Ruhrgebiet. . Erste Tankstellen-Pächter melden bereits: „Ausverkauft“. Benzin und Diesel sind so teuer, wie lange nicht mehr. Grund: Niedrigwasser im Rhein.

An ihrer Shell-Tankstelle in Duisburg-Meiderich gab es nur noch Zigaretten und Zeitschriften statt Sprit. Pächterin Heike Schulz musste an alle Zapfsäulen Schilder mit dem Hinweis „Ausverkauft“ hängen. „Das habe ich in zwölf Dienstjahren noch nicht erlebt“, sagt die Geschäftsführerin.

Heike Schulz ist bei weitem nicht die einzige Tankstellen-Betreiberin im Ruhrgebiet, die unter dem Niedrigwasser im Rhein leidet. Die Binnenschiffe können im Schnitt nur noch ein Drittel der üblichen Fracht laden, um nicht auf Grund zu laufen. Das führt zu Versorgungsengpässen an den Zapfsäulen.

„Es ist keine Entspannung in Sicht“

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„Die Lage ist sehr angespannt. Wenn es nicht bald stark regnen wird, sind Leerstände an den Tankstellen immer wieder möglich“, sagt Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands. Der Rhein ist die Haupttransportader für den Kraftstoff. Doch wegen des Niedrigwassers können die Schiffe kleinere Verteilstationen gar nicht mehr anlaufen. „Und Schiffe sind nicht einfach durch Kesselwagen zu ersetzen“, meint Gersdorff. Er geht davon aus, dass insbesondere längs der Rheinschiene immer wieder einzelne Spritsorten an den Tankstellen fehlen werden.

Nennenswerte Niederschlagsmengen sagen die Meteorologen auch für die nächsten Wochen nicht voraus. In Bochum, am Sitz von Deutschlands größter Tankstellenkette Aral, ist man skeptisch. „Es ist keine Entspannung in Sicht“, sagt Sprecher Detlef Brandenburg.

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Das Unternehmen hatte sich frühzeitig auf die Dürre vorbereitet und die unterirdischen Tanks an den Stationen bis zum Rand mit Sprit gefüllt. „Doch irgendwann reichen auch die besten Vorsorgemaßnahmen nicht mehr aus“, so Brandenburg.

Versorgungsengpässe

Insbesondere im Kölner Raum gebe es Versorgungsengpässe. Aber auch im Ruhrgebiet müsse an den Aral-Tankstellen zeitweise damit gerechnet werden, dass nicht alle Kraftstoffsorten überall verfügbar seien.

Wie dramatisch die Lage inzwischen ist, zeigt die Entscheidung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), die strategischen Ölreserven freizugeben. Das hat es in Deutschland bislang erst dreimal gegeben: im Golfkrieg 1990/91, nach den Hurrikanes Katrina und Rita in den USA 2005 und nach dem Ausfall der libyschen Ölexporte 2011. Die staatlichen Reserven mit rund 15 Millionen Tonnen Rohöl und 9,5 Millionen Tonnen Kraftstoffe sollen im Krisenfall eine „Vollversorgung“ der Bundesrepublik für 90 Tage gewährleisten.

Ein Lager mit Kerosin steht in Gelsenkirchen. Der zuständige Erdölbevorratungsverband in Hamburg hat angesichts der Dürre nun 70.000 Tonnen Benzin, 150.000 Tonnen Diesel und 56.000 Tonnen Kerosin freigegeben. Vorerst. Für den Aufbau der Reserven zahlen Autofahrer beim Tanken 0,3 Cent pro Liter Diesel oder 0,27 Cent für Benzin.

Höhere Frachtkosten machen den knappen Sprit auch teurer

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Doch das Niedrigwasser im Rhein führt nicht nur zu Engpässen an den Zapfsäulen. Nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbands machen höhere Frachtkosten den knappen Sprit auch teurer. Während der Rohölpreis der Marke Brent in diesen Tagen auf den niedrigsten Stand seit sechs Monaten absackte, war der Oktober nach Einschätzung des Automobilclubs ADAC „der teuerste Tankmonat seit Jahren“.

Am letzten Tag des Monats mussten Autofahrer durchschnittlich 1,55 Euro pro Liter E10 zahlen – so viel wie zuletzt am 16. Juli 2014. Der Höchststand am 31. Oktober beim Diesel betrug 1,48 Euro Liter. So teuer war er zuletzt am 17. September 2013.

Duisburger Tankstelle warnt vor Hamsterkäufen

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„Der kontinuierliche Höhenflug der Kraftstoffpreise ist nach Ansicht des ADAC weder mit dem Wetter noch mit dem Niedrigwasser an Rhein und Main zu erklären“, kritisiert der Club. „Der enorme bundesweite Preissprung der vergangenen Wochen ist daher deutlich übertrieben“, so der ADAC. Ein Vorwurf, der beim Mineralölwirtschaftsverband heftigen Widerspruch auslöst. „Wenn uns unterstellt wird, dass wir Extra-Gewinne einfahren, müssen wir das scharf zurückweisen“, entgegnet Sprecher Alexander von Gersdorff.

Shell-Pächterin Heike Schulz aus Duisburg ist dagegen erst einmal froh, dass sie nach der Flaute am Wochenende endlich wieder Sprit verkaufen kann. Wie lange der Vorrat reichen wird, vermag auch sie nicht einzuschätzen. „Wenn die Kunden jetzt Hamsterkäufe machen, dann nicht so lang.“