Essen. . 1,6 Millionen Euro hat der TV-Zweiteiler „Die Steinkohle“ gekostet, und das sieht man ihm an. Was die beteiligten Bergleute davon halten.
Drei Jahre hat er an diesem Film gearbeitet, jetzt steht Jobst Knigge auf Zollverein vor dem Förderturm und lächelt entspannt in die Kamera des Fotografen. „Die Steinkohle“ heißt schlicht und klar seine Dokumentation, die er in Auszügen an diesem Dienstagmittag vorstellt.
Der Film zum Abschied vom Bergbau, zwei Teile à 90 Minuten. Insgesamt 1,6 Millionen Euro teuer, wie Produzent Leopold Hoesch auf Nachfrage verrät. Man sieht es der aufwendig und elegant gefilmten Produktion an, ahnt zudem, wieviel Recherche in ihr steckt. Zu sehen ist sie bei Arte am 4. und 5. Dezember um 20.15 Uhr oder in der halbierten Fassung am 19. Dezember im ZDF. „Die gekürzte Fassung hat natürlich geschmerzt“, erzählt der Regisseur aus Berlin. Der WAZ-Druckausgabe liegt der Film am 21. Dezember in seiner vollen Fassung als DVD bei.
Kohle als Drachenfutter der Industrialisierung
Tief ins Ruhrgebiet tauchte Knigge ein, um seinen historischen Bilderbogen zu verwirklichen. Sprach mit Dutzenden Zeitzeugen,
Bergleuten, die ihre teils abenteuerlichen Geschichten vom Pütt erzählen und an diesem Nachmittag im handverlesenen Publikum sitzen, mit Historikern, Politikern, Fach-Journalisten. Vier Mitarbeiterinnen, so Knigge, hätten Monate in Archiven verbracht, um historisches Bild- und Filmmaterial aufzutreiben. „Wir stießen im Ruhrgebiet nur auf offene Türen“, erzählt er, „ob bei der RAG-Stiftung oder dem Bergbaumuseum.“
Knigge forschte auch in Frankreich und Großbritannien, er suchte nach großen Zusammenhängen. Sein Fazit: „Wir erzählen die europäische Geschichte anhand der Steinkohle.“ Kohle als Drachenfutter der Industrialisierung, wie es im Film heißt: Segen und Grauen.
Bergmannsromantik ist unerwünscht
Heinz Assmann aus Hamm, 87, mit 14 schon unter Tage auf Zeche Scholven in Buer und „Mitwirkender“ im Film, wie er stolz erwähnt, sorgt sich „um die Überhöhung der Bergmannsromantik“. Er will, dass der Film auch verdeutlicht, unter welch schlimmen Bedingungen er und seine Kollegen schuften mussten. Den Gefallen tut ihm die Dokumentation: Sie zeigt wenig Interesse an Folklore und verschweigt die schweren Verwerfungen nicht.
„Wichtig ist, dass es nun weitergeht, Wandel ist ja immer“, sagt Reinhold Adam (72), einst auf Zeche Nordstern in Gelsenkirchen, ganz ohne nostalgische Anwandlungen. Es ist das Stichwort für NRW-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner: „Die Ruhrkonferenz soll für einen Neustart nach der Steinkohle stehen.“ Wenn sie gelingt, gibt es irgendwann auch darüber sicherlich einen Film.