Düsseldorf. . „Hass im Netz“ ist das Motto des „Safer Internet Day“. Kaum ein Schüler entgeht mehr den gehässigen Kommentaren. Manche berichten von Mobbing.
Caroline war gerade in der sechsten Klasse, da stand sie plötzlich im digitalen Mittelpunkt, wurde vor und von ihren Mitschülern verspottet. „Ein Junge hatte in unserer WhatsApp-Gruppe behauptet, dass ich in einen anderen verliebt sei.“ Dazu veröffentlichte er den Screenshot eines gefälschten Chats. Ein harmloser Streich? Der Junge ließ nicht ab, über Tage schrieb er hämisch über Caroline und „ihre große Liebe“ im offiziellen Klassenchat, auch als die Lehrerin ihn ermahnte. Die Mitschüler amüsierte das erst recht. Dies ist nun zwei Jahre her, Caroline Hartwig ist heute 14 Jahre alt und erst jetzt kann sie mit Selbstbewusstsein sagen, dass die öffentliche Bloßstellung ihr nicht mehr nachhängt. „Monatelang ging ich mit Bauchschmerzen zur Schule.“
„Der Hass, die Aggressivität ist überall im Internet“
Wie Caroline von der Werner-von-Siemens-Realschule in Düsseldorf kommen die meisten Jugendlichen mit „Hass im Netz“ in Kontakt. Dies ist das große Thema des „Safer Internet Day“ am Dienstag, der in NRW getragen wird von der EU-Initiative Klicksafe und der Landesanstalt für Medien. „Der Hass, die Aggressivität ist überall im Internet“, sagt deren Chef Tobias Schmid. Doch Jugendliche seien ihm besonders ausgesetzt. Laut einer Forsa-Umfrage sehen sich 85 Prozent der unter 25-Jährigen mit „Hate Speech“ in Sozialen Medien konfrontiert, über alle Altersgruppen ist es noch fast jeder zweite (47 Prozent). „Was können wir tun“, fragt Schmid die Schüler in der Aula, „um uns diese wichtige Plattform zurückzuerobern?“
Im Umgang mit Hass ist Hazel Ly alias „Pocket Hazel“ Expertin. Mit Parodien und Kommentaren zur Jugendkultur hat sie auf YouTube ein Publikum von 180.000 versammelt, doch „kein Video bleibt ohne Hasskommentar“, sagt sie den Schülern. Sie hat ihren Umgang gefunden. Manchmal thematisiert sie Rassismus direkt in ihren Videos, mal „pinnt“ sie einen Hasskommentar, damit er oben in der Liste bleibt und so von ihren Anhängern gefunden und gegenkommentiert werden kann. Denn die hat sie auf ihr Motto eingeschworen: „Hazelnüsse haten nicht!“
Es ist ein kleines Promi-Festival, das Klicksafe an der Werner-von-Siemens-Realschule inszeniert, denn auch die YouTuberin Silvi Carlsson, die Hip-Hop-Musiker Afrob und Eko Fresh, der Comedian Faisal Kawusi und der Schauspieler Patrick Mölleken geben den Schülern Tipps zum Umgang mit Hass: „Mir wurde auch geraten: Ignorier es einfach“, sagt Carlsson, „doch das war falsch. Das Beste ist, den Mut zu haben, auf die Person zuzugehen und sie zu konfrontieren.“ – „Am besten in der Öffentlichkeit“, rät Hazel Ly, die keineswegs nur aus ihrer Sicht als Prominente redet. „In der zehnten hat es angefangen“, sagt sie. „Das rosa Schweinchen mit den fetten Beinchen hat man mich genannt. Aber seht mich an. Jetzt bin ich nicht mehr pummelig.“
Manche Mobber sind hartnäckig
Einfach ist das allerdings nicht. Auch Caroline Hartwig hatte in der sechsten Klasse den Jungen konfrontiert, der ihr übel nachredete. Doch erst als sie nach Tagen die Schulsozialarbeiterin dazu zog und die Klassenlehrerin schließlich die WhatsApp-Gruppe auflöste und jedem mit einem Tadel drohte, der noch einmal dort posten würde, hörte das Mobbing auf.
Auch ihr Klassenkamerad Mehmet Bustanci zeigt auf, als die beiden fragen, wer schon mal gemobbt wurde. In der Grundschule war das, wegen seiner dichten Augenbrauen, ein, zwei Monate lang hänselten und bedrohten ihn einige Mitschüler. „Ehrlich gesagt hatten sie genau die gleichen Augenbrauen.“ Aber er habe danach nicht mit Nachwirkungen zu kämpfen gehabt. Rund eine Stunde später allerdings, am Rande des großen Gruppenfotos, gerät Mehmet körperlich mit einem Mitschüler aneinander. Es ging plötzlich wieder um seine Augenbrauen.
>> Info: Die Kampagne #lauteralshass
Zum „Safer Internet Day“ finden Aktionen in über 100 Ländern statt. Unter dem Stichwort #lauteralshass findet man Videos und Aktionen zum Mitmachen.
Tipps zum Umgang mit Netz-Hass für Betroffene, Eltern und Lehrer gibt www.klicksafe.de