Ruhrgebiet. Nuschelnder Prinz Harry ließ die Zehntklässler in der Prüfung verzweifeln. Das Schulministerium reagiert auf die Proteste.
Dass Prinz Harry so genuschelt hat, dafür können die Zehntklässler in NRW doch nichts. Das hat nach massiven Protesten auch NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) eingesehen. Sie nahm den umstrittenen Teil der zentralen Englischprüfung, die rund 100 000 Schüler an Real- und Gesamtschulen geschrieben haben, aus der Bewertung. Wer möchte, darf die Klausur auch wiederholen. Zudem erhalten Lehrer mehr Spielraum bei der Benotung der Arbeit. Was die Schüler erfreut, lässt manche Lehrer aufstöhnen: Sie müssen sich nun sämtliche Klausuren erneut vornehmen.
Was war passiert? Wut, Verzweiflung, Tränen. Völlig aufgelöst saßen Schüler am vergangenen Donnerstag vor ihren Aufgaben. Viele hatten sich intensiv vorbereitet, ist die Note doch wichtig für das Abschlusszeugnis und entscheidet mit darüber, ob man den begehrten Q-Vermerk für den Wechsel in die Oberstufe eines Gymnasiums erhält.
Klagen von Schülern und Lehrern
Doch auch gute Schüler hatten Probleme, die Aufgaben zu lösen. „Die Prüfung war unfair und verbaut den Schülern die Zukunft. Sie steht in keinerlei Zusammenhang mit den sonstigen Ansprüchen“, empörte sich stellvertretend eine Lehrerin aus Münster. Und ein Wittener Schüler klagte, in der Prüfung seien Vokabeln abgefragt worden, „die wir noch nie gelernt oder gehört haben“.
Es ging um die Apartheid in Südafrika. Gescheitert waren viele Schüler an einer Rede des britischen Prinzen Harry, mit der das Hörverstehen abgefragt werden sollte. Sie sei so nuschelig und unverständlich vorgetragen worden, dass die Zehntklässler kaum etwas verstanden hätten. Passagen mit der Sängerin Miriam Makeba waren von Musik unterlegt und kaum zu erfassen, klagten die Schüler. Zahlreiche Vokabeln seien zudem völlig fremd gewesen.
Mehr als 44 600 Unterstützer
Bereits kurz nach der Prüfung mehrten sich in den sozialen Netzwerken verärgerte Stimmen. Die Aufgaben seien zu schwierig und hätten Abitur-Niveau gehabt. Auch der 16-jährige Gesamtschüler Dario Schramm aus Bergisch Gladbach kam nicht klar und startete noch am selben Tag eine Online-Petition, in der eine Wiederholung der Klausur gefordert wird. Von dem Echo zeigte sich der Schüler selbst überwältigt. Bis gestern sammelte die Petition gut 44 600 Unterschriften ein.
Der nun gefundene Kompromiss besänftigte die Kritiker. „Wir hatten eine neue Chance für die Schüler gefordert. Das Ministerium hat richtig und rasch reagiert“, sagte Dorothea Schäfer, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Ähnlich urteilte Brigitte Balbach vom Verband Lehrer NRW, der Pädagogen der Sekundarstufe I vertritt. „Das ist ein richtiger Schritt.“ Nun aber müsse eine genaue Überprüfung die Frage klären, wieso es offensichtlich eine Kluft zwischen den Prüfungsfragen und dem erlernten Stoff gab. Solche Probleme dürften sich nicht wiederholen.
Das könnte sich sehr rasch erweisen: Gestern brüteten die Zehntklässler über der zentralen Abschlussprüfung in Mathematik.