Duisburg. . Sie wurde einst als „Wunder von Marxloh“ bezeichnet: Die Merkez-Moschee wird zehn Jahre alt. Warum die Zeiten für sie schwerer geworden sind.

Über den dicken roten Teppich rollt ein kleines Mädchen kichernd herum, weiter vorn beten zwei Männer in der Merkez-Moschee in Marxloh. Sie ist lichtdurchflutet, durch große Fenster an den Seiten kann man quer durchgucken. Offener und transparenter lässt sich kaum bauen, deutlicher konnte sich der Verein nicht abgrenzen von den Hinterhofmoscheen der ersten Gastarbeitergeneration. Von oben strahlt ein riesiger Kronleuchter.

Vor zehn Jahren wurde die Moschee feierlich eingeweiht – als „Wunder von Marxloh“. Goldene Halbmonde leuchten auf den Dachkuppeln, überragt nur vom 34 Meter hohen Minarett. Rechts vor Kopf geht es in den Gebetsraum, links ist die Begegnungsstätte.

„Wir helfen auch den Neu-Zuwanderern, die Deutsch lernen wollen oder Behördenpost nicht verstehen, wir schicken keinen weg“, sagt Hülya Ceylan, die als Sozialpädagogin in der Begegnungsstätte arbeitet. Sie ist neben ihrem Hauptjob ehrenamtliche Pressesprecherin, Gästeführerin und beredtes Aushängeschild für etwas, das sich zum Sinnbild für Duisburg entwickelte, wie der Landschaftspark oder der Innenhafen. „Eine Sehenswürdigkeit“, sagt Ceylan.

Täglich führt sie zwei bis drei Gruppen durch die Moschee, darunter Schulen und Vereine, Kirchengemeinden und Unigruppen. „Implizit pflegen alle ihre Vorurteile“, glaubt sie, „durch die Führungen gewinnen sie aber einen anderen Eindruck, im Gespräch kann man Vorbehalte auflösen“.

820 Mitglieder hat der Moscheeverein, nicht nur aus der Nachbarschaft, auch Förderer aus dem Ausland, außerdem rund 200 Kinder. Freitags ist die 300 Quadratmeter große Gebetsfläche rappelvoll, bei schönem Wetter werden weitere Teppiche in den Vorhof gelegt, erzählt Ceylan.

Die Moschee gehört zu Ditib, der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e. V.“, einem Verein, der in die Kritik geraten ist: Die Ditib-Zentralmoschee in Köln wurde vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eingeweiht. Ausgerechnet. Deutsche Politiker distanzierten sich. Parallelen zu Marxloh waren schnell gezogen.

Die Übersetzung der Freitags-Predigt wird verteilt

Yusuf Ayden vom Vorstand der Moschee verletzt das: „In Paris explodiert eine Bombe, im Integrationsrat gibt es Spannungen, irgendwo passiert etwas Negatives, und wir sollen das dann erklären, als hätten wir was damit zu tun.“ Ayden, ehemaliger Feuerfestmaurer, engagiert sich nach einem schweren Arbeitsunfall ehrenamtlich. Für ihn ist die Merkez-Moschee, wörtlich übersetzt Zentrum, eine Lebensmitte.

Von den Moscheebesuchern wird Ceylan oft gefragt, wie stark der Einfluss aus der Türkei sei. Dann verteilt sie eine Übersetzung der aktuellen Freitags-Predigt, die so in allen 900 Ditib-Gemeinden gehalten wurde. „Damit sich jeder selbst ein Bild machen kann.“ Und wie groß ist der Einfluss? „Wir beide bekommen keine Anrufe aus der Türkei, keine Post, nichts“, sagen Ceylan und Ayden. Weiter vertiefen wollen sie das Thema nicht.

Der Verein wird mit dem türkischen Staat gleichgesetzt

„Die Ditib wurde in Duisburg früher als privilegierter Partner behandelt“, sagt Ceylan. Seit sich die türkische Politik verändert hat, werde der Verein mit dem türkischen Staat gleichgesetzt. An der Basis werde aber differenziert: „Wir sind Duisburger, wir stehen für ein Miteinander, wir konzentrieren uns auf ein Zusammenleben hier vor Ort.“

Deshalb könne man das Konzept nicht einfach auf andere Städte übertragen. Einzigartig sei die Kombination aus Gebetshaus und Begegnungsstätte, nur durch das Zusammenspiel der Akteure vor Ort sei das Projekt möglich gewesen.

Gegenüber der Moschee hat die Gemeinde gerade ein 10.000 Quadratmeter großes Grundstück erworben, vielleicht für ein Mehrgenerationenhaus. Oder für die Jugendlichen. Wer angedockt ist, gerate nicht so leicht an radikale Vorbilder, sagt Ayden. Das Wunder von Marxloh - es will weiter wirken.