In Cannes warten Stars, Sternchen und viele Stunden in dunklen Kinosälen auf vier Hattinger Schüler.Ein Schreib-Wettbewerb machte sie zu Filmkritikern.
Cannes/Hattingen. Es ist heiß. Auf der Croisette tummeln sich Stars und Sternchen, an allen Ecken der Promenade flackert Blitzlichtgewitter. Immer wieder setzt sich die träge Masse der Schaulustigen unvermittelt in panikartigen Galopp - alles rennt, man könnte die Ankunft eines Stars verpassen. Und dann kommt er tatsächlich: Jean Reno kreuzt, begleitet von einem Pulk von Personenschützern, die Croisette, auf dem Weg zu einer TV-Show, die am Strand aufgezeichnet wird. Winkt kurz, und ist verschwunden. Die Filmfestspiele halten ihre Besucher in Atem.
Für Ausflüge in den Trubel bleibt Lisa Carina Krick und Ann-Kathrin Malzkorn, Mario Karbowiak und Thomas Kubala nicht viel Zeit. Die vier Elftklässler aus Hattingen sind nicht zum Spaß hier - sie arbeiten. Als Nachwuchsfilmkritiker wurden sie vom Deutsch-Französischen Jugendwerk an die Cote d'Azur eingeladen, um hier gemeinsam mit anderen Jugendlichen aus Deutschland und Frankreich Filme von Nachwuchsregisseuren zu beurteilen.
Vier deutsche und vier französische Gruppen hatten sich durch eine Filmkritik für die Teilnahme an diesem Programm qualifiziert. "Wir haben die Croisette morgens und abends gesehen, auf dem Weg zur Arbeit und auf dem Weg ins Hotel", erklärt Französischlehrerin Sabine Krabiell. Und trotzdem: "Cannes ist toll", finden die vier jungen Kritiker. "Supertoll und superanstrengend", fasst Lisa Carina zusammen.
Zehn Tage Cannes - eine gute Gelegenheit die Sprachkenntnisse aufzupolieren. "Vom Verständnis her geht es jetzt besser", meint Mario. "Man traut sich jetzt auch, was zu sagen."
Aber vor allem die Filme haben Eindruck hinterlassen: "Ich werde auf jeden Fall zu Hause öfter ins Kino gehen", meint Lisa. Sie hat Gefallen an außergewöhnlichen Filmen gefunden, die in den großen Kinos nicht zu finden sind. Besonders beeindruckt hat sie ein japanischer Film, der eine bizarre Familiengeschichte thematisiert. "Das hat mich tief berührt", gibt sie zu.
Geschäftiges Treiben herrscht im Hof des Maison d'Associations. In Gruppen sitzen die Schüler zusammen und beratschlagen sich. Am Nachmittag muss die Kritik fertig sein. Insgesamt neun lange und jede Menge Kurzfilme haben die Jugendlichen angeschaut. Am Ende der Woche müssen sie in einer Jury-Sitzung den Film auswählen, der ihnen am Besten gefallen hat. Der Sieger bekommt den Preis der (ganz) jungen Kritik, ausgelobt vom Deutsch-Französischen Jugendwerk und dem Fernsehsender TV5Monde.
Die Jury-Sitzung ist eine ernste Sache: An einem langen Tisch sitzen die Vertreter der Gruppen, jeder Film wird einzeln besprochen. "Wir fanden manche Dialoge zu lang und überflüssig", kommentiert Ann-Kathrin einen Film. Der Favorit der Deutschen: "Voleurs des Chevaux" - Pferdiebe - des belgischen Regisseurs Micha Wald. Der Favorit der restlichen Jury ist ein anderer: "Meduzot", eine israelisch-französische Coproduktion."Ich werde auf jeden Fall zu Hause öfter ins Kino gehen"