Bochum. . Am Montag hat einer neue Spezialeinheit der Polizei ihren Dienst aufgenommen. Sie soll vor allem bei Demos und Fußballspielen zum Einsatz kommen.
Innenminister Herbert Reul hat am Montag in Bochum die erste sogenannte Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) des Landes offiziell in Dienst gestellt. Für Hooligans und gewalttätige Demonstranten wird das Leben damit schwerer.
Sie hauen sich unten auf dem Hof. Treten, schlagen, ringen. Das heißt, sie tun so, als ob. Denn in Wirklichkeit sind die knapp zwei Dutzend Männer keine brutalen Fußballfans, die nach einem Spiel aufeinander losgehen, sondern Polizisten, die Hooligans spielen. Damit die Kollegen von den neuen Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit – kurz BFE genannt – zeigen können, wofür sie trainiert haben in den vergangenen drei Monaten.
Videokameras sind stets mit im Einsatz
Schnell sind sie zur Stelle, schließlich findet die inszenierte Schlägerei auf dem Gelände der Bochumer Bereitschaftspolizei statt. Von zwei Seiten stürmen 41 Männer und vier Frauen - ganz in schwarz von den Stiefeln bis zu den Helmen - auf den Hof.
Ein paar lassen sich zurückfallen, starten Videokameras auf hohen Stativen oder heben digitale Fotoapparate ans Auge. Der Rest aber stürzt sich ins Getümmel, trennt die Schläger, wirft sie zu Boden, legt ihnen Handfesseln an. Keine fünf Minuten dauert es und die Sache ist vorbei. Ein paar der Schläger sind entkommen, aber das „ist Realität“, wie Einsatzleiter Olaf Neuwald einräumt.
Nur wenig später kommen zwei Bullis an den Ort des Geschehens. In dem einen wird das gerade entstandene Videomaterial ausgewertet, im anderen erfolgt – wie es im Polizeiargon heißt – „Sachbearbeitung vor Ort“. Personalien werden ermittelt, Anzeigen geschrieben, binnen kürzester Zeit Fahndungen herausgegeben.
Sechs Einheiten bis zum Jahr 2021
NRW Innenminister Herbert Reul, der den Einsatz vom Rand aus verfolgt hat, nickt zufrieden. So ungefähr hat er sich das offenbar vorgestellt, als er zur Begrüßung gesagt hat: „Wir brauchen Spezialeinheiten, die in der Lage sind, in eine gewalttätige Menge hineinzugehen und Beweise zu sichern.“ Alle anderen Bundesländer haben sie nämlich schon. Die BFE hätte sich bewährt, sagt der Minister und kann gar nicht verstehen, warum NRW bisher keine hatte.
Vier Stück wollte er ursprünglich aufstellen, mittlerweile hat er auf sechs Einheiten mit jeweils rund 50 Kräften aufgestockt. Zwei sollen bis 2021 in Bochum stationiert werden, jeweils zwei in Köln und Wuppertal – insgesamt drei Hundertschaften.
„Mit Köpfchen“ sollen sie eingreifen, wünscht sich Reul, zur Not aber auch „mit Gewalt“. Theoretisch überall und jederzeit, praktisch wohl meist bei gewalttätigen Demos oder Ausschreitungen am Rande von Fußballspielen. In der Regel in NRW, bei Bedarf aber auch bundesweit.
Erster Einsatz beim Pokalspiel auf Schalke
Das Interesse an der neuen Einheit sei groß gewesen“, sagt der Bochumer Polizeirat Peter Both und schiebt gleich hinterher: „Nein, mehr Geld gibt es nicht.“ Wer es schafft, im Vorbeigehen einen der maskierten Beamten nach seiner Motivation zu fragen, der bekommt Antworten, wie „neue Hersausforderung“ oder „mal etwas anderes machen“.
Für den ein oder anderen Bewerber aber waren die Anforderungen allerdings zu groß. Manche konnten physisch nicht mithalten, andere waren psychisch nicht geeignet. „Man muss nicht nur gut trainiert sein, sondern auch den Überblick behalten, die Ruhe bewahren und darf sich nicht provozieren lassen“, umreiß BFE-Chef Both die wichtigsten Voraussetzungen der Spezialpolizisten, die stets mit neuester Video-und Nachrichtentechnik im Einsatz sind. „Die Ausrüstung“, lobt er, „ist top.“
Am Mittwoch ist dann nichts mehr gestellt. Dann führt Both seine Leute bei der Pokalbegegnung zwischen Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf in den ersten echten Einsatz. Sollte es dort zu Ausschreitungen kommen, hat der Einsatzleiter das Ziel schon vorgegeben, „Wir wollen dafür sorgen, dass die Richtigen festgenommen werden.“ Und zwar mit solch eindeutigen (Video)beweisen, dass sich „die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung erhöht“. Innenminister Reul will langfristig sogar noch mehr. Nämlich Hooligans und anderen Krawallmachern klar machen, dass man rigoros gegen sie vorgehe. Bis sie einsähen, „in NRW lohnt es sich nicht, Ärger zu machen“.