Der Verband Islamischer Kulturzentren soll Kinder antidemokratisch erziehen, heißt es in einem Polizeipapier. In Duisburg unterhält der Verein ein Vorzeigewohnheim. In Waltrop betrieb er bis Mittwoch ein illegales Internat.

Duisburg/Köln. Kinder würden geschlagen und auf den Koran getrimmt. Der Heilige Krieg und das Märtyrertum sollen in Predigten verherrlicht worden sein. Antijüdische, antidemokratische Einstellungen würden vermittelt, Gemeindemitglieder an der Integration gehindert. Es sind schwere Vorwürfe, die die Polizei in Köln gegen den Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) erhebt. Auch in den Gemeindezentren sollen Steuern hinterzogen worden sein, belastende Unterlagen seien systematisch vernichtet worden. Zusammengefasst sind die Einschätzungen in einem internen Bericht, der entstand, nachdem die Polizei im März und Mai 2005 gegen den drittgrößten türkischen Religionsverband wegen Steuerhinterziehung ermittelt hatte. Die Polizei bestätigte die Existenz des Papiers, von dem der Kölner Stadt-Anzeiger am Freitag berichtet hatte.

Entgegen dieser Einschätzung zeigt der VIKZ in Duisburg-Hochfeld ein freundliches Gesicht. Er unterhält hier ein Schülerwohnzentrum für etwa 40 Kinder und Jugendliche. Sie besuchen vormittags die reguläre Schule und werden am Nachmittag bei den Hausaufgaben unterstützt. Natürlich steht auch Korankunde auf dem Plan. Eltern, die ihre Kinder hier abgeben, erwarten vor allem ein konservatives religiöses Fundament. Das Jugendamt Duisburg prüft regelmäßig, ob es hier negative Einflüsse gibt, sein Leiter Thomas Krützberg (SPD) sagt: "Wir haben auch über die Schulen ein besonderes Auge auf das Wohnheim. Und die Schüler sind nicht abgeschottet, wir haben positive Erfahrungen gemacht mit der Gemeinde vor Ort." Auch das Landesjugendamt bestätigt: Die Kinder sind durch die Betreuung besser geworden in der Schule.

Das Landesjugendamt Münster dagegen hat am Mittwoch bereits ein illegales Internat desselben Verbandes in Waltrop ausgehoben. Dem Einwohnermeldeamt war aufgefallen, dass 30 junge türkische Frauen ihren Wohnsitz in der Moschee Am Schwarzbach angegeben hatten. Das Gebäude in einem Gewerbegebiet ist jedoch baurechtlich nicht zugelassen als Wohnraum. Wie sich bei dem unangekündigten Besuch herausstellte, haben sechs muslimische Theologinnen aus der VIKZ-Zentrale in Köln die 30 Frauen internatsmäßig unterrichtet, darunter elf Minderjährige. Interessanterweise haben zunächst weder Stadt, noch Amt oder Polizei die Öffentlichkeit informiert.

"Was Koranschulen mit Internatsbetrieb angeht", sagt Matthias Lehmkuhl vom Landesjugendamt, beobachten wir 20 Projekte im Land, die sich zum Teil noch in der Planung befinden. So etwas wie in Waltrop ist uns noch nicht untergekommen."

Der VIKZ zeigt also zwei Gesichter: Zurzeit plant der Moscheeverein im Duisburger Stadtteil Walsum ein Gebetszentrum. Anfangs ahnte die örtliche Politik nicht, dass aus einem schlichten Gebetsraum im Laufe des Bauantragsverfahrens eine Großmoschee werden würde. Das Zentrum soll nun samt Schülerwohnheim mit 60 Plätzen und Einkaufszentrum stattliche 7500 Quadratmeter einnehmen.

Peter Hoppe, Vorsitzender der Walsumer CDU, ist sich mit allen anderen Parteien in der Bezirksvertretung einig: Der "Moschee-Gigant" darf nicht kommen. Hoppe: "Wir fühlen uns vergewaltigt." Doch die Stadtverwaltung will das Projekt durchsetzen, weil es genehmigungsfähig sei.

Scharfe Kritik daran kommt etwa von Sait Keles, Ratsherr der Grünen in Duisburg und selbst Türke: "Im Besonderen fällt das gesellschaftliche Fehlverhalten der Religionsgemeinschaft VIKZ auf, die erneut die Duisburger mit der Errichtung von Gebetshäusern vor vollendete Tatsachen stellen möchte . . . Mit Verschleierungen und wohlklingenden Worthülsen gewinnt man kein Vertrauen."

Vom Verfassungsschutz wird der VIKZ bislang nicht beobachtet. Es hätten bisher keine Anhaltspunkte vorgelegen, dass der Moscheeverein gezielt politisch aktiv geworden sei, um die "freiheitliche demokratische Grundordnung" zu gefährden, so eine Sprecherin. Die mögliche Indoktrination Jugendlicher gilt hier offenbar als unpolitisch - im juristischen Sinn.

Mehr zum Thema:

Kommentar: Genauer hinschauen