Bochum. . Gut zehn Millionen Deutsche sind tätowiert. Jeder zehnte davon aber will sein Tattoo irgendwann wieder loswerden. Doch das ist so einfach nicht.
Das Leben ändert sich. Kaum einer weiß das so gut wie Dr. Klaus Hoffmann. Denn er ist Leiter des Zentrums für Lasermedizin (ZELM) des Landes NRW an der Universitätshautklinik Bochum. Und dort hat man sich unter anderem auf die Entfernung von Tattoos spezialisiert.
Deshalb kennt Hoffmann Männer, die zu ihm kommen, weil sie sich einst Sabine auf den Unterarm haben tätowieren lassen, die neue Ehefrau in spe aber Petra heißt und den Schriftzug aus der Vergangenheit gar nicht lustig findet. Oder die Frauen, die sich als Teenager „süße Einhörner“ auf den Unterarm haben stechen lassen, jetzt aber Stewardess werden wollen bei einer Fluglinie, die über Einhörner am Unterarm nicht amused ist. „Sie glauben nicht, was wir schon alles erlebt haben“, sagt Hoffmann am Rande des Cosmedica-Kongresses, zu dem Mediziner und Tätowierer am Wochenende im Bochumer St. Josef-Hospital zusammenkamen
Grundsätzlich darf sich jeder Tätowierer nennen
Es kommen aber auch Patienten, „deren Tattoos einfach schlecht aussehen“, erzählt der Dermatologe. Bei denen gepfuscht wurde. Handwerklich oder künstlerisch, im schlimmsten Fall bei beidem. Das kann schnell passieren, denn „Tätowierer ist kein definiertes Berufsbild“. Mit anderen Worten: Grundsätzlich darf erst einmal jeder zur Nadel greifen und Tattoos stechen. Was ein wenig erklärt, warum es zwischen Alpen und Nordsee geschätzt 20.000 solcher Studios gibt.
Misstrauische Kunden muss die Branche kaum fürchten. „Es gibt kaum jemanden, der nachfragt, was beim Tätowieren passieren kann“, sagt Randy Engelhard, einer der bekanntesten Tätowierer und Tattoo-Künstler Deutschlands. „Dabei operieren wir am größten Organ, das der Mensch besitzt.“ Andy Engel, Startätowierer aus Kitzingen, bekannt für seine fotorealistischen Arbeiten und mit dem nächsten freien Termin in „frühestens acht Jahren“ ergänzt: „Nachsorge, Aufklärung, in vielen Studios passiert nichts davon.“ Engelhard wünscht sich deshalb Regeln, „damit sich nicht jeder Vollidiot Tätowierer nennen darf“.
Neue Regelungen für die Entfernung
Für die Beseitigung der Körperkunst gibt es solche Regelungen mittlerweile. Tattoo-Entfernungen per Laser sollen künftig Hautärzten und plastischen Chirurgen vorbehalten werden. Hoffmann findet das erwartungsgemäß richtig. Nicht weil er gerne unliebsame Konkurrenz ausgeschaltet wissen möchte. „Wir haben ja jetzt schon Wartelisten.“
Es könne einfach nicht sein, sagt der Mediziner, dass man in Deutschland zwar einen „Angelschein und eine Holzsammelerlaubnis“ beantragen müsse, aber jeder Tattoos entfernen dürfe, der sich einen Laser bestellen könne und einen Wochenendkurs in Sachen Bedienung und Risiken gemacht habe. Vielmehr sei „fachliche Expertise“ gefragt, sonst könne es für den Patienten „kritisch“ werden.
Laser beschießt die betroffenen Körperstellen
Mit dem Laser werden die betroffenen Körperstellen quasi „beschossen“. Die Bochumer Universitätshautklinik setzt dabei auf so genannte Picolaser. Die haben – laienhaft ausgedrückt – mehr Energie und müssen deshalb nur noch ultrakurze Laserimpulse aussenden. „Dabei werden die Farbpigmente regelrecht zertrümmert und können von den Fresszellen des Körpers rückstandsfrei abgebaut werden“, erklärt Hoffmann.
Und je kürzer die Haut den Impulsen ausgesetzt werde, desto geringer sei der „thermale Kollateralschaden“ am benachbarten Gewebe bei der Behandlung, für die meist ein vierstelliger Betrag fällig wird, den die Krankenkasse nicht zahlt.
Nicht alles kann wieder gelöscht werden
Sollte so ein Laser auf der Haut allerdings nicht richtig eingesetzt werden, warnt das Bundesamt für Strahlenschutz vor Verbrennungen, vorübergehenden oder bleibenden Pigmentveränderungen, Entzündungen und Narbenbildung. Deshalb, so Hoffmann, „sollte man Tattooentfernung nur ausgebildeten Medizinern überlassen.“
Selbst sie bekommen allerdings nicht jedes Kunstwerk restlos entfernt. Tattoo-Farben, die gemixt wurden oder deren Zusammensetzung unbekannt ist, lassen sich nur ganz schwer zerstören. Am Ende, da sind sich Mediziner wie seriöse Tätowierer einig, gilt deshalb die alte Szeneweisheit: „Think bevor you ink“ – denk nach vor dem Tätowieren. „Aber das“, sagt Hoffmann, „macht leider längst nicht jeder.“