Essen/Mülheim. . Im Fall des Hilfspflegers, gegen den wegen Mordes ermittelt wird, räumt die Polizei Fehler ein. Drei Beamte wurden suspendiert, zwei versetzt.

Wegen möglicher Ermittlungsfehler in Zusammenhang mit dem mordverdächtigen Hilfspfleger Grzegorz Stanislaw Wolstajn hat die Polizei Essen/Mülheim drei Beamte suspendiert und zwei weitere versetzt. Jetzt ermittelt in der Sache die Düsseldorfer Polizei.

„Hätten Verbrechen verhindert werden können, wenn man konsequenter ermittelt hätte?“, sagt Essens Polizeipräsident Frank Richter am Montag: „Ich kann es ihnen momentan nicht beantworten.“ Der 36-jährige Verdächtige sitzt in Stadelheim in U-Haft, die Polizei hält eine Mordserie für möglich: Es bestehe der „dringende Tatverdacht, eine unbekannte Anzahl hilfsbedürftiger Senioren getötet zu haben“, so Richter.

„Man hätte auf ,versuchter Mord’ kommen können“

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Die Polizeifehler von Mülheim beziehen sich auf einen 91-jährigen Betreuten des Hilfspflegers, der am 25. Mai 2017 in Lebensgefahr ins Krankenhaus kam. Ihm war unnötigerweise Insulin gespritzt worden. Der Mann überlebte zunächst. Am 6. Juni stellte seine Tochter Anzeige. Die Polizisten behandelten die Vorwürfe als „gefährliche Körperverletzung“.

„Man hätte auch auf den Tatvorwurf ,versuchter Mord’ kommen können“, sagt die Leitende Kriminaldirektorin Martina Thon: „Gefährliche Körperverletzung ist vielleicht zu vorsichtiger. Das gibt ja dann auch eine Blickrichtung vor.“

In zehn Todesfällen wird ein Zusammenhang geprüft

Schwerer als eine polizeiliche Einordnung aber wiegen konkrete Versäumnisse. Nach Thons Recherchen gab es keine Anfragen bei anderen deutschen Polizeibehörden oder in Polen, ob über den Mann etwas bekannt sei. Auch die Firma, die ihm die Stellen vermittelte, wurde demnach nie angesprochen.

Weitergehende Ermittlungsaufträge der Staatsanwaltschaft Duisburg, den Wohnsitz zu überprüfen und nach ähnlichen Taten in Deutschland oder Polen zu suchen, blieben liegen. „Das ist nicht passiert.“

Konkret wird dem 36-Jährigen bisher vorgeworfen, im Februar 2018 einen 87-Jährigen in Ottobrunn mit Insulin getötet zu haben. In zehn Todesfällen wird ein Zusammenhang überprüft.

Polizei bittet weiter Angehörige, sich zu melden

Vier weitere Menschen, die er betreute, wurden in der Vergangenheit in lebensbedrohlichem Zustand in Krankenhäuser gebracht: Sie überlebten dank notfallmedizinischer Behandlung. Der 91-jährige Mülheimer starb allerdings wenige Wochen später, da war der Pfleger längst weg.

In drei weiteren Fällen besteht der Verdacht, dass der angelernte Mann, der nur als „Haushaltshilfe“ beschäftigt werden durfte, seine Schutzbefohlenen bestahl. Nun versucht die Staatsanwaltschaft München, sich einen Überblick über alle Arbeitsorte Wolstajns in Deutschland zu verschaffen.

Er arbeitete hier seit 2011 in Privathaushalten und war häufig nur sehr kurz beschäftigt. 50 Stellen sind bisher bekannt. Angehörige, die ihn kennen, bleiben aufgerufen, sich bei der Polizei zu melden.