Essen. . „Ob mich ein Minister anruft oder mein bester Kumpel“, sagt der Chef der Essener Tafel Jörg Sartor. Er bleibt bei seiner umstrittenen Linie.

Nun soll es also ein „Runder Tisch“ richten. Jörg Sartor hat eigentlich keine große Lust mehr darüber zu reden. „Heute Morgen hat mich der Dobrindt angerufen“, grummelt der Vorsitzende der Essener Tafel in den Hörer. Kommt ja nicht jeden Tag vor, dass man ein Mitglied der Bundesregierung am Apparat hat. „Aber wissen Sie, ob mich ein Minister anruft oder mein bester Kumpel ...“ – für Sartor macht das keinen Unterschied. Mit seiner Meinung hält er nicht hinterm Berg.

Sartor: „Wir lassen uns nicht vor einen politischen Karren spannen“

Der Bundesverkehrsminister wollte von Sartor persönlich hören, warum der Verein bis auf Weiteres keine Migranten mehr aufnimmt. Der vorübergehende Aufnahmestopp, bei dem es nun erst einmal bleiben wird, hat Wellen geschlagen. Nicht nur Land auf, Land ab berichteten Zeitungen darüber. Sogar die renommierte „Washington Post“ griff den Streit um die „Essen Tafel“ auf. In Berlin reden sie plötzlich über Armut in Deutschland. Wenn man so will, ist das ein Verdienst der Essener Tafel. Und sie streiten darüber, ob die Integrationsfähigkeit des Landes an Grenzen stößt. Die Flüchtlingskrise wirkt nach. Dobrindt stellt sich gegen Merkel. „Wir lassen uns nicht vor einen politischen Karren spannen, egal vor welchen“, sagt Sartor.

Der Chef der Tafel hofft, dass sich die Wogen glätten. Nun, da Essens Sozialdezernent Peter Renzel innerhalb von 14 Tagen einen „Runden Tisch“ einberufen wird. „Wir hätten uns sowieso zusammengesetzt, um zu beraten, wie es weitergeht. Die Quoten gehen ja schon runter.“ Sartor spricht vom Anteil der Ausländer unter den 6000 Tafelkunden. Der lag bei 75 Prozent, als der Verein sich nicht mehr zu helfen wusste und den Aufnahmestopp aussprach. Das war im Dezember. Dann berichtete die WAZ. Sartor sprach von einem Ungleichgewicht, davon, dass „die deutsche Oma wegbleibt, weil sie sich nicht mehr wohlfühlt“. Und davon, dass sich Migranten unter den Kunden nicht immer an die Regeln halten. Plötzlich war die „Essener Tafel“ DAS Thema.

Der Verband der Migranten will sich nun stärker engagieren

Was er sich vom Runden Tisch verspricht? „Verständnis und konstruktive Vorschläge“, sagt Sartor. Es wird darum gehen, wie die Tafel sicherstellen kann, dass allen voran Alleinerziehende, Familien mit Kindern und Senioren durch Lebensmittelspenden geholfen wird – unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, wie Essens Sozialdezernent Renzel betont.

Wohlfahrtsverbände werden mit am Tisch sitzen und der Verbund der Essener Migrantenorganisationen. Letzterer war bislang durch beredtes Schweigen aufgefallen. „Wir haben uns zurückgehalten. Wir waren geschockt“, sagt der Vorsitzende des Verbundes, Muhammet Balaban. Nun wolle man sich einbringen. „Ich habe bereits Restaurants und Gemüseläden angesprochen, ob sie etwas beitragen können.“ Und auch um diejenigen, die sich daneben benehmen, „auch um die müssen wir uns kümmern“.