Ruhrgebiet. . Jetzt fährt der Rhein-Ruhr-Express (RRX) tatsächlich durchs Revier: Als Zug ein Fortschritt, aber manche Probleme des Bahnverkehrs bleiben.
Das Empfangskomitee heißt Werner Heneken. Bochum, 11.26 Uhr, der Mann steht am Ostende des Bahnsteigs und fotografiert in aller Eile den Rhein-Ruhr-Express (RRX) – dem er soeben entstiegen ist. „Erste Etage gut, Einstieg gut, W-LAN sofort da“, sagt der Oberhausener. Man hört es schon: Er hat kaum Zeit.
„Ich habe nur gesehen, dass kein größerer Kofferplatz da ist.“ Und weg ist er: In drei Minuten kommt der RRX in Gegenrichtung, den Henecken unbedingt erreichen will – man will ja nichts verpassen.
„Das ist ihr Zug. Ehrlich!“
Jetzt ist es keine Testfahrt mehr, jetzt ist es echt: Seit Sonntag verkehrt der RRX, der Zug, der in wenigen Jahren einen großen Teil des Ruhrgebiets-Bahnverkehrs leisten soll. Im Endausbau um das Jahr 2030 soll es vier stündliche Verbindungen ab Dortmund durch das Ruhrgebiet bis Köln geben – aber die ersten Züge RRX, die sind jetzt schon da.
6.21 ab Dortmund fährt der früheste los, einen Akt gibt es nicht, eher im Gegenteil eine gewisse Zögerlichkeit bei dem einen oder anderen der vielleicht 50 Fahrgäste. In ihre Gesichter steht geschrieben: Was – ist – das? Und so macht ihnen die Sprecherin des Betreibers Abellio, Julia Limia y Campos, sozusagen Beine: „Steigen Sie ein. Das ist ihr Zug. Ehrlich!“ Er sieht halt schon sehr anders aus.
13 Züge sind unterwegs, zwei sind die Reserve
Braun mit weißen Punkten und orangefarbenen Türen; wirkt schlank, obwohl er voluminöser ist als der klassische Regionalexpress; Stufen beim Einstieg hat er auch nicht zu bieten, dafür riecht er noch ganz neu.
Auf der Linie RE11 (Düsseldorf-Kassel) fährt jetzt nur noch der RRX, 13 Züge sind es, zwei sind in Reserve, und er hält im Ruhrgebiet in Duisburg, Mülheim, Essen, Wattenscheid, Bochum, Dortmund, Kamen-Methler, Kamen und Hamm. Falls Sie auch mal gucken wollen. Oder gar fahren.
Auf vielen Bahnhöfen ist der RRX ein Fotomotiv
Auf vielen Bahnhöfen sieht man am Sonntag immer wieder – überwiegend – Männer, die den stehenden oder vorbei fahrenden Zug fotografieren. Auch auffällig: Halb Siemens und gefühlt die komplette Abellio ist unterwegs. „Das ist ja auch wichtig für die Leute, die im Hintergrund arbeiten: die Praxis zu kennen“, sagt eine Chefin.
Und so hat auch der Sprecher des Fahrgastverbandes „pro Bahn“ in NRW nichts zu meckern: „In der Summe werden im System mehr Kilometer draufgepackt“, sagt Lothar Ebbers.
„Jetzt warten wir mal auf die Kinderkrankheiten“
Auf der RE11-Strecke seien nun doppelt so viele Sitzplätze unterwegs, durch den stufenfreien Zutritt werde der Fahrgastwechsel beschleunigt und die Pünktlichkeit steigen. „Übermäßig geräumig ist er nicht, aber funktional gut“, sagt Ebbers: „Jetzt warten wir mal auf die Kinderkrankheiten, die jeder Zug irgendwo hat.“
Nun, ein paar offenbaren sich schon Sonntag: Die Anzeige der nächsten Bahnhöfe ist manchmal schwarz, der Piepston der Türen klingt sehr alarmistisch – und in Hamm müssen einmal zwei starke Kerle ran, um wenigstens eine der klemmenden Türen aufzukriegen und den letzten Fahrgast herauszuholen. Die Laufschrift „Do not board“ („Nicht einsteigen“) ist auch wenig hilfreich, wenn man will, dass jemand einsteigt.
Ehemaliger Zug-Entwickler: „Das ist toll heute“
Andere Probleme sind systembedingt, ein neuer Zug kann sie nicht lösen: Nach der Zugteilung in Hamm ist es für die sehr eng, die noch nach Kassel fahren. Und später löst eine Weichenstörung in Bochum eine angemessene Verspätung aus.
Das Empfangskomitee heißt Martin Welzel. Steht im strömenden Regen am Bahnsteig und fotografiert den RRX. „Ich war an seiner Entwicklung beteiligt, das ist toll heute“, sagt der Essener Rentner. Er hat sich extra ein Tagesticket gekauft für möglichst viele RRX-Kilometer: „Ich bin Eisenbahnfreund“, sagt Welzel, „da muss man alles mitnehmen“.