Mülheim. . Der Blimp ist zu einem Wahrzeichen der Region geworden und startet vom Flughafen Mülheim/Essen zu Rund- und Werbeflügen. Jetzt ist wieder Saison.
Mit einem Rattern springt der Motor an. Sanft wiegt sich das 60 Meter lange Luftschiff in den Seilen, je fünf Männer halten eines fest. Klaus Höllmann streckt schon beide Arme empor. In seiner orangenen Warnweste steht der Crewchef mitten auf dem hoch gewachsenen Rasen des Flugplatzes. Gleich wird er das Startsignal zum Abflug geben, die Seilmannschaft lässt die Sicherung los – Luftschiff „Theo“ hebt ab.
Die Westdeutsche Luftwerbung (WDL) fliegt mit ihrem Blimp vom Flughafen Mülheim/Essen aus nicht nur Werbung durch die Luft, sondern auch Passagiere. Sieben haben neben Pilot Frank Luderer in der Gondel Platz. Schnell dreht der Pilot am hölzernen Höhenruder neben sich. „Theo“ steigt immer weiter in die Luft. Steil, aber in gemächlichem Tempo. 300 Meter hoch geht es. „Ich hoffe, ich fliege gleich über meinen Stadtteil“, sagt Anke Meyer aus Mülheim. Ihr Wunsch erfüllt sich nicht. Der Wind hat andere Pläne. „Wir fliegen mit dem Wind los und landen gegen den Wind“, sagt Höllmann.
Das eigene Wort ist kaum zu verstehen
Über Bochum, Hattingen und Velbert fliegt „Theo“ an diesem Spätnachmittag. Mit 60 Stundenkilometern geht es nun über die Heimat. Zwei 210 PS-starke, mit Flugbenzin betriebene Motoren treiben das Luftschiff an. Das Besondere an „Theo“: Es ist ein reiner Ballon. Anders als bei einem Zeppelin hat er kein Trägergerüst. Helium schickt ihn in den Himmel.
„Alles klar?“, ruft Frank Luderer in die Gondel, sobald der Blimp in die Luft schwebt. „Alles klar!“, lautet die einstimmige Antwort. Dann: Schweigen. Außer dem monotonen Brummen des Motors ist es ruhig in der Gondel. Das eigene Wort ist sowieso kaum zu verstehen. Die Passagiere genießen die Aussicht.
„Wie ein großes Spielzeugland“
Und was für eine. Nach wenigen Augenblicken in der Luft fliegt der weiße Riese schon über den Baldeneysee, die Villa Hügel. Die vorbeiziehenden Wolken zaubern Schattenspiele auf Flüsse, Wälder und Häuser. Ausgestattet mit einer Kamera ist jeder Fluggast. „Vor uns liegt jetzt Hattingen“, sagt Luderer nach einer Weile. Tatsächlich zeigt sich gleich die imposante Henrichshütte, in der einst Koks, Eisen und Stahl produziert wurde. Unter den Füßen das stetige Vibrieren des Motors.
Bald darauf: Der Kemnader See. „Da vorne ist das Zeltfestival“, sagt Ute Borchert, als sie die weißen Zeltdächer entdeckt, die sich neben dem Wasser wie eine eigene Stadt aufreihen. Die Bochumerin erkennt alles wieder. Es ist schließlich ihre Heimat, über die das Luftschiff gerade steuert. Und doch: „Dass unser Bochum so schön grün ist, hätte ich nicht gedacht.“ Unter uns taucht die Brache des Opel-Werks auf. Eine große, braune Fläche. Luderer steuert nun zurück Richtung Mülheim. Aus der Luft betrachtet, sieht das Revier aus wie eine Miniaturwelt. Der Gelsenkirchener Wohnturm „Weißer Riese“ scheint gleich hinter der „Himmelstreppe“ zu liegen. „Die Landschaft sieht aus wie ein großes Spielzeugland", findet Anke Meyer. Auch sie erkennt aus der Luft vieles wieder und entdeckt, was sie vorher nicht ahnte: „Erstaunlich, wie viele Schwimmbecken in den Gärten stehen.“
Die nächsten Fluggäste warten schon
Da sind auch wieder die leuchtenden Warnwesten des Bodenpersonals zu sehen. Frank Luderer dreht eifrig am Höhenruder. Er steuert auf die riesige Rasenfläche zu. Fast den Boden erreicht, sprinten die Männer auf „Theo“ zu, greifen nach den Seilen. Die nächsten Fluggäste warten schon. Und „Theo“ steigt wieder 300 Meter in die Luft. Hoch über die Heimat.