Duisburg. Schüsse in Marxloh. Seit Anfang des Jahres zählte die Kripo 21 Kapitaldelikte. Beamte arbeiten rund um die Uhr. Heinz Sprenger, Chef der Mordkommission: Kriminalität nimmt nicht zu, aber das Wertebewusstsein verändert sich.
Die Mordkommission bei der Duisburger Kripo ist in diesem Jahr im Dauereinsatz. Am Sonntag wurde ein 23-jähriger Bochumer von einem noch unbekannten Mann durch mehrere Schüsse schwer verletzt. Der 23-jährige unverheiratete Mann ist mittlerweile außer Lebensgefahr. Es war das 21. Gewaltdelikt seit Anfang des Jahres. Es ist auch die 21. Mordkommission, die ihre Arbeit aufgenommen hat; bis zu 16 Mann stark.
Was das Verbrechen in Marxloh kaum von den anderen unterscheidet? Es handelt sich offensichtlich erneut um eine Beziehungstat. Der Bochumer hatte beim Chat im Internet Kontakt zu einer Duisburgerin aufgenommen. Am vereinbarten Treffpunkt tauchte nicht die Frau, sondern ein Mann im Jogginganzug auf, der kurz mit dem Opfer sprach und dann mehrere Schüsse abgab. Es soll sich um einen gut 30 Jahre alten Türken handeln: nach Beschreibung des Opfers von stabiler Statur mit Bauchansatz und dünnem Oberlippenbart.
Liste der Gewaltverbrechen ist lang
Seit Februar kommt die Kripo nicht mehr zur Ruhe, als nach einem Brandanschlag in Röttgersbach eine 22-jährige Bewohnerin starb. Oft ermitteln die Beamten rund um die Uhr, erhalten Verstärkung von anderen Dezernaten. Die Liste der Gewaltverbrechen ist ungewöhnlich lang: Schüsse auf Internet-Cafés in Hochfeld und Marxloh, ein Asylbewerber bringt seine Betreuerin um, ein Mieter seine über 80-jährige Vermieterin. Vor einem Café neben dem Ostausgang des Hauptbahnhofs fallen Schüsse, junge Leute werfen Holzlatten von zwei Autobahnbrücken in Neudorf auf die A3, ein Mann stirbt durch eine Schussverletzung vor dem Etap-Hotel und jetzt die Schüsse in Marxloh.
Nimmt die Gewalt in Duisburg zu?
Hat sich Duisburg zu einem Zentrum der Gewalt entwickelt? Heinz Sprenger, Leiter des Kriminalkommissariats 11 und jetzt zum wiederholten Mal Chef der Mordkommission, verneint die Frage. Die Kapitaldelikte hätten zwar in diesem Jahr extrem zugenommen, doch sieht er darin keinen Trend zu zunehmender Kriminalität. Fast immer ging es um Beziehungen im Kreis der Opfer und Täter. Allerdings ist er überzeugt, dass Gewaltverherrlichung in bestimmten Medien und im Internet Menschen abstumpfen und gefühlskälter werden lässt. "Das hat Auswirkungen auf das Wertebewusstsein."