Dortmund. . Das Dortmunder BVB-Stadion war am Sonntag ausverkauft. Dabei spielten die Borussen ja gar nicht. Es wurde gesungen. 50.000 Fans kamen.

Sie haben derzeit einigen Grund zu singen in Dortmund, Hosianna, Herbstmeister! Aber diesmal ist der Grund das Fest, nicht der Fußball. Mehr als 50.000 singen am Sonntag im Stadion, noch einmal 20.000 mehr als im Jahr zuvor; es ist das größte Weihnachtssingen in Deutschland.

Nun, dieses ist nicht wirklich ein Weihnachtslied, aber es kommt ein Stern darin vor: „Leuchte auf, mein Stern, Borussia!” Als wäre es gestern gewesen, als am selben Ort dieselbe Hymne erklang, aber diesmal sind nur Schwarz-Gelbe da und keine Spieler auf dem Platz. Jedenfalls nicht zum Spielen, sie werden später kommen: Mario Götze, Lukasz Piszczek und ein paar zum Teil schon sehr ehemalige wie Frank Mill und Siggi Held, gut, dass die Mannschaft gegen Bremen gewonnen hat, sonst wäre ihnen das „Jingle Bells” womöglich im dick verpackten Halse stecken geblieben.

Tannenbäume und schaukelnde Glocken

Wo sie sonst den Gegner austanzen, tanzen an diesem 3. Advent Buchstaben: Die Texte von 23 Weihnachtsliedern werden per Lasershow auf den Platz getragen, auch das Team ist ganz offensichtlich mit den Strophen nicht so sicher wie mit dem Ball.

Tannenbäume und schaukelnde Glocken („Alle aufjauchzen mit herrlichem Sang”) kann der Lichtstrahl „auf der Wiese”, wie der Moderator sagt, übrigens auch. Das ganze Stadion leuchtet aus zigtausend Telefonlampen, durchaus passend, dass die noch sehr kleinen Sänger aus dem Kinderchor beim ersten Blick auf vier volle Tribünen dies sagen: „Oh du heilige Sch…”

Im Fußballtempel wurde Kakao getrunken

Das „Ihr Sängerlein kommet” in Deutschlands Fußball-Arenen ist ein Trend, der immer noch wächst. Die Fan-Gemeinde als singerprobte Gemeinschaft, nächste Woche werden sie auch auf Schalke noch singen, „Leise rieselt der Schnee”, in Dortmund macht am Sonntag ja sogar das Wetter mit. Tausende finden sich zusammen zu einer alten Tradition, und das mit der ganzen Fan-Familie in ihrem „Wohnzimmer”.

So viele Kinder sind da, zu klein sonst für den Fußball, dass die erste Halbzeit später angestimmt wird, weil nicht alle wissen, dass man ins Stadion tunlichst ein Stündchen früher geht. In bunten Skianzügen sitzen sie da, mindestens eine gelbe Nikolausmütze über weitere Ohrenwärmer gestülpt, heute wird im Fußballtempel Kakao getrunken statt Bier – und ist nicht die „Weihnachtsbäckerei” das Allerlauteste an diesem Abend?

Mandla Mnldebele sang „You’ll never walk alone“

Man muss zudem selbst auf der Südtribüne nicht einmal singen können (obwohl es im Stehen jedenfalls besser klingt). Sasha kann es, der Popsänger, der im Westfalenstadion „Lichterketten” windet, so heißt tatsächlich sein neues Lied. Michael Schulte kann es, Deutschlands Mann beim Eurovision Song Contest, der die Klassiker anstimmt: „O du fröhliche” und „Stille Nacht”. Das Herz wird so warm, man vergisst ja fast die kalten Füße, als schließlich Mandla Mnldebele seinen Auftritt hat: Der Opernsänger, der schon in seiner südafrikanischen Heimat dem BVB die Daumen drückte, stimmt die Hymne aller Hymnen an, nun ja, auch das kein Weihnachtslied. „You’ll Never Walk Alone”, „Du wirst nie alleine gehen” aus 50.000 Kehlen – eine Weihnachtsbotschaft ist das allemal.