Gelsenkirchen. . Es ist das letzte Jahr am Eppmannsweg in Gelsenkirchen. Leiter, Stellvertreter und viele Lehrer sind bereits weg. Nur zwei zehnte Klassen lernen hier noch.
Die Hauptschule am Eppmannsweg bereitet sich auf ihr Ende vor: Seit 2010 gibt es in der Schule in Gelsenkirchen-Hassel jedes Jahr einen Jahrgang weniger, jedes Jahr verabschieden sich mehr Lehrer. Übrig geblieben sind zwei zehnte Klassen. Wenn sie im kommenden Sommer ihren Abschluss machen, läuft die Hauptschule endgültig aus – wie landesweit fast 200 andere in fünf Jahren. „Das ist schon komisch“, sagt der 15-jährige Ömer. „Wir waren die letzten, die hier angefangen haben und sind die letzten, die gehen.“
Der Leiter der Hauptschule ist bereits vor einem Jahr in Pension gegangen, sein Stellvertreter vor wenigen Wochen. Seitdem ist Ralph Schlumberger kommissarisch mit der Schulleitung beauftragt, wie es im Amtsdeutsch heißt. „Ich habe die unangenehme Aufgabe, die Schule endgültig abzuwickeln“, sagt der 62-Jährige. Eigentlich ist Schlumberger stellvertretender Leiter der Sekundarschule, die 2012 mit in das Gebäude am Eppmannsweg eingezogen ist. Die beiden Kollegien teilen sich seitdem zwar ein Lehrerzimmer, aber die Konferenzen laufen getrennt ab. „Die Hauptschule soll an diesem Standort in Ruhe auslaufen.“
Viele Lehrer haben gewechselt
Wie sich die Schullandschaft wandelt
4,1 Prozent der Kinder in NRW besuchten im Schuljahr 2015/16 eine Hauptschule. Innerhalb von zehn Jahren ist der Anteil der Hauptschule an den Übergängen um drei Viertel zurückgegangen.
640 Hauptschulen gab es 2010/11 in NRW. Im vergangenen Schuljahr waren es 456.
2011 wurde die Einführung der Sekundarschule beschlossen.
Ein Jahr lang wird Schlumberger Ansprechpartner für Lehrer, Eltern und die verbliebenen 44 Schüler sein. „Zudem muss ich am Ende des Schuljahrs die ganzen Akten und das Inventar übergeben – quasi an mich selbst.“ Denn die neue Sekundarschule wird die Hauptschule sozusagen übernehmen. „Neben den Räumen zum Beispiel auch Musikinstrumente und Sportgeräte.“ Nur die Schulbücher werden wohl größtenteils im Müll landen. „Die Sekundarschule ist eine andere Schulform.“ Die Kinder lernen hier länger gemeinsam.
Viele Lehrer der Hauptschule sind bereits an die Sekundarschule gewechselt – oder haben sich in eine andere Stadt versetzen lassen. Für die Schüler nicht immer einfach: „Wir hatten drei oder vier verschiedene Klassenlehrer. Das war schon blöd, weil man sich an den Lehrer ja auch gewöhnt“, sagt die 16-jährige Enise. Dass es „ihre“ Schule bald nicht mehr geben wird, findet sie schade. „Aber an der Sekundarschule hat man mehr Chancen: Man kann verschiedene Abschlüsse machen.“
Sekundarschule hat besseres Image
Auch unter den Eltern genießt die neue Schulform einen guten Ruf, sagt Lehrerin Birgit Gerhold: „Das Wort ,Sekundarschule’ klingt für viele einfach besser als das Wort ,Hauptschule’.“ Stört sie das nicht? „Ich kann es nicht ändern. Die neue Schullandschaft ist der Wunsch der Eltern. Das muss ich akzeptieren.“ Trotzdem: „Das war eine gute Hauptschule, mit einer guten Ausstattung – und einem wirklich guten Kollegium.“
Das ist in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden, während der Anteil der Sekundarschullehrer im Lehrerzimmer gewachsen ist. Eine ähnliche Erfahrung haben Enise und ihre Mitschüler in den Pausen gemacht. „Seit die Sekundarschüler da sind, ist der Schulhof viel kindischer geworden: Es gibt kleine Klettergerüste.“
Denn in die alte Hauptschule am Eppmannsweg gehen nur die Jahrgänge fünf bis sieben – alle älteren Kinder lernen in einem anderen Gebäude, in einer Realschule, die ebenfalls kommenden Sommer ausläuft. Auf Ralph Schlumberger wartet dann die sogenannte Endstatistik. „Darin wird festgehalten, dass alle Schüler die Schule verlassen haben“, sagt der 62-Jährige. Die Hauptschule in Hassel existiert dann nur noch im Archiv – und zwar in dem der Sekundarschule.