Wanne-Eickel. . Alle katholischen Gemeinden in Wanne-Eickel sind in einer Gesamtpfarrei aufgegangen. Gläubige befürchten, dass das Gemeindeleben leiden wird.
Die katholische Kirche hat die Sporthalle Wanne-Eickel übernommen, aber ein bisschen sieht man es dann doch noch: Handballtore hängen hochgezogen an den Wänden, auf den Anzeigetafeln „Heim-Gäste“ blinkt die Uhrzeit rot, und der Chor und die „Regenbogen-Singers“ aus der Gemeinde „Allerheiligste Dreifaltigkeit“ singen unter Basketballkörben.
„Das war nicht ganz so einfach, aus einer Sporthalle eine Kirche zu basteln“, sagt Pfarrer Ludger Plümpe. Musste aber sein, es gibt ja keine größere Halle in Wanne. 1000 Leute werden erwartet! Und es hat gut geklappt mit dem Umbau, auch wenn man sagen muss: Die Sporthalle zur Kirche zu machen, war wirklich nur Bastelarbeit, verglichen mit dem, was noch kommt.
„Manche denken, jetzt würde alles weggenommen“
Denn an diesem Sonntagvormittag werden neun katholische Gemeinden in Wanne-Eickel offiziell aufgehoben, also alle, und eine neue tritt die Rechtsnachfolge an: St. Christophorus. Es ist der Umbruch, der sich in vielen Revierstädten seit Jahren vollzieht. Es hat geknirscht zwischen Gemeinden und zwischen Stadtteilen, auch in Wanne-Eickel, die einen sagten so und die anderen: so. Und jetzt ist man eine Gesamtpfarrei. Natürlich sind viele Menschen beunruhigt.
„Manche denken, jetzt würde alles weggenommen, aber man muss doch mit der Zeit gehen“, sagt die Pfarrsekretärin Brigitte Laszczyk. Die Befürchtungen aber sind da, auch wenn in jeder der aufgehobenen Gemeinden weiter etwas passiert – nur nicht mehr in allen alles. „Ich ermutige sie, ihr Bild zu schärfen“, sagt Plümpe: „Die eine wird eher spirituelle Angebote machen, die andere soziale Projekte und die dritte Pfarrfest.“
Weihrauch, Segen, Kommunion
Jetzt, in der umfunktionierten Sporthalle mit Eintagsaltar und Kurzzeitkanzel, tritt die katholische Kirche nochmals mit Macht auf: Elf Priester und Dechanten und 33 Messdiener wirken da vorn, zehn Bläser, rund 100 Sänger musizieren, 1000 Gläubige sind tatsächlich gekommen – wann hat man das nochmal? Weihrauch, Segen, Kommunion; die Regenbogen-Singers bieten das passende Lied zum Tag: „Einen neuen Aufbruch wagen / etwas tun statt nur zu klagen.“
Die Stimmung drinnen ist sogar gut, der Gründungsakt mit Gottesdienst lang und feierlich, aber dann steht vor der Halle dieser alte Mann. Seinen Namen will er nicht nennen. „Ich habe die größten Stürme erlebt und weiß, ohne Kirche geht es nicht“, sagt der 87-Jährige: „Kirche muss Kirche bleiben, meine Meinung.“ Aber drinnen ist doch viel von Aufbruch die Rede? „Das kann keine Zukunft sein, wenn Kirchen irgendwann abgeräumt werden.“
Gegen Zahlen kann man nur schlecht argumentieren
Doch gegen Zahlen kann man nur schlecht argumentieren. Weniger Pfarrer, Taufen, Sakramente, Gläubige, Ehrenamtliche. Plümpe, der Pfarrer, spricht das selbst an in seiner Predigt: „Wie soll die Zukunft sein in einer Pfarrei mit 21.000 Gläubigen? Was sollen die Ehrenamtlichen leisten, wenn in einigen Jahren nur noch zwei oder drei Priester da sind?“ Dennoch hält er den Tag für „feierfähig, da wir die Zukunft anpacken wollen“. Und auch der neue Name ist gut gewählt: Sankt Chistophorus, übersetzt: „Der Christusträger“.
Doch dass diese Umbrüche viele Menschen umtreiben weit über Wanne-Eickel oder Herne hinaus, das beweisen mühelos zwei Sätze auf der Internet-Seite des Erzbistums Paderborn, zu dem Herne zählt: Hinter der Frage „Wie soll eine Umstrukturierung funktionieren, wenn die ehrenamtlich Tätigen nicht überzeugt sind und nicht mitgehen?“ steht als Antwort: „Gehe zu: Häufig gefragt.“
>>>>> Geschichte
Herne, wo der Mittelpunkt des Ruhrgebiets liegt, gehört zum Bistum Paderborn. Das mochte, als das Ruhrbistum in den 50er-Jahren entstand, florierende Städte wie Dortmund oder eben Herne nicht abgeben.
Aus demselben Grund gehört der Essener Stadtteil Kettwig zu Köln, Essen selbst aber zum Ruhrbistum.