Troisdorf. . Sie hatten nur den festen Willen, ein klappriges Boot und ein vages Gerücht: dass da draußen ein Schiff sei, das Flüchtlinge rette. „Aber nach Gerüchten können Sie nicht leben. Wir wollten nach Singapur oder Malaysia“, erinnert sich Van Hong Le (58). 1980 flieht er aus der kommunistischen Diktatur Vietnam, auf einem Boot von neun mal zwei Metern, mit 37 Menschen an Bord, „andere waren noch viel voller, mit hunderten“. Bevor sie über das Südchinesische Meer Singapur oder Malaysia erreichen, bevor sie von Piraten überfallen werden können, ertrinken, verdursten oder verhungern wie Hunderttausende andere, gerinnt das Gerücht zu einem Schiff am Horizont. Da, die „Cap Anamur“! Gerettet.

Sie hatten nur den festen Willen, ein klappriges Boot und ein vages Gerücht: dass da draußen ein Schiff sei, das Flüchtlinge rette. „Aber nach Gerüchten können Sie nicht leben. Wir wollten nach Singapur oder Malaysia“, erinnert sich Van Hong Le (58). 1980 flieht er aus der kommunistischen Diktatur Vietnam, auf einem Boot von neun mal zwei Metern, mit 37 Menschen an Bord, „andere waren noch viel voller, mit hunderten“. Bevor sie über das Südchinesische Meer Singapur oder Malaysia erreichen, bevor sie von Piraten überfallen werden können, ertrinken, verdursten oder verhungern wie Hunderttausende andere, gerinnt das Gerücht zu einem Schiff am Horizont. Da, die „Cap Anamur“! Gerettet.

Am Wochenende feiert Le mit 600 aus ganz Deutschland angereisten Besuchern im Park der Burg Wissem in Troisdorf. Bei angenehm verschatteter Hitze enthüllen sie ein Denkmal für den Troisdorfer Rupert Neudeck, der 2016 starb: Vater dieser „Cap Anamur“. 11 300 Menschen holte die Aktion „Ein Schiff für Vietnam“ in den 80er-Jahren nach Deutschland mit dem zum Hospital umgebauten Stückgutfrachter. Diese 600 Leute hier: Sie wären fast alle tot oder nie zur Welt gekommen.

Es ist also ein Tag, an dem auch ein bisschen Sonne fällt auf eine freundliche Flüchtlingspolitik. „Rupert Neudeck hat uns die Möglichkeit gegeben, hier etwas zu leisten und dieser Gesellschaft etwas zurückzugeben“, sagen die Schwestern Sabrina und Lisa Nguyen (26/24). Auch an diesem Tag geben sie: Denn die „Gemeinschaft der Vietnamesen“, ein Zusammenschluss der früheren Bootsflüchtlinge, hat das Denkmal gewollt, dafür gesammelt und gezahlt. 61 000 Euro kamen dabei zusammen, doppelt soviel, wie es brauchte: Über 30 000 Euro werden sie am Abend in der Stadthalle der Witwe Christel Neudeck übergeben für einen guten Zweck irgendwo da draußen. Denn es hört ja nicht auf.

Wenn Wolfgang Schäuble (CDU) über das Schiff erzählt, klingt das sehr nach Gegenwart. Auf der Bühne erinnert sich der Bundestagspräsident an die „hoch umstrittene Aufnahme“ jener Flüchtlinge, an Notunterkünfte und Diskussionen um Aufnahmequoten – 1980, wohlgemerkt, nicht etwa 2018. Lebte Neudeck noch, so Schäuble, „wie sehr hätte er uns beschämt, weil wir wieder einmal nur entrüstet oder mitleidig oder nicht einmal das sind“.

Aber diese Geschichte soll kein düsteres Ende nehmen, und dazu verhilft uns John Meister. Erste Einwanderergeneration, Politologe bei der Senatsverwaltung Hamburg. Meister ist hier geboren und erzählt eine Anekdote, die in seiner Familie kreiste. Was passiert ist, als der kleine John erstmals Rupert Neudeck traf; John war vier oder so. „Meine Eltern haben damals zu mir gesagt: Das ist der Mann, der uns alle gerettet hat“, erzählt Meister. „Da soll ich gesagt haben: Mich aber nicht, ich war schon immer in Deutschland.“