Ruhrgebiet. Die warme Mahlzeit in der Schulkantine wird von Jugendlichen nicht geschätzt. Dafür greifen sie bei Brötchen, Donuts und Süßkram zu.

Mit dem Glockenschlag fluten die Schüler die Mensa. Vor der Essensausgabe bildet sich sofort eine Schlange. Brötchen, Baguettes, Teilchen gehen im Akkord über die Theke. Schon ist der Nächste dran und ordert einen Snack. Luca Fröschke hat sich eine Käse-Brezel gekauft. „Das reicht mir für den Vormittag“, sagt der Achtklässler und beißt zu. Ein warmes Mittagessen in der Schule – darauf hat er keine Lust. Er isst immer nach der Schule zu Hause. „Da schmeckt es einfach besser.“

1050 Schüler besuchen das Steinbart-Gymnasium in der Duisburger Innenstadt. Nicht mal eine Handvoll isst in der Mensa das warme Menü. „Dafür gibt es sicher viele Gründe“, sagt der stellvertretende Schulleiter Volker Blumensaat. Bäcker, Pizzeria und Fast-Food-Restaurant sind um die Ecke – aber welche Rolle spielt das Essen selber? „Das ist eigentlich okay“, findet Berivan Kurutas. Wenn sie Nachmittagsunterricht hat, isst sie manchmal in der Mensa. Alina Karaaslan und Ensar Aljiji aus der 8e sind anderer Meinung: „Wir haben es ein paar Mal probiert, aber das war wirklich nicht lecker.“

Geld macht man auch mit Brötchen

Und heute? Hähnchenschnitzel mit Sauce, Gemüse und Nudeln stehen auf dem Speiseplan. „Klingt doch eigentlich nicht schlecht“, sagt Blumensaat. 3,50 Euro zahlen Schüler für das Gericht plus Dessert. Ein Caterer führt die Mensa für die Schule – aber der macht sein Geld eben auch mit Snacks.

Das Steinbart-Gymnasium ist beileibe nicht die einzige Schule, die mit ihrem Kantinenbetrieb hadert. Zuletzt wurden an der Gesamtschule Bockmühle in Essen täglich nur sechs warme Gerichte bestellt – bei 1400 Schülern. Hier hat sich mittlerweile die Stadt eingeschaltet. Sie will Experten befragen, unter anderem Sternekoch Frank Rosin, der in seiner TV-Show normalerweise kriselnden Restaurants auf die Beine hilft.

Grundschüler nutzen Angebot häufiger

Doch warum vergeht den Jugendlichen der Appetit? „In der Grundschule gehen noch 80 Prozent der am Nachmittag betreuten Schüler essen“, erklärt Ursula Tenberge-Weber von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung. In den weiterführenden Schulen sind es in NRW laut einer Studie nur noch 30 Prozent.

Bei der Ursachenforschung tun sich alle Beteiligten schwer: Komplizierte Bestellverfahren mit Stempelkarten, Konkurrenz durch Imbissbuden oder ist es das Essen an sich? Das wird häufig schon morgens warm angeliefert und dann auf Temperatur gehalten. „Man kann sich vorstellen, wie es dann aussieht“, sagt Tenberge-Weber. Die Speisepläne seien ein weiteres Problem: Zu fleischlastig, zu wenig Fisch, Vollkornprodukte und Gemüse. Außerdem fehle die Auswahl: Oft stehe nur ein Gericht pro Tag auf dem Plan.

Und was sagen die Caterer? Philip Enxing von „Keppner Schulverpflegung“, atmet tief ein. „Es ist eine Herausforderung“, gesteht er. Das Essen solle gesund, abwechslungsreich und lecker sein. Viel kosten darf es dabei nicht. „Den Preis kann man nur über die Menge erreichen.“ Bis zu 1200 Essen liefert er pro Tag von Willich an 18 Schulen im Ruhrgebiet aus.

Spaghetti Bolognese ist am beliebtesten

Nicht immer macht der Caterer dabei Gewinn. Es sei eine Mischkalkulation, sagt Enxing. Wenn es Rinderbraten oder Hähnchengeschnetzeltes gibt, sei man über die schwarze Null froh. Steht Gemüsebrühe auf dem Speiseplan, bleibt etwas hängen. Die Attraktivität der Gerichte entscheidet über die Bestellzahlen. Der absolute Renner ist weiterhin Spaghetti Bolognese. Immer aber verdient der Caterer an Donuts, Schokoriegeln und Muffins – an zugekauften Fertigartikeln und geschmierten Brötchen.

Auf der Suche nach den Gründen für die Misere sind viele Schulen dazu übergegangen, die Schüler zu fragen, was sie sich wünschen. Das hat auch das Steinbart-Gymnasium getan: Frisches Obst und leckere Baguettes sind die Favoriten. Und noch eine Erkenntnis hat man gewonnen: Die Schüler ziehen einen guten Snack einem schlechten Mittagessen vor.

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Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung NRW bietet Informationen rund um das Thema, entwickelt Unterrichtsmaterialien und bietet Beratung für alle am Schulessen Beteiligten an. Terminvereinbarung und Beratung unter 0211/3809714 oder schulverpflegung@vz-nrw.de.