Wuppertal. Für die Tötung seiner Großeltern wird ein 26-Jähriger zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht stellt die besondere Schwere der Schuld fest.
Für die Tötung eines vermögenden Wuppertaler Unternehmerpaares ist deren Enkel zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht Wuppertal stellte zudem die besondere Schwere der Schuld des 27-Jährigen fest. Es verurteilte ihn am Dienstag wegen Mordes an seiner Großmutter und Totschlags an seinem Großvater. Ein mitangeklagter Geschäftspartner des Enkels wurde dagegen überraschend freigesprochen. Beide nahmen das Urteil regungslos hin, während die Mutter des 27-Jährigen in Tränen ausbrach und rief: «Das können sie nicht machen.» Die Verteidiger hatten Freisprüche für beide Angeklagte beantragt.
Der Sonntagsbraten - Hasenfilets - lag noch roh in der Küche, als die Leichen von Enno (91) und Christa (88) Springmann in ihrer Wuppertaler Villa entdeckt wurden. Die hochbetagten und angesehenen Kunstmäzene hatten es mit einem Maschinenbau-Unternehmen zu einem Vermögen in zweistelliger Millionenhöhe gebracht.
Die Opfer haben ihrem Mörder immer nur Gutes getan
Doch am 19. März 2017 wurden die Eheleute niedergeschlagen und erdrosselt. Dabei sei der Täter ein Mensch, dem die Opfer «eigentlich nur Gutes getan haben», sagt der Vorsitzende Richter Robert Bertling am Dienstag. Ein solches Verfahren habe er in seinen 40 Richterjahren noch nicht erlebt.
Nachdem er sich mit seinem Sohn überworfen hatte, ruhten alle Hoffnung von Familienpatriarch Enno auf dem geliebten Enkelsohn. Der hatte seinem Großvater vorgegaukelt, fleißig zu studieren, stattdessen aber die großzügigen Zuwendungen der Großeltern verprasst, vorzugsweise für teure Autos. Zuletzt waren es 600 000 Euro in einem Jahr, die der Enkel auf den Kopf gehauen hatte.
Er «prahlte gern, glaubte etwas besonderes zu sein, definierte sich über Markenklamotten und später über sehr teure Autos», schildert der Richter. Der 27-Jährige «hinterging seine Großeltern über Jahre».
Der Großvater wollte den Geldhahn zudrehen
Doch dann war der Großvater ihm auf die Schliche gekommen. Der 91-Jährige hatte angekündigt, mit seinem Enkel Tacheles reden zu wollen. Beide seien in das Zimmer des Großvaters gegangen, «um ungestört zu reden». Es sei sehr wahrscheinlich, dass der 91-Jährige dem Enkel Konsequenzen angekündigt habe - nämlich den Geldhahn zuzudrehen.
Aus Wut und Kränkung habe der Enkel in diesem Moment den betagten Mann einen schweren Gegenstand wuchtig auf den Kopf geschlagen - in Tötungsabsicht. «Wir nehmen Totschlag an, weil er direkt töten wollte. Es war kein geplanter Mord», sagt der Richter.
Die Großmutter habe sterben müssen, damit sie ihren Enkel nicht wegen der Tötung des Großvaters belastet. Der Enkel «schlug ihr ein Mal wuchtig gegen die Stirn. Als er merkte, dass sie noch lebte, erdrosselte er auch sie.»
Der Geschäftspartner des Enkels habe zwar DNA-Spuren am Tatort hinterlassen, möglicherweise aber nur beim Beseitigen der Tatwaffe geholfen, als die Eheleute bereits tot waren. «Es wäre keine Beihilfe, es wäre nichts», sagt Bertling. Es ist die günstigste Version für den 45-Jährigen, der damit, wenn das Urteil rechtskräftig wird, sogar Anspruch auf Entschädigung hat.
Dramatische Szenen vor dem Gerichtsgebäude
Um einen Raubüberfall vorzutäuschen, habe der Enkel nach dem Verbrechen die Villa verwüstet. Doch die wochenlange Spurensuche trug Früchte: Am Tatort im Schlafzimmer des Großvaters waren DNA-Spuren des mitangeklagten Geschäftspartners an einem Kissen entdeckt worden und - wichtiger noch - im Auto des Enkels, das er am Tattag fuhr, Blutspuren der Großmutter.
«Das war mein letzter Prozess», sagt Richter Bertling zum Ende der Urteilsbegründung. Er geht in den Ruhestand. Dann spielen sich vor dem Gerichtsgebäude Szenen ab, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Während der Freigesprochene von seinen Angehörigen gefeiert und umarmt wird, weinen die Angehörigen des Enkels und der Opfer wenige Meter daneben bittere Tränen. (dpa)