Ruhrgebiet. . Betroffenen Familien rund um Essen fehlt das Geld für ein neues Auto. Viele hoffen, dass ein Diesel-Fahrverbot nicht kontrolliert wird.

Sie können Essen nicht einfach streichen von der Landkarte, sie wohnen schließlich da! Oder arbeiten in der Stadt, der das bislang großflächigste aller Dieselfahrverbote droht. Und jetzt? Abwarten und weiterfahren, sagen Betroffene und müssen sich doch mühen, ruhig zu bleiben.

Denn eigentlich „bin ich auf dem Baum“, sagt ein dreifacher Vater aus Essen. „Beide Familienautos für die Tonne.“ In gutem Glauben „und im Vertrauen auf die Hersteller“ hatte er sie gekauft, es ist schon ein paar Jahre her, aber beide hätten auch noch ein paar Jahre „gemusst“. Zwei neue Wagen zu kaufen für ihn, der täglich von Essen nach Herne fährt über die bald womöglich gesperrte A 40, für sie, die jeden Tag von einem „freien“ Stadtteil in einen gesperrten muss, für den Kindertransport zudem: „undenkbar“.

Was also tun? „Wenn überhaupt kontrolliert wird, zahle ich eben den Strafzettel.“ Ziviler Ungehorsam, das ist allenthalben zu hören, bedeutet für viele die einzig denkbare Lösung. „Wollen die mich auf der Autobahn anhalten?“, fragt einer. Oder im Wohngebiet nachsehen, wo sie schon Falschparkern nicht nachstellen? Ein anderer Essener fürchtet indes um den nachbarschaftlichen Frieden: Was wenn der eine den anderen anschwärzt, weil er einen alten Diesel ins Viertel fuhr?

„So kann man keinen Job mehr erledigen“

„Großer Humbug und nicht realisierbar“, sagt auch der Fotograf Jochen Tack, der sich deshalb „Gedanken macht, aber keine Sorgen“. Noch amüsiert den Besitzer eines 5er-Diesels die Vorstellung, demnächst mehrere kiloschwere Taschen mit Kameras, Blitzanlage, Laptop plus mehrere Stative zu größeren Produktionen zu schleppen. Aber natürlich ist der Ernstfall: „So kann man keinen Job mehr erledigen.“ Wenn die Luft reiner werden solle, findet Tack, müsse man das „so machen, dass das Leben noch funktioniert“.

Die Autos sind nun nichts mehr wert

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Aber da ist die ältere Dame, die schon einen Kombi nachrüsten ließ, um ihn dann doch zu verschrotten; die sich lieber einen neuen Wagen kaufte, der nun auch „nur“ Euro 5 hat. Da ist der 45-Jährige aus den Niederlanden, der für seine Fernbeziehung alle zwei Wochen rund 600 Kilometer nach Essen fährt – und eigens dafür erst kürzlich einen Diesel anschaffte, nicht ganz jungen Baujahrs. Und da ist die Lehrerin Katrin, die sich hin- und hergerissen fühlt: Sie kann die Fahrverbotszone auf ihrem Schulweg von Mülheim-Styrum nach Essen-Steele nicht umfahren, kann nicht verzichten auf Familienkutsche und Eltern-Taxi. Und ist andererseits doch „durch und durch Umweltschützerin“. Die 42-Jährige weiß, dass sie sich deshalb ein neues Auto kaufen müsste. „Aber wann, das hätte ich gern selbst entschieden.“

Denn sollte das Aus für die älteren Diesel wirklich kommen, weiß auch der 50-jährige Familienvater: „Dann kann ich unsere Autos nur noch wegschmeißen.“ Und ein 30-Jähriger aus Gelsenkirchen mit Arbeitsplatz in Essen sagt: „Das ist das eigentliche Problem, mein Auto ist nichts mehr wert.“