Fahrer soll aufgehoben werden. Dann könnten Anbieter Fahrgäste mit ähnlichem Start und Ziel mit einer Art Sammeltaxi befördern.

Kommunen sollen eine Art Vetorecht bekommen, wenn einzelne ertragreiche Bus- oder Bahnlinien gefährdet sind.