Essen. Zoll und Polizei sind am Morgen mit mehr als 1000 Kräften im Großeinsatz. Hintergrund soll der Kampf gegen Schwarzarbeit im Baugewerbe sein.

  • Größte Razzia der Landesgeschichte: Mehr als tausend Einsatzkräfte
  • Einsatz gegen organisierte Schwarzarbeit
  • Wohnungen und Geschäfte gestürmt

Mit dem bislang größten Schlag gegen organisierte Schwarzarbeit am Bau in Nordrhein-Westfalen hat der Zoll ein kriminelles Netzwerk ausgehoben, das einen Schaden von rund 48 Millionen Euro verursacht haben soll. An der Betrugsmasche sollen 450 Baufirmen beteiligt gewesen sein, wie Zoll und Polizei am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Krefeld mitteilten.

In diesem Hochhaus in Erkrath führt der Zoll Durchsuchungen durch.
In diesem Hochhaus in Erkrath führt der Zoll Durchsuchungen durch. © Christoph Reichwein/dpa

Bei einer landesweiten Razzia waren seit dem frühen Dienstagmorgen mehr als 1100 Beamte von Zoll und Polizei im Einsatz. Sie durchsuchten 140 Wohnungen und Geschäftsräume. Sechs Männer und zwei Frauen im Alter von 31 bis 72 Jahren wurden mit Haftbefehl festgenommen. Die Fahnder beschlagnahmten Waffen, darunter zwei automatische Armbrüste, Bargeld und mehrere Fahrzeuge. Auch Spezialkommandos der Polizei waren im Einsatz.

Ermittlungsverfahren gegen 450 Käufer von Scheinrechnungen

Nach Angaben der Ermittler haben die Beschuldigten über ihr Firmengeflecht den Bauunternehmen Scheinrechnungen für gar nicht erbrachte Leistungen ausgestellt. Die Firmen hätten die Rechnungen bezahlt und das Geld - nach Abzug einer Provision von bis zu 10 Prozent - in bar zurück erhalten, sagte der Sprecher der Ermittlungskommission, Heinz Michael Horst. Es handele sich um einen Fall von erheblichen Dimensionen. Gegen die 450 Käufer der Scheinrechnungen seien eigene Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Beamte des Zolls besprechen sich beim Einsatz in Erkrath.
Beamte des Zolls besprechen sich beim Einsatz in Erkrath. © Christoph Reichwein/dpa

Die Scheinrechnungen seien als Betriebsausgaben verbucht worden. Mit dem von den Scheinfirmen zurückgezahlten Geld hätten die Bauunternehmen dann tatsächliche Schwarzarbeit bezahlt. Auf diese Weise hätten die Firmen Steuern und Sozialabgaben hinterzogen. Horst sprach von einem System, "aus Weißgeld Schwarzgeld zu machen". Die Scheinrechnungen hätten sich auf Beträge von bis zu 4 Millionen Euro belaufen. Das zeige, dass nicht nur kleine Firmen beteiligt gewesen seien, sagte Horst.

Ermittler fanden 14 Scheinfirmen

Die Ermittlungen liefen bereits seit 2016. Bisher konnten den Angaben zufolge 14 Scheinfirmen aufgedeckt werden, die von den acht Hauptbeschuldigten über 28 Strohmänner gesteuert wurden. Diese "Servicefirmen" wurden jeweils nach kurzer Zeit abgemeldet, die Strohmänner tauchten regelmäßig unter. Der bei den Ermittlungen federführende Wuppertaler Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert sagte, er handele sich um "hochprofessionelle Täter". Wenn den Beschuldigten vor Gericht Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall nachgewiesen werde, drohten ihnen je Fall Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Zudem müssten sie mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe rechnen. (dpa)

Größte Razzia in NRW

Spezialeinheiten von Zoll und Polizei gemeinsam im Einsatz gegen organisierte Schwarzarbeit.
Spezialeinheiten von Zoll und Polizei gemeinsam im Einsatz gegen organisierte Schwarzarbeit. © Christoph Reichwein/dpa
Spezialeinheiten von Zoll und Polizei gemeinsam im Einsatz gegen organisierte Schwarzarbeit.
Spezialeinheiten von Zoll und Polizei gemeinsam im Einsatz gegen organisierte Schwarzarbeit. © Christoph Reichwein/dpa
Eine Frau wurde festgenommen.
Eine Frau wurde festgenommen. © Christoph Reichwein/dpa
In diesem Hochhaus in Erkrath wurden vom Zoll Durchsuchungen durchgeführt.
In diesem Hochhaus in Erkrath wurden vom Zoll Durchsuchungen durchgeführt. © Christoph Reichwein/dpa
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